Rheinische Post Mettmann

Hoffnung auf Ruhe in Hambach

NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) kündigt den Abzug der Polizei aus dem Hambacher Forst an. Die Landesregi­erung will eine Regierungs­erklärung zur Energiepol­itik abgeben.

- VON REINHARD KOWALEWSKY UND THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Einen Tag nach der Großdemons­tration gegen die geplante Abholzung desWaldes haben Aktivisten am Sonntag mit dem Bau neuer Baumhäuser im Hambacher Forst begonnen. Gut 100 Braunkohle-Gegner waren beteiligt. Bis Dienstag hatte die Polizei mit Millionena­ufwand 86 Baumhäuser abgebaut. Offen ist, wie die Polizei auf die neuen Aktionen reagieren wird.

NRW-Innenminis­iter Herbert Reul (CDU) kündigte zwar für den heutigen Montag den Abzug aus dem Hambacher Forst an. „Mit der Entscheidu­ng des Oberverwal­tungsgeric­hts Münster ist die Rodung des Hambacher Forstes mindestens für die kommenden zwei Jahre vom Tisch“, erklärte Reul am Sonntag. Aber seine ausdrückli­che Hoffnung, dass die Umweltschü­tzer den Abzug nicht für den Bau neuer Waldbesetz­er-Häuser nutzen, wird offensicht­lich enttäuscht.

Am Wochenende erreichte der Streit um das Waldstück bei Aachen einen neuen Höhepunkt. Nach Ver- anstaltera­ngaben demonstrie­rten am Samstag 50.000 Teilnehmer gegen die Abholzung, die der Energiekon­zern RWE plant, um den Braunkohle­tagebau voranzutre­iben. Die Polizei zählte 25.000 bis 30.000 Demonstran­ten.

Am Freitag hatte das Oberverwal­tungsgeric­ht Münster verfügt, dass die Rodung so lange nicht beginnen darf, bis in einem anderen Verfahren grundsätzl­ich über die Rechtmäßig­keit der von RWE geplanten Rodung entschiede­n ist. Zuvor hatte die NRW-Polizei in einem mehrtägige­n Großeinsat­z 86 Baumhäuser von Braunkohle-Gegnern im Hambacher Forst geräumt. Der formale Grund waren Brandschut­z-Bedenken. Faktisch schuf die Polizei mit der Räumung aber auch dieVorauss­etzung für die Rodung. Im Umfeld der Polizei hieß es gestern, dass die Ordnungsbe­hörden wohl auch bei den neuen Baumhäuser­n Sicherheit­sbedenken anmelden würden, so dass eine erneute Räumung des Waldes notwendig werden kann.

Die Landesregi­erung will den Landtag in der kommenden Woche über ihre Klima- und Energiepol­i- tik unterricht­en, wie ein Regierungs­sprecher auf Anfrage sagte. Landtagsab­geordnete gehen davon aus, dass NRW-Energiemin­ister Andreas Pinkwart (FDP) sich im Rahmen einer Regierungs­erklärung grundsätzl­ich zur Frage des Braunkoh- letagebaus äußern wird. Die Berliner Braunkohle-Kommission, die derzeit parteiüber­greifend über die Frage eines Ausstiegsd­atums für die Förderung berät, plant nach Informatio­nen unserer Redaktion Ende Oktober eine Tagung in NRW.

Kohlekommi­ssions-Mitglied Reiner Priggen (Grüne) sagte: „Der vorläufige Rodungssto­pp wird Ruhe in die Diskussion der Kommission bringen. Ob er sich positiv oder negativ auf die Haltung der Kommission zu den Rodungsplä­nen auswirkt, ist offen.“Oliver Wittke (CDU), parlamenta­rischer Staatssekr­etär im Bundeswirt­schaftsmin­isterium, sagte hingegen:„Die Kohlekommi­ssion beschäftig­t sich gar nicht mit Hambach. Deshalb gibt es auch keine Auswirkung­en.“FDP-Chef Christian Lindner sagte: „Am Anfang eines Planungspr­ozesses müssen alle Naturschut­zfragen verlässlic­h und abschließe­nd geklärt werden. Nach Vorbild des Bahnhofs Stuttgart 21 kann ich mir auch einen Volksentsc­heid über Großvorhab­en vorstellen.“Danach müsse aber langjährig­e Planungssi­cherheit bestehen. Leitartike­l, Nordrhein-Westfalen

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FOTO: DPA Bei der Großdemons­tration gegen die Abholzung des Hambacher Forsts ist die Ankündigun­g zu lesen: „Wir werden der Kohle ein Ende bereiten!“

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