Amateurtheater haben kein leichtes Spiel
Während Kindertheatervorstellungen gerne gebucht werden, haben es Erwachsenengruppen schwer, an Auftrittsmöglichkeiten zu kommen. Das Theater Minestrone lässt sich dadurch seit 25 Jahren nicht entmutigen.
WÜLFRATH Den sturzbetrunkenen Piraten gibt Peter nahezu perfekt: laut grölend stolpert er durch den Probenraum. Er hickst, schmeißt sich auf einen Hocker, babbelt vor sich hin, kippt vom Stuhl. „Improvisiert eine Szene in einer Piratenbar, versucht Euch mit allen möglichen Tricks einen der Stühle zu ergattern“, hieß vorab der Auftrag von Regisseur Daniel Diekmann. Dass das für sein Stammensemble - drei Frauen, vier Männer - keine große Herausforderung bedeutet, weiß er. Aber Peter, den kennt er noch nicht.
Peter ist dem Aufruf der Theatergruppe Minestrone gefolgt und nimmt an diesem Abend an einer offenen Probe teil, es können sich Menschen, die Lust haben, einmal bei einem Stück mitzuwirken und auf der Bühne zu stehen, ausprobieren. Daniel Diekmann ist beeindruckt. „Du machst das nicht zum ersten Mal, stimmt’s?“Peter nickt, viele Jahre habe er in Kassel Improvisationstheater gemacht, erzählt der Familienvater. „Und jetzt habe ich meiner Frau die Probentermine hier einfach schon mal in den Kalender geschrieben.“
Die Lust auf Theater ist scheinbar riesig, nicht nur bei Peter, sondern auch bei den anderen Darstellern, die dem Ende der Ferienpause teils richtig entgegengefiebert haben. „Es ist einfach jedes Mal aufs Neue wunderbar in eine Rolle zu gehen, in dem Stück aufzugehen“, schwärmt Sandra Leidig-Diekmann. Die große Leidenschaft für das, was sie tut, teilt sie offensichtlich mit allen anderen. Selbst die scheinbar banalen Achtsamkeitsübungen zu Beginn der Probe werden mit großer Inbrunst, Hingabe, aber auch Begeisterung und Freude ausgeübt.
„Schließt bitte die Augen, spürt wie Eure Füße fest auf dem Boden stehen, so als käme ein Sturm auf, der Euch umwehen will“, weist Daniel Diekmann an, „achtet auf die Geräusche um Euch herum.“Es ist ein besinnlicher Augenblick, eine Möglichkeit, bei sich zu sein, Neuling Peter hat da keine Mühe, und spätestens nach dem„Impulskreis“eine Übung, bei der die im kreisstehenden Teilnehmer sehr schnell und hochkonzentriert miteinander Befehle umsetzen müssen - ist das Eis gebrochen.
„Wer bei uns mitmachen möchte, muss eigentlich nur die Freude am Spiel mitbringen, die Zeit für die Proben und zuverlässig sein“, er- klärt Sandra Leidig-Diekmann und wischt sich mit dem Ärmel ihres schwarzen „Minestrone-Shirts“den Schweiß von der Stirn. „Naja, und man darf nicht traurig sein, wenn bei der Aufführung die Halle nicht voll ist, wir haben auch schon vor zehn Mann gespielt.“
Erwachsenentheater im Amateurbereich habe keinen sonderlich guten Ruf, beschreibt es die kleine quirlige Darstellerin, viele glaubten „da liefen so ein paar Leute unbeholfen über die Bühne und könnten keinen Satz aussprechen.“Die anderen nicken zustimmend. „Das erklärt auch, warum es kaum Auftrittsmöglichkeiten gibt, wenn, dann höchstens in der eigenen Stadt, da kommen wenigstens Freunde und Familie.“
„Käpt’n Sharky“, das Stück für das nun noch „gecastet“wird, soll im März über die Bühne gehen, in der Kathedrale Schlupkothen.„Also Peter, Dich würden wir gerne dabei haben“, fasst es Daniel Diekmann erfreut zusammen, nachdem er sich noch beim gemeinsamen Singen einen Eindruck von Peters kraftvoller Stimme machen konnte.
Wer Lust hat, kann am kommenden Dienstag, 11. September, an einer weiteren offenen Probe im Bürgerhaus Angerweg teilnehmen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.