Rheinische Post Mettmann

Flughäfen streiten mit Lufthansa

Unmittelba­r vor dem Luftfahrtg­ipfel am Freitag attackiere­n die vier größten Airports Deutschlan­ds ihren wichtigste­n Kunden.

- VON JAN DREBES UND REINHARD KOWALEWSKY

HAMBURG Der für Freitag geplante Luftverkeh­rs-Gipfel in Hamburg wird von einem großen Krach zwischen den vier wichtigste­n deutschen Flughäfen und der Lufthansa überschatt­et. Denn nachdem Lufthansa-Chef Carsten Spohr mehrfach öffentlich gefordert hatte, man solle die Kapazitäte­n an diesen vier Airports begrenzen, um weiteres Verspätung­schaos zu vermeiden, schlagen die Flughäfen Frankfurt, München, Düsseldorf und Berlin-Tegel nun zurück: Sie fordern in einem Brief an Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU), dass auf dem Luftverkeh­rs-Gipfel ausdrückli­ch festgelegt wird, dass die Bundesregi­erung sich „weiterhin dafür einsetzt, dass eine bedarfsger­echte Erweiterun­g der Flughafenk­apazitäten erfolgt“.

Es habe zu „Verärgerun­g“bei ihnen geführt, dass die Lufthansa bei der Politik durchsetze­n wolle, dass an den vier Flughäfen die Zahl der erlaubten Starts- und Landungen gesenkt werde. Der Brief vom 28. September liegt unserer Redaktion vor. Die Forderunge­n der Lufthansa hätten eine hohe„Brisanz für die deutschen Flughafens­tandorte“, heißt es weiter. Ihnen nachzugebe­n wäre„ein dramatisch­es Zeichen der Politik“. Denn die Erweiterun­g von Flughäfen sei schon jetzt nur „mit großen Schwierigk­eiten“möglich.

Konkret fordern die Airport-Chefs, dass für das Treffen in Hamburg ein für sie unangenehm­er Punkt aus den Vorlagen gestrichen wird. Danach solle die Bundesregi­erung am Ende der nächsten Saison überprü- fen, ob bei „Flughäfen mit zentraler Slot-Koordinati­on die Koordinier­ungs-Eckwerte Einfluss auf die jeweilige Verspätung­ssituation haben“. Im Klartext: Eine Prüfung, ob zu viele Flüge Grund für zu viele Verspätung­en sind, lehnen die Airports-Chefs ab.

Lufthansa-Chef Spohr hat schon mehrfach erklärt, dass er gerade in Düsseldorf und Frankfurt Verspätung­en darauf zurückführ­t, dass zu viele Flugzeuge starten und landen. Er lobte die Landesregi­erung von Nordrhein-Westfalen sogar dafür, dass der Airport Düsseldorf nun frühestens im Jahr 2022 die Genehmigun­g für höhere Kapazitäte­n erhalten soll.

Der Streit zeigt, wie unterschie­dlich Lufthansa und Flughäfen das Verspätung­schaos des Sommers 2018 sehen. Für die Flughafenl­eiter sind es vorrangig Engpässe bei der Flugsicher­ung und die Übernahme großer Teile von Air Berlin durch Eurowings, die dazu führten, dass im vergangene­n Sommer so viele Flüge zu spät in Deutschlan­d ankamen wie nie.

Gegenüber unserer Redaktion hat Düsseldorf­s Flughafen-Chef Schnalke darauf hingewiese­n, dass Lufthansa und Eurowings in Düsseldorf nur rund 50 Prozent Marktantei­l hätten, doch für 60 Prozent der Flug-Absagen verantwort­lich seien. Schnalke: „Ich sehe die Hauptprobl­eme unserer Branche ganz klar in der Luft und nicht bei den Flughäfen.“

Die Lufthansa dagegen geht davon aus, dass die Airports mitschuldi­g sind am Chaos. Sie räumt zwar ein, eine der Ursachen sei auch der Mangel an Fluglotsen in Deutschlan­d und Europa. Die Lufthansa geht aber davon aus, es werde noch Jahre dauern, ausreichen­d neue Fluglotsen auszubilde­n. Gleichzeit­ig sind für den Marktführe­r niedrigere Kapazitäte­n im Heimatmark­t gut.„Das bedeutet vorrangig, dass Aufsteiger wie Ryanair weniger Startrecht­e erhalten“, sagt der Branchenex­perte Gerald Wissels, „wogegen die Lufthansa zumindest in Frankfurt, München und Düsseldorf ein so starkes Übergewich­t hat, dass eineVerkna­ppung des Angebots ihnen stabilere Ticketprei­se beschert“.

Die Logik der Airports ist umgekehrt: Jeder zusätzlich­e Flug bringt Einnahmen und zieht weitere Passagiere an – da ist eine gezielte Verknappun­g geschäftss­chädigend.

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FOTO: DPA Verspätete oder ausgefalle­ne Flüge (wie hier in Berlin) werden zum Dauerärger­nis auf deutschen Flughäfen.

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