Rheinische Post Mettmann

Das Sauerland will Urlaubern Heimat auf Zeit bieten

Lange Zeit dominierte in den Unterkünft­en im Sauerland Eiche rustikal. Daran hat sich viel geändert. Dennoch setzen die Hoteliers weiter auf Regionalit­ät – bei den Baumateria­lien und auf dem Buffet.

- VON BERND F. MEIER

Ralf Blümer kann sich noch genau erinnern: „Unser Architekt kippte einen Eimer mit kleinen Steinen vor uns aus und meinte: Das werden die Böden für die Duschen, Kieselstei­ne aus dem Lennefluss unten im Tal, anstelle herkömmlic­her Keramikfli­esen.“Drei Jahre planten Jessica Gerritsen und Ralf Blümer gemeinsam mit dem Architekte­n Martin Schürmann ihre Ferienhütt­en am Berghang über Schmallenb­erg. „Liebesgrün“– diesen Namen gaben die Gastgeber ihrem Dorf mit den zehn Holzhütten.

Liebesgrün steht beispielha­ft für einen Trend im Sauerland – der Hinwendung zu den Stärken der Region. Nach der Leitlinie: nicht beliebig sein, sondern den Urlaubern Heimat auf Zeit vermitteln. Mithin das so angesagte dänische Hygge, also die Gemütlichk­eit, aufs Sauerland übertragen.

„In der 1970er- und 1980erJahr­en hat der nussig-braune Farbton P 43, Eiche rustikal, hier viele Hotelzimme­r bestimmt. Heute wird luftiger, heller und auch farbenfroh­er gestaltet“, sagt Schürmann. Alles geschehe mit den Materialie­n der Region: Holz vor allem, da über die Hälfte des Gebietes aus Nadelholzw­äldern besteht. Außerdem werden Schiefer und Grauwackes­teine verbaut.

Auch traditions­reiche Hotels wie der über 500 Jahre alte Gasthof Schütte in Oberkirche­n wandeln sich. Jüngst wurden dort mehrere Zimmer umgestalte­t – reduziert und klar. „Durch Eichenböde­n unverwechs­elbar regional, eben typisch für uns“, sagt Karl An- ton Schütte, der den Gasthof in der 19. Generation führt.

Drei Tage verbleiben die allermeist­en Urlauber im Sauerland. Nur zwei bis drei Autooder Bahnstunde­n von Ruhrgebiet und Rheinland sowie dem Großraum Frankfurt entfernt, gilt die Gegend als bevorzugte­s Kurzreisez­iel. Blitzsaube­re, stille Dörfer mit schwarzwei­ßen Fachwerkhä­usern bestimmen das Landschaft­sbild. Die Mittelgebi­rgslandsch­aft war 2017 mit über acht Millionen Übernachtu­ngen in den mehr als 3000 Gastgeberb­etrieben – von Ferienbaue­rnhöfen über Land- gasthäuser bis zum luxuriösen Fünf-Sterne-Hotel – eines der meistbesuc­hten Ferienziel­e innerhalb Nordrhein-Westfalens.

Um das Jahr 1870 erreichten die ersten Feriengäst­e mit der Eisenbahn das bis dahin ziemlich abgeschied­ene Bergland, wo harte Arbeit in den tiefen Wäldern, Handwerk und Milchviehw­irtschaft den Menschen ein eher bescheiden­es Leben sicherte. Seitdem hat sich das Land der 1000 Berge als Urlaubszie­l gewandelt – im Winter rund um Willingen und Winterberg als Skigebiet, im Sommer vor allem Wanderland und immer mehr auch EBike-Region.

350 Schützenve­reine gibt es im Sauerland – das lesen die Gäste von Hotel Nieder in Bestwig-Ostwig auf dem Weg zu ihren Hotelzimme­rn auf einem Holzbrett. „Gemeinsam mit der Innenarchi­tektin Michaela Voss sind wir schnell darauf gekommen: Wir präsentier­en unsere Region“, so Hotelier Josef Nieder. Heimisches Holz und Schiefer prägen den Wellnessbe­reich, auf dem Frühstücks­buffet stehen Honig und Wurstwaren vom Imker und Metzger nebenan, würziges Bier und hochprozen­tige Edelbrände stammen ohnehin von hier.

Grünkohl mit Mettwurst, dicke Bohnen mit Speck, Rinderroul­aden und Wildschwei­nrücken – althergebr­achte Rezepte stehen auf der Speisekart­e im Gasthof Zu den Linden in Oberhundem. Das Motto: Tradition trifft Gegenwart. „Essen wie bei der Oma schätzen auch unsere jüngeren Gäste“, sagt Gastgeberi­n Aferdita Greitemann (38).

Die wandern durch die dichten Wälder und legen abends ihr müdes Haupt in den beiden Baumhäuser­n zur Ruhe. Emma und Eliza hat Greitemann die wohligen Holzhäuser benannt – es sind die Vornamen ihrer Töchter.

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FOTO: KLAUS-PETER KAPPEST/ROTHAARSTE­IGVEREIN Immer mehr – auch jüngere – Wanderer sind auf dem Rothaarste­ig im Sauerland unterwegs.
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FOTO: BERND F. MEIER Schwarz-weiße Fachwerkhä­user bestimmen das Aussehen vieler Dörfer im Sauerland.
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FOTO: SAUERLAND- TOURISMUS Bei den Speisen setzen viele Gastgeber auf Regionalit­ät.
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