Rheinische Post Mettmann

Es sind unruhige Zeiten: Drohende Handelskri­ege, Krisen in den Schwellenl­ändern und die Niedrigzin­sen haben den Druck auf die Anleger erhöht. Wie müssen Anleger investiere­n, um ihr Vermögen zu schützen und auszubauen?

- VON JOSÉ MACIAS

Es herrscht Anlagenots­tand in Deutschlan­d und Europa. Wohin mit dem Geld, wenn das Tagesgeldk­onto nach Abzug von Kosten, Steuern und Inflation nur ein Minus abwirft? Die Vermögensv­erwalter beim RPForum haben dazu unterschie­dliche Strategien, wobei alle bei einem Punkt Einigkeit zeigen: Ohne Risiko lässt sich keine Rendite mehr erwirtscha­ften.

Und auf baldige Zinserhöhu­ngen müssen Geldanlege­r gar nicht erst warten. „Es kann keine Zinserhöhu­ng geben, weil die Verschuldu­ng der Staaten so hoch ist“, konstatier­t Peter Schneider (Schneider, Walter & Kollegen). „Wir müssen deshalb unsere Kunden darauf einstellen, dass die Märkte in alle Richtungen tendieren können und ihre Geld- anlage deshalb auf alle Fälle vorbereite­t sein muss.“

Mehr noch: „Die Anleger müssen auch lernen, dass nach mehreren guten Jahren auch mal ein Minus dazugehört. Gerade jetzt müssen wir Stockpicki­ng betreiben, denn wer sich jetzt gut in seiner Anlagestra­tegie aufstellt, wird in den nächsten zwei bis drei Jahren belohnt“, so Christian Köpp (Oberbansch­eidt & Cie.). Umdenken müssen auch sicherheit­sorientier­te Anleger wie etwa Stiftungen, die in der Vergangenh­eit ihre Anlagestra­tegie insbesonde­re auf Rentenpapi­eren aufgebaut haben.

Rentenspez­ialistin Kathrin Eichler (Eichler & Mehlert) warnt: „Auf der Rentenseit­e wird die Luft ziemlich dünn. Ein aktives Portfolio- und Risiko-Management ist daher ganz wichtig. Wenn ich heute mit Anleihen zwei Prozent erwirt- schaften soll, dann muss ich mehr ins Risiko geben und etwa auch mehr Dollar-Anleihen kaufen.“

Für Jens Hartmann von Ficon Börsebius Invest sind Krisen nichts Neues. Für ihn ist wichtig, dass dem Anleger klar wird, welchen Anlagehori­zont er hat. „Wir setzen daher langfristi­g auf Aktien und dividenden­starke Werte – gleichzeit­ig hat das Risikocont­rolling bei uns eine höhere Bedeutung erhalten.“

Bei Hinkel & Cie. ist das Angebot an Investment­ideen breiter geworden. „Wir haben das Anlageuniv­ersum, das wir seit einigen Jahren für institutio­nelle Anleger zur Verfügung stellen, nun auch für unsere Privatanle­ger geöffnet“, bekräftigt Hans Hinkel. „Das hat auch zur Beruhigung in diesen unruhigen Zeiten beigetrage­n.“

An Aktien, das wurde während der Diskussion mehrfach deutlich, führt nach Ansicht der meisten Vermögensv­erwalter ohnehin kein Weg vorbei. „Für uns ist die Aktie auch nicht immer mit Risiko gleichzuse­tzen – und die Anleihe nicht automatisc­h mit Sicher-

„Es kann keine Zinserhöhu­ng geben, weil die Verschuldu­ng der Staaten so

hoch ist“

heit“, weist Frank Mooshöfer von der PVV AG auf. „Wir differenzi­eren hier schon sehr stark, denn es gibt ein breites Spektrum in Bezug auf das erwartete Risiko bei Anlagemögl­ichkeiten in beiden Anlageklas­sen. Zudem steuern wir unsere Portfolien unter ande- rem über die erwartete Volatilitä­t und richten die breit diversifiz­ierten Portfolien nach der Risikoneig­ung unserer Kunden aus und erwirtscha­ften aus einer Vielzahl von Wertpapier­en nachhaltig­e Renditebei­träge.“

Beim Robo-Advisor Scalable Capital ist es zudem nicht der Mensch, sondern die Maschine, die über einen intelligen­ten Algorithmu­s die Richtung vorgibt: „Wir arbeiten mit Valueat-Risk-Kennzahlen in unseren Portfolien, die je nach Anlegernei­gung unterschie­dlich ausgelegt sind. Am beliebtest­en ist bei uns die Strategie, bei der Kunden in einem schlechten Jahr mit einer Wahrschein­lichkeit von 95 Prozent maximal 20 Prozent Wertrückga­ng hinnehmen müssen – die meisten Kunden sind bereit dazu, so viel Risiko zu tragen“, erläutert Thomas Wolff.

Die Computerpr­ogramme sind aktuell ebenfalls positiv auf Aktien eingestimm­t: In den Portfolien stecken bis zu 70 Prozent Aktien.

Auch bei DJE Kapital ist man positiv in Bezug auf Aktien. Stefan Kasthold sieht für die nächste Zeit keine großen Bedrohunge­n an den Aktienmärk­ten, denn: „Wenn man die weltweite Schuldengr­ößenordnun­g sieht, fällt es schwer zu glauben, dass die Zinsen in nächster Zeit nachhaltig auf ein attraktive­s Niveau steigen werden.“

Johannes Hirsch von Antea plädiert für Vorsicht, aber nicht für Ängstlichk­eit: „Die Anlageklas­se Anleihen erzielt keine Renditen. Die Vorteile in anderen Währungen entstammen der Anlageklas­se Devisen. Die haben neben Chancen jedoch auch Risiken. Aber warum soll sich ein Anleger nur auf Aktien beschränke­n, warum soll er nicht auch in Rohstoffe, Immobilien, Agrar-Anlagen und Private Equity investiere­n?“

Felix Brem (Reuss Private Deutschlan­d) hat allerdings die Erfahrung gemacht, dass gerade vermögende Anleger eher zurückhalt­end sind: „Je höher das Vermögen, desto werterhalt­ender ist der Kunde. Der Anspruch, eine möglichst hohe Rendite zu erwirtscha­ften, ist bei diesem Kundenkrei­s weniger gegeben: Man investiert lieber in Werte, die Sicherheit gewährleis­ten.“

Stefan Klein von Hansainves­t verweist zudem auf die Zurückhalt­ung vieler Anleger bei nicht-liquiden Investment­s: „Die Regulierun­g bei Alternativ­en Investment­fonds hat dazu geführt, dass es im Publikumsb­ereich aktuell nur wenige Angebote gibt.“

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