Mehr Licht!
Es war einmal eine Firma, die keine Zukunft mehr sah. Dann investierte Rhenac in eine Nische – und rüstet heute die Bundesliga mit LEDs aus.
HENNEF Sie haben ihn alle getestet. Hummels, Boateng, Lewandowski, Reus und die restlichen Bundesligaprofis auch. Den heiligen Rasen in der Veltins-Arena auf Schalke. Damit dort gesprintet, gegrätscht und geschossen werden kann, wird jeder Grashalm gepflegt wie eine Gewächshaus-Palme. Es geht um die richtige Bewässerung, den Dünger, die korrekte Schnitthöhe – und neuerdings auch um das beste Licht für den Rasen.
Dafür sorgt in Gelsenkirchen bald Rhenac, eine junge Firma, aus Hennef, einem Städtchen im Rhein-SiegKreis in der Nähe von Bonn. Dort hat man ein mobiles Gerät entwickelt, das den Rasen beleuchten soll. Mit hunderten energiesparenden LEDs ausgerüstet rauscht es dann regelmäßig auf einem Schienensystem durch die Schalker Arena und bestrahlt den Rasen mit Licht. Blau macht die Grashalme robuster, rot lässt sie schneller sprießen. „In modernen Stadien bekommt der Platz heutzutage zu wenig Licht. Das erschwert das Wachstum des Rasens. Deshalb ist es notwendig, ihn künstlich zu beleuchten“, sagt Dagmar Ziegner, Sprecherin von Rhenac. Auch andere Vereine, etwa der FC Bayern, testen gerade die Lichtanlage aus Hennef. Doch die ist nur ein Nebenprodukt von dem, was Rhenac tatsächlich vorhat. „Ursprüng- lich haben wir unsere LEDs für die Pflanzenforschung entwickelt. Inzwischen werden sie auch auf Fußballrasen eingesetzt“, sagt Ziegner.
Zunächst war auch das nicht geplant. Rhenac, das vor 14 Jahren als Management-Buy-Out aus der Moeller-Gruppe entstand, produzierte bis 2010 elektronische Bauteile für die Autoindustrie. „Irgendwann wurde uns klar, dass dieser Markt für Rhenac keine Entwicklungsmöglichkeiten bot“, sagt Ziegner. Also kommt der Umschwung. Firmengründer Horst Theisen stellt das Unternehmen neu auf und investiert alles in den LED-Markt. Nach ein paar Experimenten ist klar, wohin die Reise gehen soll: auf den Pflanzenmarkt. Künstliche Beleuchtung. In der Forschung sind damals Halogen- und Neonlampen verbreitet. „Es gab zu der Zeit nur wenige Pläne, mit LED-Licht das Wachstum von Pflanzen zu beeinflussen“, sagt Ziegner. Dabei habe das Vorteile. „LEDs sparen Energie und strahlen weniger Hitze ab. Vor allem aber lässt sich das Lichtspektrum variieren und an die Bedürfnisse der Pflanzen anpassen.“
Bevor allerdings auch nur eine einzige Lampe in den Verkauf geht, will Rhenac die Systeme testen. An der Ludwig-Maximilians-Universität in München untersucht man gemeinsam mit einem Team aus Wissenschaftlern jahrelang dieWirkung des LED-Lichts. Sie stellen fest: Die Lampen können tageslichtähnliche Verhältnisse schaffen – und beschleunigen das Wachstum der Pflanzen massiv. „Auch Phytopharmaka, also pflanzliche Heilmittel, entwickeln sich unter dem Licht besonders gut“, sagt Ziegner.
Heute hat Rhenac 35 Mitarbeiter und beliefert neben der Forschung auch flächendeckend andere Branchen. Eines der ersten Projekte war 2013 die Umrüstung des Terminals 2 am Flughafen Köln/Bonn. Dort tauschte Rhenac die komplette Beleuchtung aus.„Unser Schwerpunkt bleibt aber die Pflanzentechnik“, sagt Ziegner. Dafür installiert das Unternehmen die Anlagen auch in mobilen Pflanzenhäusern, etwa zum Indoor-Farming. Auch andere Firmen sind an der Technik dran – Rhenac will wissenschaftlich aber am weitesten sein. „Niemand hat das so lange begleiten lassen wie wir“, sagt Ziegner.
Für einen Einsatz in der Landwirtschaft lohnen sich die LEDs übrigens nicht. „Das würde sich kaum rechnen“, sagt Ziegner. Denn die Anlagen sind teuer. Das LED-System auf Schalke kostete knapp 2,5 Millionen Euro – für den heimischen Garten also nicht unbedingt sinnvoll.