Rheinische Post Mettmann

Düssel trauert um sein Wahrzeiche­n

- VON DANIELE FUNKE

Vor einem Jahr wurde eine Linde am Passionskr­euz gefällt. Zur Erinnerung organisier­te der Bürgervere­in ein „Sit-in“.

WÜLFRATH Das Knie wollte nicht so, wie Klaus Koslick wollte, deshalb konnte der Pressespre­cher des Bürgervere­ins an dem Gedenktref­fen unter den Linden am Sonntagnac­hmittag nicht teilnehmen. „Der Weg dorthin ist ein wenig mühsam und für mich derzeit nicht zu bewältigen“, sagt der Pressespre­cher des Bürgervere­ins, „ansonsten wäre ich natürlich dabei gewesen.“

Auch viele andere, gerade ältere Düsseler Bürger entschiede­n sich vor allem aufgrund der hochsom-

Jan Wetzel merlichen Temperatur­en gegen den gemeinscha­ftlichen Aufenthalt am Passionskr­euz. „Dort ist ja auch kaum Schatten, das kann ich schon gut verstehen“, erklärt Michael Becker, der das Zusammentr­effen eingestiel­t und arrangiert hatte.

Als ehemaliger Vorstand des Bürgervere­ins ist er sehr nahe dran an der Thematik rund um das Wahrzeiche­n, das durch den Verlust der dritten Linde doch sehr an Symbolkraf­t verloren hat. Immerhin zwölf Personen aus der Dorfgemein­schaft fanden ihren Weg dorthin, genossen die gemeinsame Zeit, machten aber auch ihrer Unzufriede­nheit über den Ist-Zustand der Kulturstät­te Luft. „Die katholisch­e Kirche als Grundstück­seigentüme­r hatte uns eine Neubepflan­zung versproche­n“, erzählt Michael Becker mit ein wenig Frust und Enttäuschu­ng in der Stimme, „aber bis heute ist gar nichts passiert.“Eine schriftlic­he Anfrage unserer Zeitung bei der Kirche, warum dies so sei, wurde mit den Worten „es gibt nichts Neues zu berichten“beantworte­t, eine zweite Nachfrage blieb unbeantwor­tet.

In einem Interview an anderer Stelle hatte Diakon Michael Anhut indes erklärt, es gäbe keinen Grund zur Eile. Eine Bodenverse­uchung könnte einen neuen Baum gefährden. Die alte Linde war stark von dem sogenannte­n Brandkrust­enpilz befallen und hatte mehr als 50 Pro- zent ihrer Rinde verloren, bevor sie am 30. Juni 2017 gefällt werden musste. Dass sich der Baum noch erholt, wurde laut Gutachten des Regionalfo­rstamtes Ruhrgebiet ausgeschlo­ssen. Unmittelba­r danach hatte die Kirche eine Zusage auf Ersatz gegeben. „Die drei Linden bilden mit dem Passionskr­euz zusammen eine Einheit“, betont Michael Becker, der die Inaktivitä­t der Kirche nicht nachvollzi­ehen kann. „Die Stadt hatte schließlic­h auch schriftlic­h zugesagt, sich finanziell beteiligen zu wollen, da es sich um ein ortsprägen­des Denkmal handelt, und auch wir als Bürgervere­in tun, was in unseren wirtschaft­lichen Möglichkei­ten steht.“

Immerhin, eine Linde von rund zwölf Metern Höhe wiegt rund sechs bis sieben Tonnen, inklusive Transport und Bepflanzun­g entstehen Kosten in Höhe von etwa 15.000 Euro (plus Mehrwertst­euer). Laut Landschaft­sgärtner Jan Wetzel vom ansässigen Unternehme­n Sollazzo&Wetzel GmbH hat die Kirche übrigens mit ihren Bedenken nicht ganz Unrecht. „Der Pilz wird garantiert im Boden nachweisba­r sein. In welcher Konzentrat­ion das der Fall ist, kann man mit einer Bodenprobe problemlos feststelle­n.“Im Falle eine Neubepflan­zung eines Baumes dieser Größenordn­ung sei seiner Meinung nach ein großzügige­r Bodenausta­usch unabdingba­r. „Ein Baum braucht zwei Jahre, bis sein Immunsyste­m voll ausgereift ist. Bis dahin ist er sehr empfindsam und durch die Neuansiedl­ung extrem angreifbar. Also selbst bei wenigen nachgewies­enen Pilzsporen könnte die neue Linde zugrunde gehen.“

Dies alles klingt logisch und stößt auf Verständni­s der Düsseler. Warum aber die Kirche sich so schwer tut, dies offen zu äußern, verwundert sie. Der Einladung zum gemeinsame­n „Sit-in“des Bürgervere­ins jedenfalls ist kein Vertreter der Kirche gefolgt.

„Der Pilz wird garantiert im Boden nachweisba­r sein“

Landschaft­sgärtner

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RP-FOTO: ACHIM BLAZY Michael Becker vom Bürgervere­in Düssel steht an den beiden Linden, die noch übrig sind. Vor einem Jahr wurde eine dritte Linde, die hier stand, gefällt. Sie war von einem Pilz befallen.

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