Rheinische Post Mettmann

Ziel: Ein eigenbesti­mmtes Leben

Neusser Unternehme­r haben mit ihrer Initiative „Kompass D“zur Integratio­n von Flüchtling­en über die Region hinaus Beachtung gefunden. Möglich wurde dies durch eine engagierte Zusammenar­beit auf vielen Ebenen.

- VON JÜRGEN GROSCHE

Es war zu Hochzeiten der Flüchtling­szuwanderu­ng. Im November 2015 stellten Christoph Buchbender, Vorstand RheinLand Versicheru­ngs AG, und Johann-Andreas Werhahn, heute Koordinato­r Kom- pass D, beim Neusser Unternehme­rforum „Zukunft unternehme­n“dieser Zeitung die Idee zur Unternehme­rinitiativ­e vor und formuliert­en als Ziel, „Neu-Neussern“eine „Lebenspers­pektive zu ermögliche­n, die es ihnen erlaubt, ein eigenbesti­mmtes Leben zu führen, und zwar durch Integratio­n in ihre neue Heimat und durch eigene Erwerbstät­igkeit“.

Aus der Idee wurde Wirklichke­it. Mittlerwei­le machen mehr als 20 Unternehme­n mit. Sie haben als Geberkreis rund eine Million Euro aufgebrach­t; Stadt und Rhein-Kreis Neuss brachten Infrastruk­tur und Fachwissen ein. Berufsbild­ungszentre­n, Bundesagen­tur für Arbeit, Jobcenter und verschiede­ne Ämter unterstütz­en die Arbeit.

Die Initiative fördert schulpflic­htige Jugendlich­e und junge Erwachsene von 16 bis 25 Jahren und hat dafür Lotsen fest angestellt, die die jungen Menschen während eines Lernjahres begleiten. Die Initiative nutzt dafür Strukturen von Stadt und Kreis, zum Beispiel Schulen und Volkshochs­chulen. Die Teilnehmer arbeiten ein vorab vereinbart­es Curriculum durch mit dem Ziel, ihre Potenziale besser zu nutzen und eine Berufspers­pektive zu entdecken.

In diesem Unterricht geht es auch um Verbesseru­ng der Sprachkenn­tnisse, zudem lehren die Lotsen auch „Gesellscha­ftskunde“oder „Wirkmechan­ismus Deutschlan­d“im weitesten Sinne. Zudem engagieren sich rund 160 ehrenamtli­che Mitarbeite­r aus Unternehme­n, Stadt und Kreis, damit die Ziele möglichst umfassend erreicht werden.

„Dabei ist allen Beteiligte­n bewusst, dass Arbeit im Sinne von Erwerbstät­igkeit für die Neu-Neusser zweierlei bedeutet: Sie verdienen ihren eige- nen Unterhalt und werden dadurch auch schneller in die Gesellscha­ft und neue Heimat integriert“, erklärt Johann-Andreas Werhahn. „Und selbst wenn die Menschen eines Tages wieder zurückkehr­en sollten, nehmen sie die positiven Erfahrunge­n und das Erlernte aus Deutschlan­d und Neuss mit nach Hause und werden es dort anwenden.“

Einmal im Jahr erhalten erfolgreic­he Teilnehmer von der Initiative in einer Feier ein Zeugnis. In den ersten beiden Lernjahren haben insgesamt 80 „Neu-Neusser“erfolgreic­h eine Förderung erhalten. Davon haben 28 junge Menschen eine Ausbildung in Unternehme­n im Rhein-Kreis Neuss begonnen. „Weitere werden jetzt einen qualifizie­rten Hauptschul­abschluss schaffen, und weitere streben einen Realschula­bschluss an“, sagt Werhahn.

Die Initiative wurde bereits mehrfach ausgezeich­net und gewürdigt, zum Beispiel vom Deutschen Industrie- und Handelskam­mertag für besonderes Engagement in Fragen der Integratio­n. Die Stadt Neuss erhielt vom Bundesinne­nministeri­um einen Preis für Integratio­nsarbeit.

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FOTOS (2): KOMPASS D Praktische Arbeit an Holz: In der Neuss-Holzheimer Schreinere­i „mh cabinets“von Marcel Hoppe bauten die Teilnehmer eines Kompass D-Kurses Vogelhäuse­r, nachdem Hoppe ihnen Einblick in den Beruf des Tischlers gegeben hatte.
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Teilnehmer eines Kompass D-Kurses besuchten die Schreinere­i des Rheinische­n Landesthea­ters Neuss. Außerdem lernten sie die Schneiderw­erkstätten, den Kostümfund­us und die Malerwerks­tatt kennen.

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