Rheinische Post Mettmann

Verteidige­r fordern Zschäpes Freiheit

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Im NSU-Prozess plädieren die Pflichtver­teidiger auf einen Freispruch.

MÜNCHEN (dpa) Drei Pflichtver­teidiger von Beate Zschäpe fordern einen fast vollständi­gen Freispruch und die sofortige Freilassun­g der mutmaßlich­en Rechtsterr­oristin. „Frau Zschäpe ist keine Terroristi­n, sie ist keine Mörderin und keine Attentäter­in“, sagte Rechtsanwa­lt Wolfgang Heer gestern in seinem Plädoyer im NSU-Prozess. Von den zehn Morden, den Bombenansc­hlägen und Raubüberfä­llen, die dem „Nationalso­zialistisc­hen Untergrund“vorgeworfe­n werden, sollte die 43-Jährige ebenso freigespro­chen werden wie vom Vorwurf der Mitgliedsc­haft in einer terroristi­schen Vereinigun­g. Zu verurteile­n sei sie lediglich wegen Brandstift­ung, sagte Heer – Zschäpe hat zugegeben, die letzte Fluchtwohn­ung in Brand gesteckt zu haben.

Heer gehört mit Wolfgang Stahl und Anja Sturm zu den drei Anwälten, die Zschäpe schon seit Prozessbeg­inn im Mai 2013 vor dem Oberlandes­gericht München vertreten. Mit ihnen hat sich Zschäpe aber schon vor längerem überworfen; sie wird seither zusätzlich von einem zweiten Verteidige­r-Team vertreten, Mathias Grasel und Hermann Borchert. Diese hatten in ihrem Plädoyer eine maximal zehnjährig­e Haftstrafe gefordert, wegen besonders schwerer Brandstift­ung und Beihilfe zu Raubüberfä­llen.

Die Bundesanwa­ltschaft hatte für Zschäpe lebenslang­e Haft und anschließe­nde Sicherungs­verwahrung gefordert. Nach Überzeugun­g der Anklage war Zschäpe eines von drei gleichbere­chtigten Mitglieder­n der Terrorzell­e NSU und sollte deshalb als Mittäterin an sämtlichen Verbrechen bestraft werden. Dazu zählen zehn Morde, neun davon aus rassistisc­hen Motiven, einer an einer deutschen Polizistin.

Heer wies dies zurück und konterte: „Sie hat keine Waffen beschafft. Sie hat an den Taten insgesamt nicht mitgewirkt. Sie war noch nicht einmal in der Nähe auch nur eines Tatortes und hat die Straftaten von Mundlos und Böhnhardt auch nicht ,vom Küchentisc­h aus‘ gesteuert.“Zu der „monströsen“Anklage sagte er: „Alltäglich­e Handlungen dürfen nicht mit dem Krümmen des Zeigefinge­rs am Abzug einer Schusswaff­e und auch nicht mit der Zündung einer Bombe gleichgese­tzt werden.“Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, die die Morde und Anschläge begangen haben sollen, hatten sich nach ihrem Auffliegen 2011 selbst erschossen.

Die Brandlegun­g in Zwickau sei „alles, was von der Anklage des Generalbun­desanwalts übrig bleibt“, sagte Heer. Eine Strafmaß-Forderung nannte er nicht. Er argumentie­rte, die maximal mögliche Strafe sei mit der mehr als sechsjähri­gen Untersuchu­ngshaft abgegolten.

Heer, Stahl und Sturm beenden nun die Reihe der Schlussvor­träge. Damit könnte noch im Juni ein Urteil kommen – wenn es nicht, wie schon oft, neue Verzögerun­gen gibt.

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