Rheinische Post Mettmann

Wenn im Uerigen Reiner Tisch gemacht wird

- VON TINO HERMANNS

Es wurde zu einem Abend, den man so schnell nicht vergisst. Der „Reine Tisch“im Uerige, der kabaretist­isch-komödianti­sche Monatsrück­blick, bot pointierte Politsatir­e, intelligen­t Schwachsin­niges, abgedreht Wortwitzig­es und tiefgründi­g Humoristis­ches. „Reiner Tisch“-Gastgeber Frank Küster und seine Gäste, Kleinkünst­ler Matthias Reuter sowie Quatschmac­her Achim Knorr, waren in Hochform und boten so das wohl amüsantest­e Bauchmuske­l- und Zwerchfell-Training aller Fitnessstu­dios.

Und fit, jedenfalls geistig fit, musste man sein, um einige der verqueren, dreimal um die Ecke gedachten Pointen verstehen und folglich darüber lachen zu können. Profunde Einblicke ins aktuelle internatio­nale und bundesweit­e Zeitgesche­hen schadeten zum Gag-Verständni­s auch nicht. So verband Küster eloquent den Staatsbesu­ch des türkischen Präsidente­n Recip Tayyip Erdogan mit dem bundeswehr­bedingten Moorbrand in Meppen.„Erdogan wurde mit militärisc­hen Ehren empfangen. Kann man so oder so sehen. Aber immerhin konnte unsere Bundeswehr beweisen, dass sie aktiv werden kann ohne einen Flächenbra­nd zu hinterlass­en“, karikierte Küster.

Erdogan weihte dann auch die neue Moschee in Köln ein. „Was hat der Türke als solcher mit dem Islam zu tun? Das ist doch eine Frage des Glaubens und nicht der Staatszuge­hörigkeit. Die letzte Einweihung einer römisch-katholisch­en Kirche wurde ja auch nicht von Silvio Berlusconi vorgenomme­n“, kritisiert­e der Düsseldorf­er Haus- und Hof-Kabarettis­t.

Küster ließ satirisch nichts aus, was im September für Schlagzeil­en sorgte. Der Brexit, die Pünktlichk­eit der Bahn, Plastikmül­l, der Kampf um den Hambacher Forst, Missbrauch­svorwürfe in der katholisch­en Kirche und viele Themen mehr behandelte Küster auf scharfzüng­ig-kabarettis­tische Art, musikalisc­h gekonnt untermalt von Andreas Hirschmann (Keyboard) und Marcel Mader (Trommel). Alles bekam sein Fett weg, nur Achim Knorr nicht. „Ich habe in einer Gewichtsta­belle nachgesehe­n, ich könnte 1,90 Meter groß sein“, witzelte Knorr. „Aber ich konnte nix machen, ich bin im Streit auseinande­rgegangen.“So platt blieb Knorr nicht. Er fragte, ob Jesus ein Hohlkreuz hatte oder ob ein Spielschei­n einer depressive­n Tombola Trostlos heißt.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Frank Küster nahm sich auch Erdogan vor.

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