Drei Freisprüche im Kölner Stadtarchiv-Prozess
KÖLN (hsr) Das Kölner Landgericht hat nach einem sehr aufwändigen und zeitintensiven Prozess um den Einsturz des Kölner Stadtarchivs das Urteil verkündet: Ein Bauüberwacher der Kölner-Verkehrsbetriebe (KVB) wurde zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Die drei anderen Angeklagten – zwei Bauleiter von Baufirmen und eine KVB-Mitarbeiterin – wurden freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte für drei der vier Angeklagten Bewährungsstrafen gefordert.
Der Vorsitzende Richter Michael Greve sagt: „Wir wollten die Einsturzursache klären – das ist uns gelungen.“Das Gebäude sei wegen eines gravierenden Fehlers beim Bau einer Schlitzwand eingestürzt. „Andere Ursachen sind ausgeschlossen.“Es sei ein Wunder, „dass nicht mehr Menschen ihr Leben verloren haben oder erheblich verletzt wurden“.
Der verurteilte Bauüberwacher hat nach Überzeugung des Gerichts seine Aufsichtspflichten an der Baustelle vernachlässigt. Letztlich habe jedoch eine „Verkettung unglücklicher Umstände“zum Unglück am Waidmarkt geführt. Greve lobt die „akribische Arbeit“sämtlicher Sachverständigen im Verfahren, die in den vergangenen neun Jahren viele Methoden angewandt hätten, die gerade erst entwickelt worden seien. Am Nachmittag teilten die KVB mit, dass der verurteilte Mitarbeiter angekündigt hat, gegen das Urteil Revision einzulegen.
Besonders angespannt nahmen der 18-jährige Marvin und sein Vater das Urteil auf. Marvins Halbbruder Kevin K. starb beim Einsturz. Der Bäckerlehrling war 17 Jahre alt. Auch der 24 Jahre alte Khalil G. kam ums Leben. Nach der Urteilsverkündung sagte Marvin: „Ich muss das erst einmal verdauen.“Für seinen Vater sind die Freisprüche „wie ein Schlag ins Gesicht“. Es fühle sich an, als habe das Gericht einen Einzigen herausgepickt, der jetzt für alles verantwortlich sein soll. Rechtsanwalt Bernhard Scholz hat die beiden vertreten. Er sagt: „Wir sind aber zufrieden, dass die Aufarbeitung nach so vielen Jahren ein Ende hat.“