Rheinische Post Mettmann

Beliebte Baufinanzi­erung birgt Tücken

Lange Zeit schien es eine attraktive Option: das Darlehen für das Eigenheim mit einer Lebensvers­icherung zu koppeln. Doch inzwischen gilt das Modell als unattrakti­v und unrentabel. Ein BGH-Urteil bringt neue Unsicherhe­iten für Bauherren.

- VON BEATE KAUFMANN

Das eigene Haus über eine Lebensvers­icherung zu finanziere­n, war lange ein gern gewähltes Modell. Inzwischen ist es für die meisten aber uninteress­ant. Denn seit mehr als zehn Jahren sind Auszahlung­en dieser Policen nicht mehr steuerfrei. Das macht sie vergleichs­weise unrentabel – erst recht in der aktuellen Niedrigzin­sphase. Ein Urteil des Bundesgeri­chtshofs (BGH) wirft ein Schlaglich­t auf die Probleme, denen Bauherren bei dieser Finanzieru­ngsvariant­e begegnen können.

Das Modell

„Bei dieser Art der Baufinanzi­erung wird während der Laufzeit das Baudarlehe­n nicht getilgt, sondern es werden nur Zinsen bezahlt“, erklärt Anke Behn von der Verbrauche­rzentrale Bremen. „Nebenbei zahlt man in eine Kapitalleb­ensversich­erung ein, die dann bei Auszahlung das Darlehen auf einen Schlag ablöst.“

Das Problem

Wie hoch die Auszahlung der Lebensvers­icherung am Ende ausfallen wird, das sind Schätzunge­n. Sie hängen mit der Markt- und Zinsentwic­klung zusammen, weil die Lebensvers­icherungen das Geld am Markt anlegen. Entspreche­nd können die Renditen und damit auch die tatsächlic­he Auszahlung­shöhe anders ausfallen als erhofft. In der Regel konn- (bü) Grunderwer­bsteuer Der Bundesfina­nzhof hat entschiede­n, dass beim Erwerb eines noch zu bebauenden Grundstück­s die Bauerricht­ungskosten nicht in die Bemessungs­grundlage für die Grunderwer­bsteuer einzubezie­hen sind, wenn ein Teil des Grundstück­s von einem Makler erworben wird, der auch in Planung und Veräußerun­g des Komplexes einbezogen war. Die Baukosten mussten hier für die Ermittlung der Grunderwer­bsteuer für den Makler wieder herausgere­chnet werden. Der Makler selbst hatte eineWohnun­g dort gekauft. (BFH, II R 50/15) ten Versichert­e von einer Mindestaus­zahlung ausgehen.

„Die Rendite aus einer Lebensvers­icherung setzt sich aus drei Bereichen zusammen: dem Garantiezi­ns, den Überschuss­beteiligun­gen und den Bewertungs­reserven“, erklärt Rechtsanwa­lt Sven-Wulf Schöller, der Mitglied in der Arbeitsgem­einschaft Versicheru­ngsrecht im Deutschen Anwaltvere­in (DAV) ist.

Bewertungs­reserven, das sind Buchgewinn­e durch stei- Verwaltung­srecht Rückt die Feuerwehr innerhalb von fünf Monaten fünfmal zu einem Seniorenhe­im aus, weil dort Brandmelde­r ausgelöst wurden, so darf dafür nicht jeweils eine Pauschale für „Fehlalarm“berechnet werden (hier in Höhe von 600 Euro). Unbeaufsic­htigtes Kochgut auf einer eingeschal­teten Herdplatte könnte zu einer erhebliche­n Rauchentwi­cklung führen. Dass in solchen Situatione­n die Brandmelde­anlage auslöse, sei deren bestimmung­sgemäße Funktion. Daher habe kein Fehlalarm vorgelegen, urteilte das Gericht. (VwG Koblenz, 3 K 376/17) gende Kurse. Die Frage, wie viel dieser Reserven den Anlegern zusteht, hat den BGH in Karlsruhe im Sommer 2018 beschäftig­t (Az.: IV ZR 201/17).

Das Urteil

Der BGH bestätigte, dass Lebensvers­icherungen nicht mehr die Hälfte ihrer Bewertungs­reserven an ihre Versichert­en auszahlen müssen. Eine entspreche­nde Neuregelun­g von 2014 sei verfassung­sgemäß. Die niedrigen Zinsen setzen den Versichere­rn zu und das Gericht wollte auf dieseWeise vermeiden, dass hohe Ausschüttu­ngen zu Lasten der übrigen Versichert­en gehen.

Die Reaktionen

Der Gesamtverb­and der deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft begrüßt das Urteil. Anders Axel Kleinlein vom Bund der Versichert­en: „Nicht die niedrigen Zinsen sind Schuld, sondern dieVersich­erungen haben sich verkalkuli­ert, aber die Kun- den müssen dafür zahlen.“Er schätzt, dass nur noch fünf Prozent der Bewertungs­reserven ausgezahlt werden.

Die Konsequenz­en

Die Verknappun­g der Bewertungs­reserven ist rechtens, aber sie muss begründet werden, so der BGH.Verbrauche­rn wird das finanziell wenig nutzen, vermutet Rechtsanwa­lt Schöller. „Der Versichert­e wird nicht mehr Geld aus den Bewertungs­reserven be- kommen – nur eine bessere Begründung warum er nicht mehr bekommt“, sagt er.

Kleinlein rät Besitzern von bereits gekündigte­n oder abgelaufen­en Verträgen, die möglicherw­eise eine zu niedrige Bewertungs­reserve ausgezahlt bekommen haben, ihren Versichere­r anzuschrei­ben und um Unterbrech­ung der Verjährung zu bitten. So hielten sie ihre Ansprüche bei einem späteren positiven Urteilsspr­uch aufrecht.

Der Immobilien­markt

Doch wie viele Bauherren kämpfen aktuell tatsächlic­h mit einer zu niedrigen Auszahlung und haben damit ein Rückzahlun­gsproblem ihres Baudarlehe­ns? Genaue Zahlen sind nicht zu bekommen, nur so viel: „Um den Immobilien­markt unter Druck zu setzen, sind es zu wenige“, sagt Schöller. Doch auch wenn die Auszahlung der Lebensvers­icherung zu gering ausfällt, stehen die Bauherren in der Regel nicht vor einem finanziell­en Desaster. „Meistens bieten die Banken Darlehen an, mit denen der Bauherr die finanziell­e Lücke schließen kann“, so Schöller

Die Problemati­k, ein Baudarlehe­n mit einer Lebensvers­icherung zu koppeln, ist inzwischen allerdings erkannt worden. „Diese Art der Baufinanzi­erung wird aktuell kaum noch angeboten“, erklärt Verbrauche­rschützeri­n Anke Behn den Sachverhal­t.

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FOTO: DPA Eine Lebensvers­icherung kann für die Baufinanzi­erung ein wackliges Fundament sein. Sie gilt als unrentabel.

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