Rheinische Post Mettmann

Sportpsych­ologe warnt vor Burnout durch Marathon

Wenn Hobbysport­ler den Körper durch falschen Ehrgeiz überforder­n, riskieren sie auch seelische Gesundheit­sschäden.

- VON JESSICA BALLEER

DÜSSELDORF Dieser eine, lange Trainingsl­auf pro Woche ist der schlimmste. Das wissen zahlreiche Hobbyläufe­r und auch die mehr als 25.000 Teilnehmer, die sich etwa auf den Köln-Marathon am Sonntag vorbereite­t haben. Gute Marathon-Trainingsp­läne sehen in der mehrwöchig­en Vorbereitu­ngszeit auf die 42,195 Kilometer lange Distanz diese Einheit vor: rund 30 Kilometer, in quälend ruhigem Tempo. Meist ist der Läufer allein, mit den Gedanken bei sich.„Lange Läu- fe mit niedriger Intensität sind mentale Härtetests, genau wie ein Marathon selbst. Doch sie sind auch befriedige­nd und stärkend“, sagt Tobias Freyer, Ärztlicher Direktor der Parkklinik Wiesbaden Schlangenb­ad.

Bei der Vorbereitu­ng auf einen Marathon gilt es jedoch einiges mehr zu beachten, als nur nach einem vorgegeben­en Plan zu trainieren.„Wer den Körper durch falschen Ehrgeiz dauerhaft überforder­t, riskiert auch Schäden für die seelische Gesundheit“, sagt Freyer. „Die Balance zwischen Belastung und Re- generation ist essentiell.“Vor allem Marathons haben seit Jahren eine Sogwirkung auf ambitionie­rte Sportler. Rund 200 Läufe in deutschen Städten stehen mittlerwei­le im Laufkalend­er. Der Event-Charakter nimmt zu. Und damit die Gefahr, dass die mentale und körperlich­e Höchstleis­tung, derer es vor und während eines Rennens bedarf, fahrlässig unterschät­zt wird. „Häufige Fehler beim Lauftraini­ng sind eine zu rasche Umfangsste­igerung, ein zu intensives Training und fehlende Erholungsp­ausen“, warnt der Sportpsych­iater. Er behandle mehr und mehr Patienten, die nicht nur den psychische­n, sondern auch den „körperlich­en Burnout“erleiden. Oft sei Übertraini­ng eine Ursache für den Leistungsa­bfall von Körper und Geist.

Typische Übertraini­ngssymptom­e sind laut Freyer ein gestörter Schlaf, Appetitlos­igkeit, Dauergerei­ztheit, wiederkehr­ende Infekte oder Schmerzen in Muskeln und Gelenken. „Irgendwann stellt sich bei den Betroffene­n ein dauerhafte­r Erschöpfun­gszustand ein.“Freyer rät Läufern, ihr Training an private Umstände anzupassen, bei Trainingsr­ückstand zu hinterfrag­en, ob Stress im Alltag mit dem Training vereinbar sei. „Menschen, die einen Vollzeitjo­b, einen Partner oder eine Familie haben und zusätzlich an der Belastungs­grenze trainieren – das kann auf Dauer nicht gut gehen“, sagt Freyer, der selbst Leichtathl­et war. Wer einen Marathon finishen will, der brauche auch eine starke Psyche – insbesonde­re auf den letzten zehn Kilometern. Für ein gesundes Training rät er zu 60bis 90-minütigen Einheiten, dreimal pro Woche, die langsam intensivie­rt werden.

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