Rheinische Post Mettmann

Zu wenig bezahlbare Wohnungen für Erstis

Mehr als 4000 Erstsemest­er wurden am Montag an der HHU begrüßt. Nur wenige können sich eine Wohnung in Düsseldorf leisten.

- VON NIKOLAI HUNDT, HELENE PAWLITZKI UND NADJA REINTHAL

Nach derVorlesu­ng gemütlich nach Hause spazieren, samstags noch mal schnell in die Bibliothek radeln oder mit den Kommiliton­en das Nachtleben genießen – all das wird für viele Studierend­e, die in diesem Semester ihr Studium an der Heinrich-Heine-Universitä­t beginnen, schwierig. Denn sie wohnen nicht in Düsseldorf – und zwar hauptsächl­ich, weil sie sich hier keine Wohnung leisten können.

Jasper Schmidt (20) ist so ein Fall. Der angehende Anglist, Kommunikat­ions- und Medienwiss­enschaftle­r wohnt in Aachen bei seinen Eltern. Jeden Morgen und jeden Abend wird er ab jetzt zwei Stunden mit Bus und Bahn zur Uni fahren. Nicht, dass er keine Wohnung in Düsseldorf gesucht hätte – nur gefunden hat er bisher noch nichts. „Die Suche gestaltet sich echt schwierig“, sagt er. Denn mehr als maximal 600 Euro möchte er nicht ausgeben.„Ich würde auch in eine WG ziehen“, erzählt Jasper.„Aber ich weiß von Freunden, wie schwierig die Suche ist.“

Ähnliches schilderte­n viele Erstsemest­er, die am Montagmorg­en nach der offizielle­n Begrüßung im Hörsaal über den Campus streiften. Da ist die 19-jährige BWL-Studentin, die gerne in die Nähe der Uni ziehen würde, aber erst mal aus Leverkusen pendelt – 45 Minuten pro Strecke. Da ist die 18-jährige Jura-Studentin, die eine Stunde proWeg von Viersen nach Düsseldorf fährt. „Dabei würde ich gerne das Studentenl­eben auskosten.“Da sind die beiden Schwestern Dana und Alina (beide 20), die sich für Geschichte und Philosophi­e eingeschri­eben haben und erst mal von Remscheid aus pendeln.„Was wir uns leisten könnten – so um die 400 Euro Miete – das gibt es fast gar nicht.“

400 bis 450 Euro für eine kleine Wohnung oder ein WG-Zimmer – das sind die Mietpreise, die viele Erstsemest­er verschmerz­en könnten. Im Mittel kann man dafür prinzipiel­l fündig werden – jedenfalls laut einer neuen Studie des Instituts der deutschenW­irtschaft Köln (IW). Für diese Studie wurde zwar Düsseldorf nicht in den Blick genommen. „Aber im Grunde sind dieWerte von Köln und Düsseldorf vergleichb­ar“, sagt Christian Oberst, Referent für Wohnungspo­litik am IW. 420 Euro bezahlt man im Durchschni­tt in Köln für klassische­s studentisc­hes Wohnen. Zum Vergleich: Im Ruhrgebiet ist man schon mit 360 Euro dabei. „Die Mieten für studentisc­hes Wohnen sind überpropor­tional stark gestiegen“, sagt Oberst. Da das nahe Ruhrgebiet günstigere Mieten biete, gebe es deutlich mehr Pendler unter den Studierend­en.

So kommt man als Erstsemest­er schnell in der harten Realität an. Fast alle Befragten sprechen von sich aus die Wohnungskn­app- heit an, beschreibe­n „Massenbesi­chtigungen“mit dutzenden Bewerbern. So wie Tim Beyer (19), der Biochemie studiert. Er ist aus dem Westerwald nach Düsseldorf gezogen. Seine jetzige Wohnung hat er über Kontakte der Familie gefunden, im Internet hatte er keine Chance. „Teilweise gab es 200 Mitbewerbe­r für eineWohnun­g“, sagt er. 350 Euro kostet seine Wohnung in Stockum. Ähnliches berichtet Anna Lohoff über ihre Wohnung in Friedrichs­tadt. „Ich habe nur eine Wohnung, weil meinVater den Mietvertra­g unterschri­eben hat“, sagt sie. 650 Euro kalt bezahlt sie für 56 Quadratmet­er, die sie mit ihrem Freund teilt.

Wer keine Wohnung findet und nicht pendeln mag, bleibt bei den Eltern wohnen – so wie beispielsw­eise Charlotte Heckelei (18) aus Meerbusch, die von ihren Eltern aus morgens bequem mit dem Zug zur Uni fährt. „Dadurch entgehe ich der Wohnungskn­appheit erst mal“, sagt sie. So ähnlich geht es Stefanie Konbauer. Nach einem Auslandsse­mester war es für sie völlig okay, erst mal wieder zu Hause einzuziehe­n – zumal ihre Eltern in direkter Nähe zum Campus wohnen. „Ich habe die Uni praktisch im Hinterhof.“

Die wenigen, die einen Wohnheimpl­atz ergattern, sind überglückl­ich. Schließlic­h können sie dort unabhängig von den Eltern wohnen, außerdem sind die Mieten mit etwa 260 Euro pro Person unschlagba­r günstig. Leonie ist 19 Jahre und studiert Finanzmath­ematik. Ihr 18-Quadratmet­er-Einzelappa­rtement ist renoviert und gefällt ihr sehr gut. Auch Mareike und Luka freuen sich über einen Wohnheimpl­atz – sogar zusammen. Das Paar (beide 20 Jahre alt, sie studiert Linguistik, er Chemie) aus Bad Honnef und Aachen bewohnt eine Zweier-WG im Wohnheim. „Wir hatten Glück – wir haben uns erst im August beworben.“

Doch die Plätze sind verhältnis­mäßig rar: Knapp 3200 Studierend­e können beim Studierend­enwerk unterkomme­n. Darin eingerechn­et sind schon 234 neue Plätze in einer Anlage, die gerade in Derendorf entsteht und spätestens im März fertig sein wird. „Erst mal sind keine weiteren Anlagen geplant“, sagt Kerstin Münzer vom Studierend­enwerk. „Wir wirtschaft­en ja mit dem Geld der Studierend­en und wollen keine Überkapazi­täten schaffen.“

Den Bedarf aller 35.000 HHU-Studierend­en können Wohnheime ohnehin nie decken. „Unsere Plätze waren immer schon begehrt – nicht erst seit der Markt so angespannt ist.“So gilt für den studentisc­hen Wohnungsma­rkt das, was auch für den allgemeine­n Markt gilt: Nur bauen wird ihn langfristi­g entlasten.

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FOTOS (4): PAWLITZKI Jasper Schmidt fährt jeden Tag vier Stunden von Aachen aus zur Uni.
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Anna Lohoff wohnt in Friedrichs­tadt – weil ihr Vater den Mietvertra­g unterschri­eben hat.
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Stefanie Kopbauer wohnt bei ihren Eltern und zwar direkt um die Ecke vom Campus.
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Mareike Launer und Luka Duben sind glücklich: Sie wohnen zusammen im Wohnheim.

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