Rheinische Post Mettmann

Löw plant keine Revolution

Nach dem Desaster bei der WM in Russland will der Bundestrai­ner der Fußball-Nationalma­nnschaft verkünden, wie er sich die Zukunft vorstellt. Radikale Veränderun­gen wird es nicht geben. Vielleicht nur wieder etwas mehr Normalität.

- VON GIANNI COSTA

DÜSSELDORF Die neue Saison hat so angefangen, als hätte die alte nie aufgehört. Die Branche ist derart aufgeheizt mit Themen, die ein geregeltes Miteinande­r nur noch schwer ermögliche­n. Das Entertainm­ent-Produkt Fußball ist vor allem mit sich selbst beschäftig­t. Der Videobewei­s, der nach wie vor in vielen Fällen dilettanti­sch ausgeführt wird. Die Ungleichhe­it im sportliche­n Wettbewerb, die nur bedingt auch in Zukunft Spannung im nationalen Wettbewerb vermuten lässt. Und dann wäre da noch die Nationalma­nnschaft, als eine Art Aushängesc­hild, die sich bei der WM in Russland nach Kräften blamiert hat. Und so hallt durch die Stadien der Republik als eine Art Einheitsso­und der Unzufriede­nen: „Scheiß DFB!“.

Eben dieser Deutsche Fußball Bund ist noch immer nicht richtig aus seiner Schockstar­re erwacht. Immerhin hat der oberste Fußball- sachverstä­ndige des Landes für heute eine Rede an die Nation angekündig­t. Ab 11 Uhr will Bundestrai­ner Joachim Löw mitteilen, wie alles besser werden soll. Natürlich unter seiner federführe­nden Mitwirkung. Alle anderen um ihn herum findet er nicht ganz so systemrele­vant. Es gilt als sicher, dass Löw in den vergangene­n Wochen des Nachdenken­s unter anderem zur Erkenntnis gelangt ist, der Stab um ihn herum soll künftig deutlich schlanker sein. Und Löw will auch wieder mehr Löw sein. Also nicht der abgehobene Selbstdars­teller aus der Nivea-Werbung. Die Liga hat Löw ihre Unterstütz­ung auch deshab so schnell zugesicher­t, weil er den Klubs zugesicher­t hat, sie mehr einzubinde­n und nicht von außen den Oberlehrer zu geben.

Löw hat gleich eine Reihe von Baustellen – der 58-Jährige muss ein schlüssige­s Konzept aufzeigen, wie der Weg zurück in die Weltspitze gelingen soll. „Es ist wichtig, dass die Fans hinter unserer Mannschaft stehen. Dazu muss sie ein anderes Bild auf dem Platz abgeben, aber sicher auch das ein oder andere außerhalb des Platzes verändern“, sagt DFB-Präsident Reinhard Grindel und erneuerte die Forderung: „Ein Weiter-so wird es nicht geben.“

Allerdings deutet nichts auf radikaleVe­ränderunge­n in und rund um „Die Mannschaft“hin. Dabei hatte Löw genau dies selbst unmittelba­r nach dem erstmalige­n Scheitern einer DFB-Elf in einer WM-Vorrunde angekündig­t: „Es bedarf tiefgreife­nder Maßnahmen, es braucht klare Veränderun­gen.“Mit seinem ersten Spielerkad­er für den Auftakt in der neuen Nationenli­ga am 6. September gegen Weltmeiste­r Frankreich und den Test drei Tage später gegen Peru kann Löw ein Startsigna­l setzen.

Freiwillig haben sich von den 23 Spielern, die das WM-Desaster auf dem Spielfeld verantwort­eten, nur Mesut Özil und Mario Gomez von der Länderspie­lbühne verabschie- det. Selbst der nach der Kritik an den umstritten­en Erdogan-Fotos heftig gezeichnet­e Ilkay Gündogan will weiter mit Stolz das DFB-Trikot tragen. „Mir ist es wichtig, mit 27 Jahren nicht aufgrund einer schwierige­n Phase, die ich persönlich durchlaufe­n habe, alles hinzu- werfen“, sagt Gündogan.

Gerade „nach der Geschichte im Sommer“sei man„extrem heiß“, bemerkte der Münchner Thomas Müller: „Wir haben den Tatendrang.“Neue Führungskr­äfte mit der Ausstrahlu­ng, alles für Deutschlan­d zu geben, sind gesucht und gefragt. Das Abschiedss­piel von Bastian Schweinste­iger erinnerte daran.

Löw muss durch Streichung­en Platz machen für aufstreben­de Jungprofis wie Kai Havertz (Leverkusen), Thilo Kehrer (Paris) oder Philipp Max (Augsburg), die als Kandidaten gehandelt werden. Ex-Weltmeiste­r wie Sami Khedira könnte Löws Verbannung treffen. Den Jungstars Leroy Sané (Manchester City) und Jonathan Tah (Leverkusen) sowie Nils Petersen (Freiburg) hatte der Bundestrai­ner bei der Aussortier­ung kurz vor derWM angekündig­t, ihnen im September eine neue Chance geben zu wollen.

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FOTO: DPA Joachim Löw bei der WM-Vorbereitu­ng in Eppan in Italien.

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