Rheinische Post Mettmann

Ein sanftes Ploppen sorgt für Glücksgefü­hle

Golf galt als Sport der Reichen, wird jedoch immer beliebter. Was macht die Faszinatio­n aus? Unser Autor hat es selbst ausprobier­t.

- VON ANDRÉ SCHAHIDI

RATINGEN Es macht wirklich kein schönes Geräusch, als ich den Golfschläg­er mit vollem Schwung in den vom Regen der Nacht noch etwas feuchten Kunstrasen haue. Es klingt ein wenig so, als würde man einen sehr großen, nassen Schwamm sehr schnell ausdrücken – aber ganz sicher nicht so, wie ein gelungener

„Du hast Glück, dass der reingegang­en ist. Sonst wäre er meilenweit vorbei geflogen“

Katharina Feise

Schlag beim Golf klingen sollte.

Ich schaue vom Kunstrasen der Driving Range hoch. Vor mir steht Katharina Feise. Sie ist Golf-Trainerin in Ausbildung beim GC Hösel und steht mir für das einstündig­e Probetrain­ing, das der Verein anbietet, zur Seite. Die 20-Jährige schaut mich herausford­ernd an.„Das üben wir nochmal, oder?“, sagt sie. Einen Schlag nach dem anderen versuche ich. Als Eishockeys­pieler sollte ich mit einem Schläger umgehen können, dachte ich vorher, aber es doch etwas anderes, auf einen Hartgummip­uck einzuprüge­ln. Der Golfball ist filigraner, leichter – und bestraft jeden Fehler sofort.

Vor allem mit Tönen. Bei jedem zweiten Schlag nehme ich noch den Kunstrasen auf der Driving Range mit. Das klingt nicht sehr angenehm. Sieht wahrschein­lich auch bescheuert aus. Katharina schnappt sich den Neuner-Schläger, macht es einmal vor. Ein leises, hohles Ploppen ist zu hören – und der Ball fliegt mal eben 100 Meter weit.

Übung macht offensicht­lich den Meister. Ich übe deshalb weiter. Fußhaltung ist wichtig, auch die Position der Hände am Schläger. Sagt Katharina. Das Wichtigste aber, zumindest in meinem Fall: Körperdreh­ung. Der sauberste Schlag im Golf entsteht aus einer sauberen Drehung des Oberkörper­s und der Hüfte. Mal kriege ich das ganz gut hin. Mal nicht. Die Trainerin korrigiert mich jedes Mal. Und als ich meinen ersten Ball mit dem Neuner-Schläger auf rund 100 Meter prügle, bin ich begeistert. Katharina auch. „Aus dir kann was werden“, sagt sie. Sie meint es sogar, glaube ich.

Und drückt mir dann das „Holz“, den Schläger für den Abschlag, in die Hand. Der ist größer, aber leichter als der Neuner. Ich brauche ein paar Versuche, schließlic­h ist er auch etwas länger. Ich malträtier­e wieder den Kunstrasen. Doch dann, mit etwas mehr Abstand zum Ball und der richtigen Fußhaltung, klappt es. Ein sauberer Schwung, ein leises Plopp – und der kleine weiße Ball fliegt wie an einer Schnur gezogen über das grün. Fast 150 Meter haue ich ihn weit. Und verspüre ein Glücksgefü­hl. Katharina lacht. „Genau dieses Geräusch, wenn man einen Ball perfekt trifft“, sagt sie, „das ist es, was beim Golfspiele­n süchtig macht.“Ich verstehe sofort, was sie meint.

Golf ist längst nicht mehr der elitäre Sport von früher. „Wir haben Mitglieder aus eigentlich allen Bevölkerun­gsschichte­n“, sagt Matthias Nicolaus, Geschäftsf­ührer des GCH. Vor allem Kinder haben Spaß am Spielen. Und doch gibt es im- mer noch eine Hürde an Vorurteile­n, die es zu überwinden gilt. Dafür ist das Probetrain­ing da. Drei Stunden mit einem erfahrenen Coach und Leihschläg­ern kostet beim GC Hösel 29 Euro. Durchaus gut investiert­es Geld. Eine Mitgliedsc­haft ist da leider deutlich teurer: 1800 Euro im Jahr für ein Einzelmitg­lied, Kinder und Studenten zahlen maximal 380 Euro. Dazu kommt eine Aufnahmege­bühr.

Soweit denke ich noch nicht. Ich übe erst einmal weiter. Katharina

und ich ziehen weiter. Aufs Grün – zur Königsdisz­iplin, das Einlochen. Als ich meinen ersten Put auf dem unfassbar akkurat gestutzten Rasen direkt ins Loch setze und mich darüber ziemlich freue, verzieht Katharina keine Miene.„Da hast du ziemlich Glück gehabt“, sagt sie. „Der war nämlich viel zu hart gespielt und wäre ansonsten meilenweit vorbeigega­ngen.“Ich merke: Golf ist eine Präzisions­geschichte.

Das zeigen mir auch die nächsten Versuche. Mal zu kurz, mal zu lang, manche treffen, die meisten nicht. Katharina muntert mich auf. „Das sieht doch gut aus“, sagt sie. Dann lässt sie mich im Bogen und bergab putten – und da merke ich, wie viel ich noch zu lernen hätte, bis ich mich mit dem Schläger auch wirklich auf den Platz trauen dürfte. Als ich im fünften Versuch den Ball wieder mit einem leichten Geräusch Richtung Loch schicke, und er nur Zentimeter daran vorbeikull­ert, ist es wieder da, dieses zufriedene Gefühl.

Golf kann tatsächlic­h süchtig machen. Und jetzt weiß ich auch, warum.

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TO: ACHIM BLAZY ?? Katharina Feise schaut skeptisch zu, während RedakteurA­ndré Schahidi versucht, mit dem Neuner denBall vernünftig zu treffen.
RP-FO TO: ACHIM BLAZY Katharina Feise schaut skeptisch zu, während RedakteurA­ndré Schahidi versucht, mit dem Neuner denBall vernünftig zu treffen.

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