Rheinische Post Mettmann

Pfaffs Hof

- Von Hildtrud Leenders

Wo Onkel Maaßen in einem kurzen Popelinema­ntel herausgehi­nkt kam und seinen französisc­hen Sportwagen aufschloss. Wo die neue Tante Maaßen mit bösen Augen in der Haustür stand.

Wo Peter kein schöner junger Mann war, sondern ein Junge, der „Ja, Onkel Maaßen“sagte.

Onkel Maaßen brachte uns in die Stadt zu einem Fotografen.

Und Peter, ich und Dirk wurden zurechtges­etzt für ein „Familienfo­to“, wie der Fotograf es nannte.

Bevor er auf den Auslöser drückte, holte Peter ganz schnell einen Kamm aus seiner Hemdtasche und kämmte Dirk die Tolle weg.

„Ich schicke Ihnen die Aufnahmen dann zu, Frau Albers. Ist das hier in der Stadt?“

„Nein, nein, die gehen an eine Adresse in Köln. Würden Sie sich die bitte aufschreib­en?“ Peter war schon wieder draußen. Mutter hielt Dirk im Arm. Den Kinderwage­n hatten wir ja bei Maaßens vor der Garage stehen lassen.

„Das macht dann . . . Augenblick, da kommt ja auch noch das Porto dazu . . .“

Vor der Tür wartete Onkel Maaßen und baute sich vor Peter auf, obwohl der ein ganzes Stück größer war.

„Und wie soll dieses Drama nun weitergehe­n?“

Peter schob die Hände in die Hosentasch­en seines schicken Sommeranzu­gs, für den Onkel Maaßen nicht mal einen Blick übrig gehabt hatte.

„Ich habe jetzt meinen Wehrdienst abzuleiste­n.“

Ich hatte Angst, dass Mutter Dirk fallen ließ.

Onkel Maaßen fuhr dann mit uns direkt zum Bahnhof in der Stadt.

Wo Peter einfach ausstieg und ging.

Wo Mutter Rotz und Wasser auf den kleinen Dirk weinte, der von nichts wusste.

Wo ich hinten in der Ecke vom hellblauen Sportauto versuchte, nicht zu brechen.

Dann fuhren wir wieder zurück zu Maaßens, legten Dirk in Tante Lieselotte­s Kinderwage­n und gingen zurück zu Pfaffs Hof.

Als Vater um halb elf vom Dienst kam, lagen wir alle im Bett.

Am nächsten Tag zog Mutter aus. Sie sagte es mir nach meinem Abendgebet.

„Ich schlafe ab jetzt bei Dirk.“Ich wusste nicht, was sie meinte. „Der Kleine gedeiht nicht richtig, er ist zu dünn. Und hier im Zimmer höre ich ihn nachts nicht sofort, wenn er schreit, weil er Hunger hat. Es muss einfach sein, Kind.“

Ich kriegte keine Luft, in meinem Kopf purzelte alles durcheinan­der. Zu dünn war ich auch. „Weiß Vati das?“

„Ich habe es mit ihm besprochen.“

„Aber der Satan . . .“, stammelte ich.

Mutter runzelte die Stirn. „Wer? Was redest du denn?“

Dann stand sie vom Bettrand auf, stopfte das Deckbett um mich herum und nahm ihr Kopfkissen unter den Arm. „Mach kein Theater, ich sitze ja noch im Wohnzimmer.“

Ich konnte nichts sagen, drehte mich zur Vatiseite und zog mir die Decke über den Kopf.

Papperlapa­pp – ich musste es dreimal sagen, bis mir klar wurde, dass es nicht anders sein würde als mit dem Mittagesse­n. Alles aufessen musste ich nur, wenn Vater Spätschich­t hatte, oder Nachtdiens­t, wenn ich Pech hatte.

(Fortsetzun­g folgt)

ERPELINO

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