Lufthansa fürchtet weiteres Flugchaos
Die Airline fordert eine Kehrtwende beim Flugverkehr: mehr Qualität statt nur Wachstum. Vorstandschef Spohr begrüßt, dass der Flughafen Düsseldorf erst einmal nicht wachsen darf – das nützt dem Ableger Eurowings.
FRANKFURT/DÜSSELDORF Die Lufthansa befürchtet im Sommer 2019 ein ähnliches Verspätungschaos in Europas Luftfahrt wie in diesem Jahr. Das sagte Vorstandschef Carsten Spohr bei einem Empfang in Frankfurt. Grund sei, dass die Zahl der Passagiere schneller wachse als erwartet und dass viele Strukturen veraltet seien. Er selbst habe im Sommer oft mitbekommen, wie Jets deutlich zu spät an ihrem Ziel ankamen. „Das kann nicht mehr so weitergehen.“Er räumte ein, dass auch Lufthansa keineswegs alle Abläufe gut im Griff habe: „Wir arbeiten im 110-Prozent-Modus.“
Der aus dem Ruhrgebiet kommende Spohr begrüßte in seiner Rede, dass NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) dem Flughafen Düsseldorf die beantragten deutlich höheren Kapazitäten frühestens 2022 genehmigen will. Flughafenchef Thomas Schnalke hatte dagegen auf 2019 als Genehmigungstermin gehofft. „Was wir allgemein brauchen, ist qualitatives Wachstum, mit dem die Infrastruktur mithält“, sagte Spohr. Nur so könne der Flugplan „pünktlich und verlässlich“abgeflogen werden. Aktuell habe die Branche ein gemeinsames Problem,„und dieses Problem heißt Wachstum“.
Zu Düsseldorf als drittwichtigstem Flughafen in Deutschland sagte er: „Wenn es so etwas gibt wie ein positives Beispiel, war es die Entscheidung der Politik in NRW, den Flughafen Düsseldorf nicht mit einem Kapazitätssprung weiter zu verstopfen.“Stattdessen sei es klug, erst mal bis mindestens 2022 zu warten, um zu sehen, dass die Infrastruktur im Luftverkehr ausreichend mitwachse.
Experten wie der Unternehmensberater Gerald Wissel interpretieren die Äußerung von Spohr zwiespältig: Einerseits müsse der Lufthansa-Ableger Eurowings sich anstrengen, um nach der Integration von 77 AirBerlin-Jets die Abläufe in den Griff zu bekommen – zu viel Verkehr am Flughafen Düsseldorf als wichtigstem Airport von Eurowings könne da schaden. Andererseits habe Eurowings ein Interesse daran, in Düsseldorf die Konkurrenz klein zu halten, um die dort stationierten 38 Jets profitabel auszulasten.Wissel: „Der Verzicht auf höhere Kapazitäten begrenzt den Wettbewerb. Lufthansa und Eurowings können als Marktführer so ihre eigenen Flugrechte besser ausnutzen.“
Anders als die Lufthansa sieht auch Flughafenchef Schnalke die Lage: Er verkündete, dass der Airport rund 3,9 Millionen Passagiere in den nun beendeten Sommerferien gehabt habe. Das sei ähnlich viel gewesen wie imVorjahr vor dem Ende von Air Berlin. Insgesamt sei die Saison gut gelaufen, so Schnalke, die Prozesse hätten bei zeitweise 90.000 Passagieren am Tag „hohe Verlässlichkeit“bewiesen. „Mit den Airlines, den Dienstleistern, Behörden und der Flugsicherung werden wir nun weiter daran arbeiten, das in diesem Sommer Erreichte noch weiter zu verbessern.“
Für einen effizienteren Flugverkehr forderte Spohr eine besser organisierte Flugsicherung in Europa sowie schnellere Sicherheitskontrollen der Passagiere an den Airports. Er wies darauf hin, dass am Flughafen Amsterdam Schiphol deutlich mehr Passagiere pro Stunde durch eine Kontrollstelle geschleust würden als an vielen deutschen Airports.
Gleichzeitig betonte Spohr, dass die Lufthansa sich eher als Global Player im Wettbewerb zu den großen Airlines in den USA, in China oder am persischen Golf sehe und weniger als deutscher Carrier. „Nur fünf Prozent unserer Passagiere fliegen innerdeutsch“, sagte er. Die Flotte werde auf 800 Jets ausgebaut, 8000 neue Mitarbeiter würden eingestellt.