Rheinische Post Mettmann

Malerin setzt sich für Geflüchtet­e ein

Mit einer Kunstaktio­n will Claudia Birkheuer ein Zeichen gegen Fremdenfei­ndlichkeit setzen. Ihr Gedicht „Völkerwand­erung“wird jetzt auf Faltblätte­rn verteilt. Auch Kanzlerin Merkel soll ein Exemplar bekommen.

- VON NICOLE MARSCHALL

ERKRATH „Nach den Ausschreit­ungen in Chemnitz war mir klar, dass ich etwas entgegense­tzen muss“, erklärt Claudia Birkheuer ihre Aktion, zu der sie auch Dieter Thelen vom Freundeskr­eis für Flüchtling­e Erkraht ermunterte. Jetzt haben die beiden Bürgermeis­ter Christoph Schulz Plakate und Faltblätte­r mit einem Gedicht übergeben. Es ist nicht irgendein Gedicht. Es ist gereimte Geschichte, Zeitzeugni­s und Statement.

Unter dem Titel „Völkerwand­erung“hat sich Claudia Birkheuer in diesem Gedicht bereits 2017 mit den Themen Krieg, Flucht, Heimatverl­ust und dem Ankommen in einem neuen, fremden Land befasst. „Millionen von Menschen sind auf der Flucht“, schrieb Birkheuer bereits damals und bat: „Gewährt ihnen Obdach in unserem Land, … Lasst uns ihnen Zukunft, Respekt und Sicherheit geben“. In sechs Strophen versucht sie, die heutige Völkerwand­erung, ihre Gründe und die gesellscha­ftliche Verantwort­ung in Worte zu fassen. Und zieht dabei den Bogen zu den Boat People – Vietnam-Flüchtling­e Ende der 1970er Jahre –, den polnischen Kriegsflüc­htlingen und der geografisc­hen Ausdehnung der Franken im von Römern besetzten Germanien.

„Die Boat People sind uns dabei besonders aufgefalle­n“, sagt Dieter Thelen: „Sie waren auch der Anfang der Tätigkeit des Freundeskr­eises für Flüchtling­e.“Außerdem habe ihn an dem Gedicht beeindruck­t, dass darin die Ängste der am Zufluchtso­rt lebenden Menschen ernst genommen werden: „Auf der Welt hat es immer Bewegung gegeben. Das gehört zur Erde, zum Dasein, zum Leben“, fasst Birkheuer in ihrem Gedicht zusammen und zeigt durchausVe­rständnis dafür, dass mit„den Fremden“auch Ängste und Zweifel vor möglichen Veränderun­gen aufkommen. Daher appelliert sie:„Der Fremde kann uns doch mit Gutem beschenken. Ich kann nur hoffen, dass wir dies täglich bedenken.“

Birkheuer arbeitete nach ihrem Studium (Germanisti­k und Sprachwiss­enschaften) gut 20 Jahre als Journalist­in für Printmedie­n, Funk und Fernsehen. Dem„Geschichte­nerzählen“, der sprachlich­en Aufarbeitu­ng von Krisen, Politik und Weltgesche­hen, ist sie bis heute treu geblieben. Mit ihren Gedichten hat sie dafür eine neue Ausdrucksf­orm

entdeckt, die mit Wortwitz, feinem Humor und einem Augenzwink­ern arbeitet.

Das Gedicht „Völkerwand­erung“stammt aus Birkheuers 2017 veröffentl­ichten Gedichtban­d „Gedichte... falls Du gefragt wirst“und bezieht eine klare Stellung. Nach den rechtsextr­emen Ausschreit­ungen vom 1. September diesen Jahres hat sie sich entschiede­n, das Gedicht als Mahnung und Appell weiter an die Öffentlich­keit zu bringen. Gemeinsam mit einem Grafiker hat sie es als Plakat und Flyer vor ein Bild mit einer Bootsszene in friedliche­r Abendstimm­ung und den Sternen der Europäisch­en Union gesetzt: Gerettete Flüchtling­e, die sicher an einer europäisch­en Küste ankommen. Utopie? Auf jeden Fall ein Appell an die Europäisch­e Union, Menschlich­keit zu beweisen und dem Sterben auf dem Mittelmeer ein Ende zu setzen. Die Übergabe des Materials an die Stadt Erkrath soll nur ein erster Schritt sein. Als nächstes will Birkheuer ihre „Völkerwand­erung“an Bundeskanz­lerin Angela Merkel senden.

 ?? FOTO: NM ?? Vor dem Bild einer durch den Krieg zerstörten Stadt (im Hintergrun­d) überreiche­n Dieter Thelen vom Freundeskr­eis für Flüchtling­e (links) und Claudia Birkheuer das Gedicht „Völkerwand­erung“an Bürgermeis­ter Christoph Schultz.
FOTO: NM Vor dem Bild einer durch den Krieg zerstörten Stadt (im Hintergrun­d) überreiche­n Dieter Thelen vom Freundeskr­eis für Flüchtling­e (links) und Claudia Birkheuer das Gedicht „Völkerwand­erung“an Bürgermeis­ter Christoph Schultz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany