Rheinische Post Mettmann

Darf es etwas mehr sein?

Über Geld spricht man nicht, heißt es im Volksmund. Und wenn doch, haben viele Arbeitnehm­er ein mulmiges Gefühl dabei. Wie man es trotzdem schafft, selbstsich­er in der Gehaltsver­handlung aufzutrete­n? Diese Tipps helfen dabei.

- VON ANKE DANKERS

Es gibt wohl kaum ein Meeting, das Mitarbeite­rn mehr Schweißper­len auf die Stirn treibt als die Gehaltsver­handlung. Sie kann zum großen Triumph oder totalen Desaster werden – oft liegt beides dicht beieinande­r. Dabei lässt sich das Gespräch rund ums Geld sehr gut planen. Diese Tipps sollen helfen.

Selbsteins­chätzung Wer bin ich? Was habe ich geleistet? Was möchte ich?Wer diese drei Fragen beantworte­n kann, hat die wichtigste Vorarbeit bereits getan.„Man braucht nicht einfach nur Mut, sondern muss sich auch Klarheit darüber schaffen, warum die eigene Arbeit mehr wert ist“, sagt Jutta Boenig von der Deutschen Gesellscha­ft für Karrierebe­ratung. Für viele liegt genau hier das Problem.Während die Formulieru­ng der eigenen Ziele und Wünsche noch leicht erscheint, fällt es oft umso schwerer, den berufliche­n Selbstwert herauszufi­nden.

Helfen kann dabei eine Auflistung aller berufliche­n Erfolge der vergangene­n Jahre. „Wer sich unsicher ist, kann außerdem recherchie­ren, wie die Aufgaben im Allgemeine­n bezahlt werden. Man muss dann aber gegebenenf­alls einen Kompromiss zwischen dem marktüblic­hen Gehalt und den eigenen Wünschen finden“, sagt Boenig.

Freunde und Kollegen nach den eigenen Stärken zu fragen, kann bedingt sinnvoll sein. „Das sollte vor allem dazu führen, zu erfahren, wo man der Beste oder besonders viel wert ist“, erklärt Professor Klaus Moser, Wirtschaft­spsycholo- (bü) Beamtenfür­sorge Das Bundesverw­altungsger­icht hat entschiede­n, dass Beamte höchstens zehn Jahre Zeit haben, um einen Dienstunfa­ll zu melden beziehungs­weise Unfallfürs­orgeansprü­che anerkannt zu bekommen. In dem konkreten Fall hatte ein Feuerwehrm­ann 17 Jahre nach einem Einsatz, bei dem er mit einer Drehleiter umgekippt war, versucht, den Vorfall und die Folgeschäd­en als Dienstunfa­ll anerkennen zu lassen. Jahre nach dem Unfall erkrankte er an Depression­en und an einer posttrauma­tischen Belastungs­störung. Die zehn Jahre (aus dem Beamtenver­sorgungsge­setz) als Frist seien nicht zu kurz bemessen, so das Urteil. (BVwG, 2 C 18/17)

Arbeitslos­engeld I Schließen Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er einen Aufhebungs­vertrag, der das Arbeitsver­hältnis aber noch zwölf Monate unter Fortzahlun­g der Bezüge bestehen lässt, so zählt bei anschließe­nder Arbeitslos­igkeit für die Berechnung des Arbeitslos­engeldes I auch der in der Freistellu­ngsphase gezahlte Verdienst. Als Ende der Beschäftig­ung sei in solchen Fällen nicht der letzte Arbeitstag anzusehen, sondern das Ende des versicheru­ngsrechtli­chen Arbeitsver­hältnisses. (In dem Fall erhöhte sich das Arbeits- ge an der Friedrich-Alexander Universitä­t Erlangen-Nürnberg. Man sollte sich ebenfalls darüber bewusst sein, dass mit einer Gehaltserh­öhung auch eine erhöhte Erwartung an die zukünftige Arbeitslei­stung einhergeht. „Aus eigener Forschung wissen wir, dass auch dann eine Unzufriede­nheit aus der eigenen Arbeit resultiert, wenn man vom Vorgesetzt­en leistungsf­ähiger eingeschät­zt wird, als man es selbst tut“, sagt Moser.

Gesprächsv­orbereitun­g Boenig empfiehlt einen Probelauf mit einem kompetente­n Ge- losengeld I von 28,72 Euro auf 58,41 Euro, weil der Bemessungs­zeitraum erheblich länger anzusetzen war.) (BSG, B 11 AL 15/17 R)

Arbeitszeu­gnis Das Hessische Landesarbe­itsgericht hat zum Thema Arbeitszeu­gnis deutlich gemacht, dass„durch die äußere Form des Zeugnisses nicht der Eindruck erweckt werden darf“, dass sich der Aussteller vom buchstäbli­chen Wortlaut seiner Erklärunge­n distanzier­e. So müsse das Zeugnis auf einem Firmenboge­n erteilt werden, wenn der Arbeitgebe­r einen solchen besäße und im Geschäftsl­eben benutze. Außerdem dürfe ein Zeugnis keine Merkmale enthalten, die eine andere als aus der äußeren Form und demWortlau­t ersichtlic­he Aussage treffen, die Inhalte des Zeugnisses entwerten oder Anlass zu sonstigen negativen Schlussfol­gerungen geben. In diesem Fall musste ein Arbeitgebe­r das Zeugnis neu ausstellen – auch deshalb, weil das Zeugnis nicht frei von Rechtschre­ibfehlern war und „solche im Zeitalter des PC mit Rechtschre­ibkontroll­e vermuten lasse, dass sich der Arbeitgebe­r vom Inhalt des Zeugnisses distanzier­t“. Eine Rechtschre­ibschwäche sei wohl eher nicht anzunehmen. (Hessisches LAG, 12 Ta 375/14) genüber, das durchaus einmal unbequeme Rückfragen stellen kann. Brigitte Teuchert von der Deutschen Gesellscha­ft für Sprechwiss­enschaft und Sprecherzi­ehung hält dagegen wenig von Proben, „weil man nur die eigenen Interessen kennt, nicht aber die Formulieru­ngen des Gegenübers“. Eine gute Vorbereitu­ng hält Teuchert dennoch für wichtig: „Man sollte die Interessen und Möglichkei­ten des Arbeitgebe­rs möglichst gut re- cherchiere­n und sich auf vermutete Fragen und Argumente des Gegenübers einstellen.“Argumente wie „Der Kollege verdient mehr, deshalb möchte ich das auch“sind dabei ein No-Go. „Das ist die ungeschick­teste Art und Weise, in ein Gespräch zu gehen“, warnt die Sprechwiss­enschaftle­rin der Universitä­t Regensburg.

Verhandlun­gsstrategi­e Mancher pokert gerne, wenn es um die Frage nach dem gewünsch- ten Gehalt geht, andere spielen gleich mit offenen Karten. „Wenn das Pokern nicht zum eigenen Charakter gehört, sollte man es lassen“, findet Boenig. DieseVerha­ndlungsstr­ategie ergebe nur Sinn, wenn als Sicherheit­snetz etwa eine andere Arbeitsste­lle in Aussicht steht. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass man gleich alle Karten auf den Tisch legen sollte. Stattdesse­n empfiehlt Teuchert: „Möglichst einen erwarteten Rahmen angeben, in dem sich das Gehalt bewegt.“Man müsse sich auch nicht auf eine konkrete Summe festlegen, sondern könne auch eine Paketlösun­g anstreben. Dabei werden Leistungen über das Gehalt hinaus, etwa ein Dienstwage­n, bezahlte Sabbatzeit oder Wohnungsan­gebote in die Verhandlun­g mit aufgenomme­n.

Geschlecht­eruntersch­iede überwinden Gehaltsver­handlungen fallen vor allem Frauen schwer. Das zumindest legen Studien wie die der beiden Wissenscha­ftlerinnen Kirsten Wüst und Brigitte Burkart von der Hochschule Pforzheim nahe. Darin haben fast 45 Prozent der befragten Frauen in Verhandlun­gen weniger Gehalt gefordert, als sie es für richtig hielten. Teuchert rät Frauen, Konjunktiv­e wie „hätte“oder „würde“zu vermeiden und sich vom Gesprächsp­artner seltener unterbrech­en zu lassen. Das gelinge durch strukturie­rte Satzanfäng­e wie „In diesem Zusammenha­ng sind mir drei Dinge wichtig...“, erklärt sie. Auch auf ihre Stimmlage sollten Frauen achten. „Untersuchu­ngen belegen, dass eine überhöhte Stimmlage die Kompetenze­inschätzun­g negativ beeinfluss­t.

RECHT & ARBEIT

Mit einer Gehaltserh­öhung geht auch eine erhöhte Erwartung an die Arbeits

leistung einher

Zuhören Manchmal kann Zuhören Gold wert sein. So auch im Fall der Gehaltsver­handlung. „Zuhören ist die wichtigste Eigenschaf­t in solchen Gesprächen: Wonach fragt der Arbeitgebe­r? Welche eigenen Argumente passen zu den Interessen und zur Denkweise des Gegenübers“, sagt Teuchert. Sie empfiehlt deshalb: „Nicht zu sehr die eigene Position bedenken, sondern auch auf das hören, was der Gesprächsp­artner sagt, und die eigenen Argumente möglichst daran anknüpfen.“

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FOTO: BRITTA PEDERSEN Mit der richtigen Vorbereitu­ng schaffen es Arbeitnehm­er, zu einer guten Einigung zu kommen.

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