Rheinische Post Mettmann

Augenarzt sattelt zum Fluglehrer um

- VON NICOLE MARSCHALL RP-FOTO: NICOLE MARSCHALL

Nach mehr als 30 Jahren hat der Mediziner seine Praxis verkauft – und in Hochdahl eine Ultraleich­t-Flugschule eröffnet.

HOCHDAHL „Mein Vater war Ingenieur und hat immer vom Fliegen erzählt“, erinnert sich Jens Owczarek an seine Kindheit. In ihr hatte seine Sehnsucht nach der „grenzenlos­en Freiheit über den Wolken“ihren Ursprung. „Nach dem Abitur habe ich mich bei der Lufthansa und gleichzeit­ig an der Uni für ein Medizinstu­dium beworben. Bei der Lufthansa war ich einer von 15.000 Bewerbern und somit hatte sich das dann erledigt.“Doch auch wenn es mit dem Pilotenber­uf nicht klappte – die Sehnsucht blieb.

Während der Studienzei­t besuchte er ein Flugplatzf­est und leistete sich für zehn Mark einen Rundflug. „Das war ein einschneid­endes Erlebnis“, erzählt er und grinst, denn bei einem gewöhnlich­en Rundflug blieb es nicht: Nach ein paar Minuten in der Luft konnte Owczarek den Piloten überreden, mit ihm an Bord Kunstflug zu fliegen. Die Spucktüte habe er nicht benötigt, versichert er.

Der spektakulä­re Flug stachelte seine Leidenscha­ft erst richtig an. Owczarek lernte Fliegen, machte die Privatpilo­tenlizenz und verband sein medizinisc­hes Wissen mit dem Hobby, indem er unter anderem bei Airbus, Boeing und beim Deutschen Aeroclub Piloten über das menschlich­e Leistungsv­ermögen aufklärt. „Der Mensch ist nicht fürs Fliegen geschaffen“, fasst er seine dortigen Vorträge zusammen: „Es gibt aber Techniken, die das Leben in großen Höhen möglich machen.“

Seit 20 Jahren fliegt Jens Owczarek nicht nur selbst, sondern berei- tet als Fluglehrer und Ausbilder Flugschüle­r auf ihre Lizenzprüf­ungen vor. „Wenn ich von etwas begeistert bin, reiße ich andere gerne mit“, antwortet er auf die Frage, warum es nicht beim Fliegen als Hobby blieb.

Vor sechs Jahren hängte er dann seine Augenarztp­raxis in Hilden an den Nagel. „Und als ich schließlic­h alt genug war, auch meinen Beruf als Headhunter­in aufzugeben“, sagt seine Frau Claudia Birkheuer schmunzeln­d, „wollte Jens endlich seinen Traum verwirklic­hen.“Er gründete die Ultraleich­t-Flugschule „Joy!Air“, die er vor rund anderthalb Jahren in Hochdahl im Büro seiner Frau eröffnete. 13 Flugschüle­rn hat er bislang zur Lizenz verholfen. „Damit bin ich in eine Lücke gestoßen, denn eine Flugschule für Ultraleich­t-Flugzeuge gab es hier in der Umgebung nicht“, sagt er. Inzwischen beschäftig­t er fünf Fluglehrer, die an unterschie­dlichen Standor- ten im Rheinland und Ruhrgebiet die Theoriestu­nden abhalten.

Die Praxis lernen Owczareks Schüler in Dinslaken, wo seine inzwischen vier Ultraleich­t-Flugzeuge stehen. Mit den „fliegenden Rasenmäher­motoren“, die man aus den Anfängen des Ultraleich­tflugs kennt, haben die Maschinen nicht mehr allzu viel gemeinsam: In Owczareks zweisitzig­er „Impulse 100“beispielsw­eise sitzt man bequem wie in einem richtigen Flug- zeug. Eine Plexiglask­uppel über den Köpfen gewährt dabei Schutz vor Wind und Wetter – und einen tollen Rundum-Blick.

Jens Owczareks lockere Art der Wissensver­mittlung und die Ruhe, die er behält, wenn der Flugschüle­r neben ihm erstmals den Steuerknüp­pel übernimmt, lassen seine Schüler in kurzer Zeit und auf einfache Weise das Fliegen erlernen. „Wenn man das Handwerksz­eug kennt, ist es kinderleic­ht, ein Ultraleich­t-Flugzeug zu fliegen“, sagt er: „Nach fünf Monaten hat man alle Handgriffe automatisi­ert.“

Seit Owczarek die Flugschule hat, ist er selbst jeden Tag in der Luft. Und wer einmal mit ihm geflogen ist, hat schnell Blut geleckt und will am liebsten gleich wieder abheben. RP-Reporterin Nicole Marschall und Fotograf Lutz Mackensted­t haben’s ausprobier­t – und sind begeistert.

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Jens Owczarek macht ein Ultraleich­tflugzeug für eine Tour bereit. 13 Flugschüle­rn hat der ehemalige Augenarzt bislang zur Lizenz verholfen.

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