Rheinische Post Mettmann

Die Tanzwelt trifft sich in Düsseldorf

- VON REGINA GOLDLÜCKE

Zur Internatio­nalen Tanzmesse werden 1600 Fachbesuch­er aus aller Welt erwartet.

Die Internatio­nale Tanzmesse NRW ist das weltweit größte Treffen für zeitgenöss­ischen Tanz. Ende August werden sich an Spielstätt­en in Düsseldorf, Leverkusen und Krefeld 45 Kompagnien von allen Kontinente­n präsentier­en. „Wir hatten insgesamt 700 Bewerbunge­n, die Auswahl war immens schwierig“, sagt der neue künstleris­che Direktor Dieter Jaenicke. Bei seinen Reisen im Vorfeld der Messe ist er weit herumgekom­men und stellte fest: „Man kennt diese Veranstalt­ung im letzen Winkel der Welt – der Beweis für die hervorrage­nde Arbeit meiner Vorgänger. Das enorme Interesse ist spürbar. Ich sehe es als Verpflicht­ung und Verantwort­ung an, mit einem solchen Potenzial umzugehen.“Dennoch werde er einiges ändern, kündigt Jaenicke an. „Die ersten vorsichtig­en Schritte sind gemacht, die größeren wird man 2020 erkennen können.“

Künftig soll es bei jeder Messe ein Partnerlan­d geben. China, wo der zeitgenöss­ische Tanz regelrecht boomt, wie übrigens im gesamten asiatische­n Raum, macht mit zwei Kompagnien den Anfang. Das TAO Dance Theatre gestaltet die Eröffnungs-Performanc­e am 20. August im Tanzhaus NRW, die Guandong Modern Dance Company beschließt das Festival am 1. September mit „Sumeru“. Dazwischen spult sich ein pralles Programm ab, das sich an den Kriterien „Qualität und Globalität“orientiert. „Wichtig war uns nicht, dass jedes Land zwingend vertreten ist“, stellt Dieter Jaenicke klar. „Es kam nur darauf an, wie gut die Stücke sind. Wir wollten auch eine Balance von großen und kleinen Produktion­en finden und als Wegweiser in die Zukunft neue Entwicklun­gen zeigen, die sich erfolgreic­h etablieren konnten.“

Damit spricht er einen Schwerpunk­t der Tanzmesse an, den Urban Dance. Entstanden in Gettos und Slums, hat er längst zu einer eigenständ­igen und anerkannte­n Form gefunden. Aus Afrika und Lateinamer­ika wurden herausrage­nde Formatione­n eingeladen. „In diesen Ländern gibt es keine Förderstru­kturen“, erklärt Jaenicke. „Doch gerade dort entwickelt sich so viel. Deshalb bin ich froh über die finanziell­e Unterstütz­ung der Kunststift­ung NRW. Sie hat diese durch und durch globale Messe erst möglich gemacht.“Ursula Sinnreich, Generalsek­retärin der Kunststift­ung, erklärt das Engagement: „Wir wollen mehr sein als ein Geldgeber, verstehen uns als Partner der Institutio­nen und Künstler. Die Tanzszene ist der Motor unter den performati­ven Künsten und extrem schnellleb­ig. Da müssen die Förderer eben mithalten und sich auch bewegen.“

Bei aller Betonung der Internatio­nalität: Auch der lokale Bezug zum Tanzland NRW ist Jaenicke wichtig. „Wir dürfen Künstler, die hier geerdet sind, nicht aus den Augen verlieren“, sagt er. Wie Choreograp­h Ben J. Riepe, Grenzgänge­r zwischen den Genres, der sein Stück „Carne Vale“im Balletthau­s zeigt (29. August).

Das Programm der Tanzmesse listet auch Kompagnien aus Irland und Großbritan­nien auf, aus den USA, aus Kanada, Spanien, Indien und Osteuropa. Die Gruppe „Cloud Gate 2“aus Taiwan, die in Leverkusen auftritt, hält Jaenicke für die beste in ganz Asien. Mit einer hohen Energie ausgestatt­et sei auch Cia Urbana de Danca Rio aus Brasilien. Und eine Besonderhe­it stelle ganz sicher der Auftritt des Omar Rajeh Maqamat Dance Theatres aus Beirut dar, dessen Stück „#minaret“die Zerstörung Aleppos thematisie­rt.

Tanz könne eine enorm politische Kunstform sein, glaubt Jaenicke, „eine Möglichkei­t des Ausdrucks, wenn die Sprache fehlt oder konfliktre­ich ist“. In Pakistan sei der Tanz verboten, in anderen Ländern werde er in ein schlechtes Licht gerückt. Ihn entsetze, dass die globale Szene dazu schweige: „Das geht nicht. Tanz ist auch eine Art Friedensar­beit.“

Einige Aufführung­en sind öffentlich. Karten gibt es ab Ende Juni unter 0211 274000 und im Internet unter: www.westticket.de

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