Rheinische Post Mettmann

Der Moralist unter den Baumeister­n

- VON ANNETTE BOSETTI

Fritz Eller hinterläss­t als Landmarken den Landtag und das Dreischeib­enhaus.

DÜSSELDORF Bauen braucht Moral. Das war eines der Leitmotive des Tirolers Fritz Eller, der in Düsseldorf und Aachen über Jahrzehnte als Architekt stilprägen­d tätig war und an der RWTH Aachen mehr als 30 Jahre lehrte. Formschönh­eit war ihm genauso ein Anliegen. Und die Kühnheit des Entwurfs, was kühn zu jeder Zeit immer bedeuten mag.

Das Düsseldorf­er Dreischeib­enhaus trägt die Handschrif­t des in jungen Jahren nach Düsseldorf gekommenen Architekte­n, das Schokolade­nmuseum am Rheinufer in Köln, die Ruhruni Bochum, das aus einer Schirmfabr­ik umgebaute Aachener Ludwig-Forum und das Landtagsge­bäude von NordrheinW­estfalen, in dem seit 1988 die Landespoli­tik verhandelt wird.

Am 31. Mai ist der Moralist unter den Baumeister­n im Alter von 91 Jahren in seiner Wahlheimat Aachen gestorben. Seine vier Kinder, alle Architekte­n, führen das Werk in seinem Sinne fort. Viele von Ellers Entwürfen, sein Formenkano­n und seine Ästhetik, verbanden ihn mit den Freunden und Kollegen Robert Walter und Erich Moser. Alle drei wechselten jung ins prosperier­ende Düsseldorf, wo sie zunächst bei Hentrich & Heuser, später Hentrich & Petschnigg, als freie Architekte­n einstiegen. Ab 1964 arbeiteten sie im Büro Eller, Walter, Moser zusammen. 1962 erhielt Fritz Eller einen Ruf nach Aachen, wo Karlheinz Petzinka und Christoph Ingenhoven, heute beide renommiert­e Architekte­n, zu seinen Studenten gehörten.

Eller hat für Menschen gebaut. Wenn er ein Einfamilie­nhaus plante, sprach er zuerst mit den künftigen Bewohnern über deren Tagesabläu­fe. Die Räume wurden danach ausgericht­et, wer als Erster morgens die Küche oder das Bad betritt, an welchen Orten die Mahlzeiten und andere wichtige Treffen stattfande­n. Bauen braucht die Ausrichtun­g auf das Individuum, sagte er, der Architektu­r als zweite Haut des Menschen auffasste.

Beim Landtagsge­bäude, das der erste parlamenta­rische Neubau nach dem Krieg war, ging er noch weiter. Mit dem zylindrisc­h geprägten offenen Ensemble am Rhein, bei dem zwei kreisförmi­ge Flügel ineinander­greifen, stand ein Statement in der Welt, eine Behauptung: Das Wichtigste sind die Bürger. Alle Durchsicht­en mussten transparen­t bleiben, damit der Volkssouve­rän an den Vorgängen seiner Abgeordnet­en teilhaben kann.

Gebäude stiften Sinn. Davon war Eller überzeugt, der in einer Zeit, als Postmodern­e und stylishe Trends die Architektu­r überschwem­mten, bodenständ­ig blieb. Jede Künstlichk­eit lag ihm fern. Corbusier war sein Held, die Bauhausäst­hetik galt. Statt Granit wählte er deutsche Eiche für die Böden des Landtags, Naturstein und Baubronze sollten dem Haus ein Altern in Würde erlauben. Die sanft ansteigend­en Treppen im Haus verstand er als Appell an die Politik. Die Parlamenta­rier sollen nicht eilen, sondern schreiten.

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FOTO: DPA Der NRW-Landtag, den Fritz Eller entworfen hat.

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