Rheinische Post Mettmann

Mogelpacku­ng Ganztagssc­hule

- VON VERENA KENSBOCK VON MICHAEL BRÖCKER VON ANTJE HÖNING

Um mit dem Positiven zu beginnen: Bei der Betreuung von Grundschul­kindern hat sich in den vergangene­n Jahren in allen Bundesländ­ern einiges getan. Allerdings ist Ganztag nicht gleich Ganztag. An vielen Schulen ist die Betreuung eine Mogelpacku­ng und reicht Eltern, die in Vollzeit arbeiten, nicht aus. Die Kultusmini­sterkonfer­enz spricht von Ganztag, wenn eine Schule an drei Tagen in der Woche mindestens sieben Stunden geöffnet hat. Ein Witz für alle, die fünf Tage die Woche acht Stunden arbeiten müssen, von den 14 Wochen Ferien im Jahr ganz abgesehen.

Wie immer bei diesen Diskussion­en folgt dann das Argument, dass Mütter sich lieber selbst um ihre Kinder kümmern sollten, als sie den ganzen Tag betreuen zu lassen. Wer so denkt, lebt in der Vergangenh­eit. Selbst wenn es sich eine Frau leisten kann, den Job für ein paar Jahre an den Nagel zu hängen, sollte sie sich nicht entscheide­n müssen zwischen Kind und Karriere. Bei arbeitende­n Vätern klappt es schließlic­h auch. Darum ist es wichtig, dass es in allen Bundesländ­ern einen Ganztag gibt, der seinen Namen auch verdient, also mindestens von 8 bis 16 Uhr. Ob Kinder und Eltern ihn nutzen, können sie dann selbst entscheide­n. BERICHT 375.000 SCHÜLER OHNE BETREUUNG, TITELSEITE

Die Abwahl des spanischen Ministerpr­äsidenten Mariano Rajoy ist konsequent. Mit den Korruption­saffären der vergangene­n Jahre hat sich die selbst ernannte „Volksparte­i“Partido Popular die Demission ihres Regierungs­chefs redlich verdient. Tragisch, weil Rajoy keine Verstricku­ng nachgewies­en werden konnte und der Politiker sein Land gut durch die Wirtschaft­s- und Finanzkris­e steuerte. Aber seine Partei hat an Glaubwürdi­gkeit eingebüßt. Das hat auch Rajoy nicht verhindert.

Nun bekommen die Sozialiste­n die Chance auf eine (Minderheit­s-)Regierung. Zu früh sollten sie sich nicht freuen. Denn die eigentlich spannende Nachricht aus der fünftgrößt­en Volkswirts­chaft Europas ist der wachsende Rückhalt für die Ciudadanos-Partei. Die erst seit 2015 landesweit antretende Partei könnte bei einer möglichen Neuwahl ein Coup gelingen wie Macrons „En Marche“in Frankreich. Auch in Spanien ist der Unmut über politische Eliten, Sozialiste­n und Konservati­ve groß. Der Ruf nach einer unbelastet­en Reformpart­ei wird laut. Auch aus Berlin dürfte man interessie­rt nach Madrid schauen. BERICHT ITALIEN BEKOMMT BETONT EU-KRITISCHE . . ., TITELSEITE

TEliten-Abwahl

Trumps kleine Gegner

rump belehrt alle eines Besseren, die gehofft hatten, das US-System der Checks und Balances werde das Schlimmste verhindern. Wider alle ökonomisch­e Vernunft entsichert er seine Waffen im Handelskri­eg und verhängt Strafzölle auf Aluminium und Stahl. Seine Begründung, dies gebiete die nationale Sicherheit, ist so absurd wie fadenschei­nig. Trump will etwas für seine Wähler aus den kranken Industries­tädten tun, die sich von der Globalisie­rung abgehängt fühlen. Das Gegenteil wird er erreichen: Für US-Verbrauche­r verteuert und verknappt sich das Angebot, die Vergeltung­smaßnahmen bedrohen Jobs. Dass Trump engste Partner zu einer Gefahr für die USA erklärt, zeigt, wie brüchig die transatlan­tischen Beziehunge­n geworden sind.

Zu allem Überfluss finden die Europäer keine klare Antwort auf Trump: Sie reichen Klagen ein, drohen mit albernen Whiskey-Zöllen – und tun hinter den Kulissen alles, um Schlimmere­s, nämlich Zölle auf die viel bedeutende­re Autoindust­rie, zu verhindern. Einen Jean-Claude Juncker nimmt Trump noch weniger ernst als internatio­nale Spielregel­n. BERICHT EU VERKLAGT DIE USA . . ., TITELSEITE

Newspapers in German

Newspapers from Germany