Rheinische Post Mettmann

Boccia-Spieler benötigen ruhige Hand

Die BSG Mettmann richtete in diesem Jahr die Deutsche Hallen-Meistersch­aft aus. Sportlich hatte die Mannschaft allerdings einen schweren Stand. Den Sieg machten am Ende des Turniers Teams mit Profi-Erfahrung unter sich aus.

- VON CRISTINA SEGOVIA-BUENDÍA

METTMANN Die Neandertha­l-Stadt verwandelt­e sich am Wochenende in die Hauptstadt des Hallen-Boccia: Die Behinderte­n Sport-Gemeinscha­ft (BSG) schaffte es, zu ihrem 60. Vereinsjub­iläum die Deutsche Meistersch­aft nach Mettmann zu holen. 18 Teams machten die Besten der Bundesrepu­blik unter sich aus. Die BSG trumpfte als Gastgeber auf, sportlich konnten die Mettmanner jedoch schwer gegen amtierende Weltmeiste­r und Olympionik­en mithalten.

„Es hat die Sicherheit

im Spiel gefehlt, vielleicht ist es der Fluch des Ausrichter­s“

Hans Stauff

Spieler der BSG Mettmann

In der Halle der Kreisberuf­sschule wurde vergangene­s Wochenende eine ruhige Kugel geschoben, wobei das runde Spielgerät vielmehr geworfen wurde. Konzentrat­ion herrschte während der unaufgereg­ten Partien, bei denen drei gegen drei Spieler antraten – sowohl Sportler mit als auch ohne Handicap. Menschen mit Behinderun­g erhielten, je nach Handicap, Extrapunkt­e, also mehr Bälle, als Sportler ohne Behinderun­g. Ansonsten stellten sich alle denselben Herausford­erungen: Ein ruhiges Händchen bewahren, Ziel- und Treffsiche­rheit beweisen und dem weißen Ball in Summe näher kommen, als das gegnerisch­e Team.

Bei der Partie zwischen den Favoriten der BRS Gersweiler aus dem Saarland und dem TV Markgrönin­g aus Baden-Württember­g hielten die Zuschauer kurzzeitig die Luft an, wenn die Sportler zum Wurf ansetzten. Anerkennun­g und Bewunderun­g lösten besonders gut platzierte Bälle aus. Es war eine hart umkämpfte Begegnung. Die Teams schenkten sich keinen Zentimeter.

Nach dem offizielle­n Einzug der Mannschaft­en am Eröffnungs­tag und den ersten Partien pendelte sich das Turnier aus Sicht des Veranstalt­ers, gut ein. Hans Stauff, Mitspieler der ausrichten­den BSG, schaute gelassener auf die Partien: „Es läuft al- les sehr gut, außer für Mettmann.“Das lokale Team startete sehr nervös ins Turnier. „Es hat die Sicherheit im Spiel gefehlt, vielleicht ist es der Fluch des Ausrichter­s.“Vor der Meistersch­aft fielen wichtige Spieler lange Zeit bei der BSG aus. Das Team trat zu seinem Heimturnie­r nicht in Bestform auf, besonders war es aber dennoch:„Das Turnier wird von den Teams sehr gut angenommen und auch einige Gäste waren zeitweise da“, berichtete der 79-Jährige. Zugegeben, volle Ränge wie bei einer Fußball-WM oder Ligapartie­n in der Handball-Bundesliga durften bei einem so besonderen Sport wie Boccia nicht erwartet werden. Wobei auch hier einige internatio­nale Profisport­ler mitwirkten.

Als klare Favoriten zeichneten sich bereits nach wenigen Stunden die Gäste aus dem Saarland ab. Die BRS Gersweiler trat mit zwei Mannschaft­en an und brachte gleich den frisch gekürten Drittplatz­ierten der Weltmeiste­rschaft mit: Der 33-jährige Boris Nicolai spielt für die Pa-

ralympisch­e Nationalma­nnschaft und holte sich erst kürzlich im englischen Liverpool die Bronzemeda­ille im Einzel. Seit fünf Jahren betreibt er Boccia von seinem Rollstuhl aus. „Früher habe ich gerne Tennis gespielt und Boccia ähnelt dem doch ein bisschen. Es ist ein Ballsport, der dir ebenso viel Konzentrat­ion abverlangt.“Der 33-Jährige spielt vier große Turniere im Jahr, reist als Profisport­ler viel um die Welt. Auch in Mettmann wurde der Nationalsp­ieler entspreche­nd empfangen. „Die Leute wissen von meiner Platzierun­g, gratuliere­n und fragen, wie es war.“Zeit zum geselligen Gespräch gab es während der Deutschen Meistersch­aft in Mettmann schließlic­h auch: zwischen den Partien, beim gemeinsame­n Mittagesse­n und am Abschlusst­ag bei der Siegerehru­ng.

Die Gold- und Silbermeda­ille sicherten sich im Übrigen die beiden Teams aus Gersweiler. Für die erste Mannschaft, mit Boris Nicolai im Kader, war es bereits die dritte Deutsche Meistersch­aft in Folge. TV Markgrönin­gen schaffte es auf den dritten Platz.

 ?? RP-FOTO: ACHIM BLAZY ?? Hans Stauff von der BSG Mettmann erkannte die Stärke der Gegner an.
RP-FOTO: ACHIM BLAZY Hans Stauff von der BSG Mettmann erkannte die Stärke der Gegner an.

Newspapers in German

Newspapers from Germany