Erst Sympathieträger, dann Sinnbild der Krise
In den vergangenen Jahren hat man bei der Deutschen Bank viele Manager kommen und gehen sehen. Der Schweizer Josef Ackermann, der zehn Jahre an der Spitze der größten deutschen Bank stand, war schon ein Dauerbrenner. Aber das ist nichts im Vergleich zu Jürgen Fitschen. Der hat 29 Jahre für die Deutsche Bank gearbeitet. Und vieles spricht dafür, dass er heute als Mitglied des Aufsichtsrates immer noch in Diensten des Unternehmens stehen würde, wenn er nicht nach 2012 zu einem Sinnbild für die Krise der Bank geworden wäre. Heute ist Fitschen, der am Samstag seinen 70. Geburtstag feiert, noch Senior Ad- viser im Kreditgeschäft, wobei sich hinter dem wohlklingenden Anglizismus eine reine Beratungsfunktion ohne Entscheidungskompetenz verbirgt.
Bis vor sechs Jahren war Fitschen der Sympathieträger unter den meist ungeliebten Entscheidern der Bank. Er machte in Asien das Kreditgeschäft flott, er war in Deutschland fürs Firmenkundengeschäft zuständig, er war sich nicht zu schade, aus dem Konzernvorstand wieder ins „Group Executive Committee“unterhalb des Vorstands zu rücken. Deshalb ruhten die Hoffnungen auf ihm, als es 2012 darum ging, der Deutschen Bank den viel beschworenen Kulturwandel zu verpassen. Er galt als Gegengewicht zum umstrittenen Investmentbanker Anshu Jain, als der Mann, der für das klassische Bankgeschäft stand, der dank seiner Vita Seriosität und Kontinuität verkörperte.
Am Ende sind beide zusammen gescheitert. Und bei Fitschen ist der Lack dann auch gebröckelt, nachdem gegen ihn wegen des Verdachts auf Umsatzsteuerbetrug ermittelt worden war. Er geriet öffentlich unter Beschuss, weil er sich beim hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier über die in diesem Zusammenhang durchgeführte und nach seiner Ansicht rufschädigende Razzia in der Zentrale der Deutschen Bank beschwerte. Am Ende wurde er freigesrprochen, aber seine Karriere war vorbei – auch weil er und Jain die Bank nicht vorangebracht ha- ben. Was angesichts von Milliardenlasten allein durch juristische Streitigkeiten freilich auch ein schwieriges Unterfangen war.
Dennoch bleibt Fitschen, zwischenzeitlich Verbandspräsident der Privatbanken, eine der wichtigsten Figuren der jüngeren Branchengeschichte. Der Mann, der aus dem kleinen Harsefeld im Kreis Stade die große Bankenwelt eroberte. Er hat seine Wurzeln nie gekappt: „Heimat ist mein kleines Dorf. Das war mir in meiner Jugend irgendwann zu klein, deswegen wollte ich raus. Aber ich komme immer wieder gerne zurück.“