EU verschärft Ermittlungen gegen Autobauer
Der Verdacht der EU-Kommission: Daimler, VW und BMW sollen Verbrauchern umweltfreundliche Autos vorenthalten haben, obwohl sie diese Technologie gehabt hätten.
BRÜSSEL Die EU-Kommission hat die Ermittlungen im Kartellverfahren gegen BMW, Daimler und den VW-Konzern ausgeweitet. EU-Wettbewerbskommissarin MargreteVestager leitete jetzt eine förmliche Untersuchung gegen die drei Konzerne ein. Der Verdacht der Wettbewerbshüter: Die Autobauer sollen Absprachen über Technologien zur Abgasnachbehandlung getroffen haben, die illegal waren. Die Kartellwächter der EU waren im Sommer 2017 auf die Absprachen durch eine Selbstanzeige von Daimler und später auch von VW aufmerksam geworden. Zunächst hatte die Kommission nur erste Untersuchungen aufgenommen. Doch bei Razzien im Herbst fanden die Beamten offenbar belastendes Material.
EU-Kommissarin Margrethe Vestager kündigte an: „Die Kommission will eingehender untersuchen, ob BMW, Daimler und VW vereinbart haben, bei der Entwicklung und Einführung neuer Technologien zur Verringerung der Schadstoffemissionen von Benzin- und Diesel-Pkw nicht miteinander zu konkurrieren.“Es geht um Systeme zur Abgasnachbehandlung. „Falls dieser Verdacht zutreffen sollte“, so die Kommissarin weiter, „hätten die Hersteller den Verbrauchern die Möglichkeit vorenthalten, umweltfreundlichere Autos zu kaufen, obwohl die entsprechenden Technologien zur Verfügung standen.“Hintergrund ist, dass sich Ingenieure der Autobauer seit den
90er Jahren regelmäßig in einem „Fünferkreis“trafen und austauschten. Fünferkreis, weil neben Vertretern von Daimler, BMW undVW auch solche der VW-Töchter Audi und Porsche teilnahmen.
Anders als bei Preisabsprachen, die nach ihrer Aufdeckung stets harte Strafen nach sich ziehen, bewegen sich Absprachen im technischen Bereich in einer rechtlichen Grauzone. Daimler und VW, die sich als Kronzeugen zur Verfügung stellten und deswegen hoffen, straffrei davon zu kommen, stellten der Kommission umfangreiche Aktenordner mit Gesprächsprotokollen zur Verfügung. Danach ging es bei den Gesprächenum die Qualitätsanforderungen für Autoteile und Qualitätsprüfverfahren. Weitere Fragen, die demnach diskutiert wurden: Bis zu welcher Geschwindigkeit funktioniert der Tempomat? Bis zu welchem Tempo lässt sich das Cabriodach elektrisch öffnen und wieder verschließen?
Inzwischen haben die Ermittler ihre Untersuchungen eingegrenzt auf die Frage: Vereinbarten die Autobauer, die Entwicklung und Einführung von zwei Systemen zur Abgasnachbehandlung auf dem EU-Markt einzuschränken? Dabei geht es zum einen um „SCR-Systeme“, die entwickelt wurden, um den Stickoxidausstoß von modernen Dieselfahrzeugen zu reduzieren. Zum anderen geht es um möglicherweise illegale Absprachen im Zusammenhang mit Partikelfiltern für Benziner. Wie zu hören war, tauchten im Zuge der Ermittlungen Hinweise auf Absprachen über die Größe von Adblue-Tanks auf. Bei Adblue handelt es sich um ein Harnstoff-Wassergemisch, das zur Reinigung von Dieselabgasen benutzt wird. Zwischenzeitlich hieß es, dass sich die Hersteller bereits 2008 darauf geeinigt hätten, jeweils acht Liter große Tanks für Adblue in allen Pkw zu verbauen.
Ein Sprecher der Kommission wies darauf hin, dass es bislang keinerlei Berührungspunkte mit dem Dieselskandal gebe. Es gibt also keinen Hinweis darauf, dass die Konzerne sich in diesen Runden darauf verständigt hätten, wie mit dem Einsatz von Schummelsoftware die Abgastests zu unterlaufen seien.