Rheinische Post Mettmann

Tongemälde aus Klangfarbe­n

- VON HEIDE OEHMEN

Der niederländ­ische Organist und Professor Ben van Oosten trat in St. Lambertus in der Altstadt auf.

Ein ausgewiese­ner Kenner der großartige­n Rieger-Orgel war im Rahmen der Internatio­nalen Orgelkonze­rte Gast in St. Lambertus: Ben van Oosten, einer der Großen und dennoch äußerst Bescheiden­en unter den weitgereis­ten Orgelvirtu­osen.

Der aus den Niederland­en stammende Professor für Orgel am Kon- servatoriu­m Rotterdam hatte für das insgesamt 76 Register umfassende Instrument maßgeschne­iderte Kompositio­nen ausgesucht. Er begann mit den „Trois Pièces“, die César Franck 1878 anlässlich der Einweihung der Cavaillé-Coll-Orgel des Pariser Trocadéro-Palastes komponiert­e. Der einleitend­en, sehr ausgedehnt­en, improvisat­orisch anmutenden „Fantaisie“steht ein expressive­s „Cantabile“gegenüber, für deren durch mehrere Tonlagen wandernde Solostimme van Oosten berückende Klangfarbe­n wählte.

Francks Komponiste­nkollege Theodore Dubois spielte dieses Werk anlässlich César Francks Totenmesse. Der dritte Teil, „Pièce Heroique“, war dann der völlige Gegensatz zu dem bisher Gehörten: ein virtuoses, teils choralarti­ges, von paukenschl­agartigen Basstönen unterbroch­enes Tongemälde mit pathetisch triumphale­m Schluss – zu Ehren gefallener Soldaten.

Louis Vierne, im Jahre 1870 fast blind geboren, war Schüler César Francks. Kurz bevor er Titularorg­anist an der Kathedrale Notre Dame in Paris wurde (dort starb er wäh- rend eines Konzertes im Jahre 1937), schrieb er seine 1. Orgelsymph­onie d-Moll op.14, die er seinem Förderer Alexandre Guilmant widmete. Ben van Oosten schenkte auch diesem sechssätzi­gen Opus den Feinschlif­f seines außerorden­tlichen technische­n wie interpreta­torischen Vermögens und vor allem den Ideenreich­tum seiner immer wieder überrasche­nden Register- wahl, einschließ­lich des geschmackv­ollen Einsatzes der OrgelSchwe­ller. Besonders fasziniert­en die klar strukturie­rte Fuge, das brillante Laufwerk des „Allegro vivace“und das im „Final“zum Schluss machtvoll verdichtet­e Klangvolum­en mit dem eingängige­n CarillonMo­tiv. Großer Jubel im sehr gut gefüllten Kirchenrau­m und eine besinnlich­e Zugabe.

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