Darf es etwas mehr sein?
Über Geld spricht man nicht, heißt es im Volksmund. Und wenn doch, haben viele Arbeitnehmer ein mulmiges Gefühl dabei. Wie man es trotzdem schafft, selbstsicher in der Gehaltsverhandlung aufzutreten? Diese Tipps helfen dabei.
Es gibt wohl kaum ein Meeting, das Mitarbeitern mehr Schweißperlen auf die Stirn treibt als die Gehaltsverhandlung. Sie kann zum großen Triumph oder totalen Desaster werden – oft liegt beides dicht beieinander. Dabei lässt sich das Gespräch rund ums Geld sehr gut planen. Diese Tipps sollen helfen.
Selbsteinschätzung Wer bin ich? Was habe ich geleistet? Was möchte ich?Wer diese drei Fragen beantworten kann, hat die wichtigste Vorarbeit bereits getan.„Man braucht nicht einfach nur Mut, sondern muss sich auch Klarheit darüber schaffen, warum die eigene Arbeit mehr wert ist“, sagt Jutta Boenig von der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung. Für viele liegt genau hier das Problem.Während die Formulierung der eigenen Ziele und Wünsche noch leicht erscheint, fällt es oft umso schwerer, den beruflichen Selbstwert herauszufinden.
Helfen kann dabei eine Auflistung aller beruflichen Erfolge der vergangenen Jahre. „Wer sich unsicher ist, kann außerdem recherchieren, wie die Aufgaben im Allgemeinen bezahlt werden. Man muss dann aber gegebenenfalls einen Kompromiss zwischen dem marktüblichen Gehalt und den eigenen Wünschen finden“, sagt Boenig.
Freunde und Kollegen nach den eigenen Stärken zu fragen, kann bedingt sinnvoll sein. „Das sollte vor allem dazu führen, zu erfahren, wo man der Beste oder besonders viel wert ist“, erklärt Professor Klaus Moser, Wirtschaftspsycholo- (bü) Beamtenfürsorge Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass Beamte höchstens zehn Jahre Zeit haben, um einen Dienstunfall zu melden beziehungsweise Unfallfürsorgeansprüche anerkannt zu bekommen. In dem konkreten Fall hatte ein Feuerwehrmann 17 Jahre nach einem Einsatz, bei dem er mit einer Drehleiter umgekippt war, versucht, den Vorfall und die Folgeschäden als Dienstunfall anerkennen zu lassen. Jahre nach dem Unfall erkrankte er an Depressionen und an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Die zehn Jahre (aus dem Beamtenversorgungsgesetz) als Frist seien nicht zu kurz bemessen, so das Urteil. (BVwG, 2 C 18/17)
Arbeitslosengeld I Schließen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag, der das Arbeitsverhältnis aber noch zwölf Monate unter Fortzahlung der Bezüge bestehen lässt, so zählt bei anschließender Arbeitslosigkeit für die Berechnung des Arbeitslosengeldes I auch der in der Freistellungsphase gezahlte Verdienst. Als Ende der Beschäftigung sei in solchen Fällen nicht der letzte Arbeitstag anzusehen, sondern das Ende des versicherungsrechtlichen Arbeitsverhältnisses. (In dem Fall erhöhte sich das Arbeits- ge an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg. Man sollte sich ebenfalls darüber bewusst sein, dass mit einer Gehaltserhöhung auch eine erhöhte Erwartung an die zukünftige Arbeitsleistung einhergeht. „Aus eigener Forschung wissen wir, dass auch dann eine Unzufriedenheit aus der eigenen Arbeit resultiert, wenn man vom Vorgesetzten leistungsfähiger eingeschätzt wird, als man es selbst tut“, sagt Moser.
Gesprächsvorbereitung Boenig empfiehlt einen Probelauf mit einem kompetenten Ge- losengeld I von 28,72 Euro auf 58,41 Euro, weil der Bemessungszeitraum erheblich länger anzusetzen war.) (BSG, B 11 AL 15/17 R)
Arbeitszeugnis Das Hessische Landesarbeitsgericht hat zum Thema Arbeitszeugnis deutlich gemacht, dass„durch die äußere Form des Zeugnisses nicht der Eindruck erweckt werden darf“, dass sich der Aussteller vom buchstäblichen Wortlaut seiner Erklärungen distanziere. So müsse das Zeugnis auf einem Firmenbogen erteilt werden, wenn der Arbeitgeber einen solchen besäße und im Geschäftsleben benutze. Außerdem dürfe ein Zeugnis keine Merkmale enthalten, die eine andere als aus der äußeren Form und demWortlaut ersichtliche Aussage treffen, die Inhalte des Zeugnisses entwerten oder Anlass zu sonstigen negativen Schlussfolgerungen geben. In diesem Fall musste ein Arbeitgeber das Zeugnis neu ausstellen – auch deshalb, weil das Zeugnis nicht frei von Rechtschreibfehlern war und „solche im Zeitalter des PC mit Rechtschreibkontrolle vermuten lasse, dass sich der Arbeitgeber vom Inhalt des Zeugnisses distanziert“. Eine Rechtschreibschwäche sei wohl eher nicht anzunehmen. (Hessisches LAG, 12 Ta 375/14) genüber, das durchaus einmal unbequeme Rückfragen stellen kann. Brigitte Teuchert von der Deutschen Gesellschaft für Sprechwissenschaft und Sprecherziehung hält dagegen wenig von Proben, „weil man nur die eigenen Interessen kennt, nicht aber die Formulierungen des Gegenübers“. Eine gute Vorbereitung hält Teuchert dennoch für wichtig: „Man sollte die Interessen und Möglichkeiten des Arbeitgebers möglichst gut re- cherchieren und sich auf vermutete Fragen und Argumente des Gegenübers einstellen.“Argumente wie „Der Kollege verdient mehr, deshalb möchte ich das auch“sind dabei ein No-Go. „Das ist die ungeschickteste Art und Weise, in ein Gespräch zu gehen“, warnt die Sprechwissenschaftlerin der Universität Regensburg.
Verhandlungsstrategie Mancher pokert gerne, wenn es um die Frage nach dem gewünsch- ten Gehalt geht, andere spielen gleich mit offenen Karten. „Wenn das Pokern nicht zum eigenen Charakter gehört, sollte man es lassen“, findet Boenig. DieseVerhandlungsstrategie ergebe nur Sinn, wenn als Sicherheitsnetz etwa eine andere Arbeitsstelle in Aussicht steht. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass man gleich alle Karten auf den Tisch legen sollte. Stattdessen empfiehlt Teuchert: „Möglichst einen erwarteten Rahmen angeben, in dem sich das Gehalt bewegt.“Man müsse sich auch nicht auf eine konkrete Summe festlegen, sondern könne auch eine Paketlösung anstreben. Dabei werden Leistungen über das Gehalt hinaus, etwa ein Dienstwagen, bezahlte Sabbatzeit oder Wohnungsangebote in die Verhandlung mit aufgenommen.
Geschlechterunterschiede überwinden Gehaltsverhandlungen fallen vor allem Frauen schwer. Das zumindest legen Studien wie die der beiden Wissenschaftlerinnen Kirsten Wüst und Brigitte Burkart von der Hochschule Pforzheim nahe. Darin haben fast 45 Prozent der befragten Frauen in Verhandlungen weniger Gehalt gefordert, als sie es für richtig hielten. Teuchert rät Frauen, Konjunktive wie „hätte“oder „würde“zu vermeiden und sich vom Gesprächspartner seltener unterbrechen zu lassen. Das gelinge durch strukturierte Satzanfänge wie „In diesem Zusammenhang sind mir drei Dinge wichtig...“, erklärt sie. Auch auf ihre Stimmlage sollten Frauen achten. „Untersuchungen belegen, dass eine überhöhte Stimmlage die Kompetenzeinschätzung negativ beeinflusst.
RECHT & ARBEIT
Mit einer Gehaltserhöhung geht auch eine erhöhte Erwartung an die Arbeits
leistung einher
Zuhören Manchmal kann Zuhören Gold wert sein. So auch im Fall der Gehaltsverhandlung. „Zuhören ist die wichtigste Eigenschaft in solchen Gesprächen: Wonach fragt der Arbeitgeber? Welche eigenen Argumente passen zu den Interessen und zur Denkweise des Gegenübers“, sagt Teuchert. Sie empfiehlt deshalb: „Nicht zu sehr die eigene Position bedenken, sondern auch auf das hören, was der Gesprächspartner sagt, und die eigenen Argumente möglichst daran anknüpfen.“