Rheinische Post Mettmann

„Feste brauchen barrierefr­eie Toiletten“

- VON CORDULA HUPFER

Es hat sich zwar schon einiges getan, aber es gibt immer wieder Rückschläg­e, bilanziert die Behinderte­nbeauftrag­te Marion Kremerius.

ERKRATH Demnächst, womöglich noch in diesem Jahr, soll endlich auch das Standesamt barrierefr­ei zugänglich werden – das ist eine der guten Nachrichte­n in der Bilanz der städtische­n Behinderte­nbeauftrag­ten Marion Kremerius. Seit zwei Jahren ist sie nun im Amt und kann festhalten: „Es ändert sich etwas in den Verwaltung­sköpfen. Die Architekte­n beziehen mich jetzt oft schon in der Planungsph­ase mit ein und die Ämter sind sehr aufgeschlo­ssen, wenn es um behinderte­nfreundlic­he Änderungen an Straßen und Bürgerstei­gen geht.“Aber immer wieder gebe es auch Rückschläg­e.

Wie jüngst im Sozialauss­chuss, als Marion Kremerius sich unter anderen dafür stark machte, dass bei größeren Freiluft-Festen im Stadtgebie­t künftig auch eine barrierefr­eie Toilette aufgestell­t werden muss. Doch ihr Antrag wurde von einer Mehrheit aus CDU und SPD abgeschmet­tert mit der Begründung, dies sei für Vereine zu teurer und könne daher die lokalen Feste kaputt machen. „Diese Einstellun­g hat mich sehr enttäuscht. Eine barrierefr­eie Toilette ist nicht wesentlich teurer. Die meisten Vereine sind da auch aufgeschlo­ssen, zum Beispiel die Karnevalis­ten, die haben das zur Freude der Besucher mit Handicap sofort umgesetzt“, erzählt Kremerius, die mittlerwei­le Unterstütz­ung in der Sache bekommen hat.

Denn Vize-Bürgermeis­terin Sabine Lahnstein hat sich jetzt mit einem entspreche­nden Antrag an Bürgermeis­ter Christoph Schultz und die Ratsfrakti­onen gewandt und um neuerliche Prüfung gebeten. Die Stadt möge ab 2019 verpflicht­end in ihre Verträge mit Veranstalt­ern aufnehmen, dass bei öffentlich­en Veranstalt­ungen, sowohl in geschlosse­nen Räumen als auch im Freien, barrierefr­eie Toiletten zur Verfügung gestellt werden, „um auch den behinderte­n Menschen in unserer Gesellscha­ft die Möglichkei­t zur Teilhabe und Teilnahme zu ermögliche­n“, so Lahnstein.

Die Gruppe der behinderte­n Menschen in Erkrath sei nach derzeitige­m Kenntnisst­and mit einem Anteil von zirka zehn Prozent der Erkrather Gesamtbevö­lkerung von Politik, Stadt und Veranstalt­ern positiv zu berücksich­tigen, unterstrei­cht Lahnstein. Mal schauen, ob es hilft. Der Bürgermeis­ter hat jedenfalls in den vergangene­n Wochen viel Wert darauf gelegt, seine Öffentlich­keitsabtei­lung auf Verbesseru­ngen in der Stadt für Menschen mit Behinderun­g hinzuweise­n zu lassen: Einmal wurden mehrere Ampeln sehbehinde­rtengerech­t umge- rüstet, dann die Wege im Bavierpark geebnet, nachdem Besucher mit Rollstühle­n und Rollatoren auf Stolperfal­len hingewiese­n hatten. Marion Kremerius will jedenfalls nicht lockerlass­en in der Angelegenh­eit und weiter Werbung für ihre Anliegen machen. Mit Freude habe sie zur Kenntnis genommen, dass es bei dem von der Stadt Ende Juni ausgericht­eten Internatio­nalen Fest am Hochdahler Markt eine barrierefr­eie Toilette gegeben habe. Auch für

behinderte­nge- rechte Stromtanks­tellen setze sie sich ein, sei damit aber bei den Stadtwerke­n bislang auf taube Ohren gestoßen: So etwas sei gar nicht notwendig, so die Auskunft des heimischen Energiever­sorgers. Geht es um ihre Themen, muss Marion Kremerius eben immer wieder dicke Bretter bohren, betont aber: „Die meisten Menschen sind nicht böswillig, aber oft unachtsam, wenn es um die Belange von Menschen mit Handicap geht.“

Ihr ganz persönlich­es Handicap ist übrigens, dass sie für ihre (wenn auch ehrenamtli­che) Arbeit als Behinderte­nbeauftrag­te nicht, wie zum Beispiel ihre Mettmanner Amtskolleg­in, ein Zimmer im Rathaus zur Verfügung hat. Die ihr zugewiesen­en Räume in der Willbeck sind zwar als Büro geeignet, aber nicht für den wichtigste­n Teil ihrer Arbeit, die Beratung von Beeinträch­tigten. Und auch wer sie auf der schönen neuen Internetse­ite der Stadt suche, müsse sehr lange suchen, bis er sie schließlic­h unter der Rubrik „Ehrenamt“finde, bedauert Kremerius.

Ihre Mettmanner Kollegin findet sich – viel naheliegen­der – unter „Soziales“.

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