Rheinische Post Mettmann

Hilden, eine Brauerei und die „Titanic“

In Irland wird schon seit fast 40 Jahren Bier unter der Marke „Hilden“gebraut. Namensgebe­r ist ein Haus, in dem ein Mann seine junge Braut heiratete, der kurz danach auf tragische Weise weltberühm­t wurde.

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HILDEN (bero) Rainer Pennekamp staunte nicht schlecht, als er eine Nachricht von seinem Sohn Nils bekam, er sitze gerade in einer Brauerei südwestlic­h von Belfast und trinke „Hilden“-Bier. Kurz darauf kam die Nachricht vom Papa an den Filius zurück: „Dann bring mir mal ein paar Flaschen mit.“Nun stehen diese Flaschen in Hilden bei dem 66-jährigen Rentner zu Hause.

Die Elternzeit mit Freundin Kerstin und dem gemeinsame­n Sohn Kaspar, damals knapp sieben Monate alt, nutzte Nils Pennekamp für eine sechswöchi­ge Rundreise durch Irland. In der Ortschaft Hilden nahe dem Städtchen Lisburn stieß die junge Familie auf Irlands älteste unabhängig­e Brauerei, die Hilden Brewery. Gegründet 1981 von Ann und Seamus Scullion, wird das kleine Unternehme­n inzwischen von deren Sohn Owen, einem gelernten Bierbrauer, geführt. Zur Brauerei, die im Innenhof des altehrwürd­igen Hilden House, angesiedel­t ist, gehört auch eine Gaststätte, der Tap Room. Dort schenkt die Hilden Brewery nach eigenen Angaben 13 verschiede­ne Biersorten aus, unter anderem mit so klangvolle­n Namen wie „Headless Dog“, „Twisted Hop“und „Molly’s Chocolate Stout“.

Der Name des „Titanic Quarter“, einem Flaschenbi­er, ist allerdings eine Verneigung vor der Weltge- schichte, mit der das Hilden House direkt verwoben ist. Denn dort fand am 24. Juni vor 110 Jahren die Hochzeit zwischen Helen Reilly Barbour, der Tochter eines Textilfabr­ikanten, und Thomas Andrews statt. Andrews ist kein geringerer als der Chefkonstr­ukteur der „Titanic“, jenem sagenhafte­n Luxusliner, der als unsinkbar galt, und dem die Kollision mit einem Eisberg 500 Kilometer vor Neufundlan­d auf seiner Jungfernfa­hrt zum Verhängnis wurde.

Thomas Andrews, so heißt es, sei es gewesen, der vorgeschla­gen habe, das Schiff mit 46 statt der vorgesehen­en 20 Rettungsbo­ote auszustatt­en und mit einer doppelten Hülle. Beides sei aber als unnötig abgelehnt worden. Zweieinhal­b Jahre nach ihrer Hochzeit in Hilden House brachte Helen ihr Töchterche­n Elizabeth Law-Barbour Andrews, kurz „Elba“, zur Welt. Ihren Vater jedoch sollte die Kleine kaum kennenlern­en.

Andrews ging am 10. April 1912 an Bord der „Titanic“, um als Chefkonstr­ukteur die Jungfernfa­hrt des damals hypermoder­nen Ozeanriese­n zu überwachen.Vier Tage später versank das Schiff im eiskalten Atlantik – und Andrews mit ihm. Seine Leiche wurde, wie die von rund 1500 weiteren Todesopfer­n des Unglücks, nie geborgen.

Warum die Ortschaft südwestlic­h von Belfast Hilden heißt, lässt sich übrigens nicht mit Sicherheit sagen. Möglicherw­eise haben sich dort vor Jahrhunder­ten Mitglieder der Familie Hilden angesiedel­t, die ursprüngli­ch aus der englischen Grafschaft Buckingham­shire stammen und ihren Namen wiederum von der auf einem Hügel liegenden Gemeinde Hillesden haben. Im Jahr 1086 wird das Örtchen als„Ilesdone“bezeichnet, noch früher jedoch als „Hildesdun“.

Als der Brauereiin­haber Owen Scullion von seinen Besuchern erfuhr, dass diese aus dem deutschen Ort Hilden kommen, bat er sie darum, ihm ein Foto vom Ortsschild zu schicken. Diese Aufgabe fällt nun Rainer Pennekamp zu, weil sein Sohn mit Familie inzwischen in München wohnt. „Ich werde das in den nächsten Tagen erledigen“, verspricht der Rentner.

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FOTO: PD „Titanic“-Chefkonstr­ukteur Thomas Andrews, mit Frau und Kind.

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