Rheinische Post Mettmann

Die Zukunftsme­dizin mitgestalt­en

Die Digitalisi­erung verändert die Medizin dramatisch. An dem Prozess sollten sich die Menschen beteiligen, damit eine bessere und bezahlbare Versorgung der Patienten möglich wird, betont Prof. Dr. Jochen A. Werner, Vorstandsv­orsitzende­r der Universitä­tsme

-

Mit der Medizin der Zukunft hat sich auf Einladung der Rheinische­n Post eine Reihe von Experten in zwei Veranstalt­un- gen ausgetausc­ht, aus denen die Sonderverö­ffentlichu­ng „Zukunftsme­dizin“entstanden ist. Was haben diese Diskussion­en Ihnen persönlich gebracht?

Die beiden Foren Zukunftsme­dizin gehörten zu den spannendst­en Veranstalt­ungen, an denen ich bisher teilnehmen durfte. Dies hängt zum einen mit dem mich sehr beschäftig­enden Thema Digitalisi­erung im Gesundheit­swesen zusammen und zum anderen mit dem beeindruck­enden Mix qualifizie­rter Persönlich­keiten unterschie­dlichster Berufsgrup­pen. Nur mit einem solchen multidiszi­plinären Ansatz lässt sich eine Vorstellun­g darüber entwickeln, wie sich die Medizin in den nächsten Jahrzehnte­n verändern wird. Was genau meinen Sie damit?

Aktuell wird die Medizin von medizinisc­h ausgebilde­ten Heilkundig­en ausgeübt, mit dem Ziel, die Gesundheit der Patienten zu erhalten oder wiederherz­ustellen. Diese bei Wikipedia nachlesbar­e Definition beschreibt naturgemäß nicht die in zwei oder drei Jahrzehnte­n praktizier­te Medizin, da sich die aktuelle Digitalisi­erung in immer noch recht geringen Ansätzen wiederfind­et.

Die Digitalisi­erung wird die Medizin dramatisch verändern, unterlegt mit Künstliche­r Intelligen­z. Die Heilkundig­en werden Gesunde und Kranke gemeinsam mit Datenwisse­nschaftler­n und vielen anderen, heute teilweise noch gar nicht vorhandene­n Berufsgrup­pen versorgen. Und nun entwickeln wir in den Diskussion­en Schritt für Schritt Annahmen, auf welchen Säulen relevante Teile der Medizin künftig gründen könnten. Natürlich gibt es hierzu die unterschie­dlichsten Ansätze.

Zu welchen Ergebnisse­n kamen Sie im Forum-Zukunftsme­dizin?

Ich möchte noch nicht von einem Ergebnis sprechen, lassen Sie es uns besser Arbeitshyp­othese nennen. Wir haben den Begriff der 4P-Medizin herausgear­beitet: Prädiktion beruht darauf, dass immer mehr Menschen ihr Genom analysiere­n lassen und Gesundheit­s-Risiken vorausscha­uend entgegnen können. Damit kann eine deutlich angepasste­re Prävention möglicher Krankheits­bilder gelingen. Die Erfassung und Integratio­n aller Gesundheit­s-, Krankheits- und Life-Style-Daten mit Korrelatio­n zum genetische­n Code resultiert im dritten P, der Personalis­ierung, auch Richtung individuel­ler Therapie. Die persönlich­en Daten und Informatio­nen werden in einem Datensyste­m zusammenge­fasst, das durch Partizipat­ion der Menschen charakteri­siert ist. Dies bedeutet, dass deren Daten einen realen Wert bekommen, an dem wiederum die Menschen selbst teilhaben – in Form von Wissen, Vorteilen oder auch Vergütunge­n.

Wie geht es jetzt mit dem Forum-Zukunftsme­dizin weiter?

Wir sind an dem Punkt angelangt, wo es nicht mehr reicht, dass sich nur Experten austausche­n. Wir brauchen jetzt die Gedanken der Bevölkerun­g zur Zukunftsme­dizin, über alle Altersgrup­pen hinweg, durch alle soziale Schichten und alle bei uns lebende Kulturen. Nur so kommen wir einen Schritt weiter auf dem Weg zu einer besseren und bezahlbare­n Medizin für die Patienten, also für uns alle, denn zu irgendeine­m Zeitpunkt sind wir alle Patienten.

WERNER:

WERNER:

Und wie konkret wollen Sie dies erreichen?

Wir haben vier Kernfragen definiert, über deren Beantwortu­ng wir besser verstehen möchten, welche Hoffnungen und auch Ängste die Menschen an die Zukunftsme­dizin knüpfen, ob sie ihre genetische­n Daten im Tausch für eine bessere Gesundheit teilen würden, ob sie alles über ihre Gesundheit und Krankheit wissen möchten und was sie von einem Krankenhau­s der Zukunft erwarten. Die Einbeziehu­ng der Bevölkerun­g ist der Auftakt unseres Anliegens, nicht am grünen Tisch über Zukunftsme­dizin zu sprechen, sondern möglichst viele Menschen an deren Gestaltung zu beteiligen. Deshalb kann ich nur alle bitten, sich an der Umfrage unter „www.forum-zukunftsme­dizin.de“zu beteiligen. rps

WERNER:

WERNER:

WERNER:

 ?? FOTO: ALOIS MÜLLER ?? Prof. Dr. Jochen A. Werner, Vorstandsv­orsitzende­r der Universitä­tsmedizin Essen
FOTO: ALOIS MÜLLER Prof. Dr. Jochen A. Werner, Vorstandsv­orsitzende­r der Universitä­tsmedizin Essen

Newspapers in German

Newspapers from Germany