Rheinische Post Mettmann

Kunst aus Palermo im Stadtmuseu­m

Pina Bauschs Besuch in Italien gab den Anstoß: Die Stadt in Sizilien ist Thema einer neuen Ausstellun­g.

- VON CLEMENS HENLE

Das 1989 in Palermo uraufgefüh­rte Tanzstück „Palermo, Palermo“von Pina Bausch hat eine der überrasche­ndsten Eröffnunge­n der Theaterwel­t. Eine fein säuberlich am Bühnenrand aufgestell­te Wand aus großen Ziegeln stürzt mit krachendem Donner um und gibt den Blick frei auf eine leere Bühne. Die Trümmer werden im ersten Akt zum Spielplatz der Darsteller.

Als Bausch und ihr Ensemble 1989 auf Einladung des damaligen Bürgermeis­ters und heutigen Kämpfers gegen die Mafia, Leoluca Orlando, nach Palermo kamen, wachte die Stadt langsam aus dem Griff der Kriminelle­n und des Verfalls auf. Die Anwesenhei­t der damals wichtigste­n Choreograp­hin für zeitgenöss­ischen Tanz gab wichtige Impulse zur kulturelle­n Erneuerung der Stadt und warVorbild für dortige Künstler, Neues zu wagen und Mauern einzureiße­n.

Fast 30 Jahre nach Bauschs Besuch hat sich viel getan in der Düsseldorf­er Partnersta­dt, in diesem Jahr gas- tiert die europäisch­e Biennale für zeitgenöss­ische Kunst Manifesta in Palermo. Die Sonderauss­tellung „Positionen Palermo, Palermo“im Stadtmuseu­m beschäftig­t sich analog zur Manifesta mit Künstlern aus Palermo. „Pina Bausch ist in Palermo eine Legende. Sie hat einen bleibenden Eindruck hinterlass­en, weil sie als Außenstehe­nde Palermo sehr gut verstanden hat“, erklärt der Kurator der Ausstellun­g, Alessandro Pinto.

Gleich am Anfang der Ausstellun­g wird das Thema der Mauer wiederaufg­enommen, eine grünliche Mauer aus Schaumstof­f steht in der Mitte des Raumes. Die Arbeit des jungen Künstlers Adriano La Licata ist nicht nur Hindernis für die Besucher, sondern gleichzeit­ig auch die einzige Installati­on in einer Ausstellun­g, die von Fotografie dominiert wird.

Wie Palermo in den 1980er Jahren aussah, kann man an Hand der Bilder von Fabio Sgroi nachvollzi­ehen. Die Schwarz-weiß-Fotografie­n dokumentie­ren die lebendige Punkszene Palermos. In einer Stadt, die sich imWürgegri­ff der Mafia befand, war die Zugehörigk­eit zu einer Jungendbew­egung ein Ausweg. Eine weitere Dokumentat­ion der Zustände in Palermo ist die fotografis­che Arbeit des Architekte­n Roberto Collovà. Seit 1986 dokumentie­rt er die Uferpromen­ade in all ihrer Schönheit und all ihren Brüchen. Denn mit den Aufräumarb­eiten der Kriegsschä­den und der Expansion der Stadt in den 1950er Jahren wurde der Bauschutt einfach ins Meer gekippt. Hinzu kam, dass die Mafia Giftmüll ebenfalls auf diese Weise entsorgte. Das führt dazu, dass an manchen Abschnitte des Meeres Schwimmen immer noch untersagt ist, wo bis in die 1950er Jahre eine rege Badekultur herrschte.

Neben Collavà ist auch der Schriftste­ller Giorgio Vasta auf der Manifesta vertreten. In der Tradition der „Cantastori­a“, dem Bänkelgesa­ng, gibt es in Stadtmuseu­m fünf Geschichte­n auf Englisch und Italienisc­h zu hören. Während der Fokus der Düsseldorf­er Ausstellun­g mehr auf einer Präsentati­on von Künstlern aus Palermo liegt, beschäftig­t sich die Manifesta viel mehr mit dem unausweich­lichen Thema der Grenzen und der Migration.

Diese Thematik wird im Stadtmuseu­m nicht aufgegriff­en, genauso wenig wie das Werk Pina Bauschs thematisie­rt wird. So dient das Tanzstück lediglich als Aufhänger, die Bedeutung Bauschs für die kulturelle und künstleris­che Erneuerung Palermos wird nicht herausgear­beitet.

Info Stadtmuseu­m, Berger Allee 2, läuft bis zum 30. September.

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FOTO: ANDREAS BRETZ Blick in die Ausstellun­g „Position Palermo“.

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