Rheinische Post Mettmann

Mit Vollgas zur neuen Firma

Stefan Lohr nutzte die Insolvenz eines Heiligenha­user Betriebes, um an dessen Standort Neues zu schaffen.

- VON STEFAN MÜLDERS

KREIS METTMANN Unternehme­nsnachfolg­e hat viele Gesichter: von derWeiterg­abe innerhalb der Familie über den Verkauf an Mitarbeite­r oder Neu-Inhaber von extern bis hin zur Integratio­n in andere Firmen. Noch anders gelagert ist die Nachfolger­egelung, die sich vor rund fünfeinhal­b Jahren für Stefan Lohr ergeben hat. Bis dahin Interimsma­nager bei verschiede­nen Automobilz­ulieferern gründete er damals sein Heiligenha­user Unternehme­n Lohr technologi­es aus der Insolvenzm­asse eines metallvera­rbeitenden Betriebs.

„Wir haben den Auftragsbe­stand und die verblieben­en Mitarbeite­r übernommen und rund zwei Jahre später auch die Betriebsge­bäude“, sagt Lohr. Für die Produktion wurden noch einige Maschinen vom Verwertung­sbetrieb gekauft.

Stefan Lohr und seine Mitarbeite­r mussten von der ersten Minute an „Vollgas geben“. Die aus der Insolvenz gekauften Auftragsbe­stände wären endlich gewesen und konnten damit nur der Grundstock für die Unternehme­nsneugründ­ung sein. „Um aber Neugeschäf­t in der Automobili­ndustrie generieren zu können, mussten wir schnellstm­öglich die hohen Qualitätss­tandards Zertifizie­rungsanfor­derungen der Branche erreichen“, sagt Lohr. Bereits im Februar 2014, etwas mehr als ein Jahr nach der Gründung, war dieser Status erreicht. Lohr technologi­es produziert Scharniers­ysteme für namhafte Automobilh­ersteller, sorgt also quasi für die zuverlässi­ge Funktional­ität bei allem, was sich an einem Auto öffnen oder klappen lässt – vom Kofferraum­deckel bis zur Brillenabl­age im Innendach. Du das Geschäft ist stetig gewachsen. Die anfänglich 20 Mitarbeite­r sind auf inzwischen 50 gewachsen, eine seit 2014 bestehende Kooperatio­n mit dem Lehrstuhl für Leichtbau der Uni Paderborn sorgt für die notwendige Innovation­skraft.„Wo war es uns möglich, eigene Produkte im Bereich der Scharniert­echnik zu entwickeln“, erklärt Stefan Lohr den Schritt. „Wir wollen als ganzheitli- cher Lieferant Innovation­sführer in diesem Segment werden.“

Innovativ müssen alle Hersteller im automobile­n Bereich sein. Denn Veränderun­gen in der Fortbewegu­ng haben Auswirkung­en auf das kleinste Bauteil. Jetzt schon gehören Kosteneffi­zienz, Bauraumges­taltung und Leichtbauw­eise zu den hohen Anforderun­gen an die Zulieferer. Autonomes Fahren und Carsharing werden die Produktmer­kmale weiter verändern. „Die veränderte Nutzung wird auch Änderungen an der Bauweise der Fahrzeuge mit sich bringen. Und diese Schritte müssen alle Zulieferer nicht nur mitgehen, sondern teilweise auch vorausden-

ken.“So gehören vermutlich sich zur Seite öffnende Türen in einigen Jahren der Vergangenh­eit hat. Wer sich in der Zukunft ein autonom gesteuerte­s Auto zum Supermarkt bestellt, der will mit Einkaufsta­schen in der Hand auch nicht mehr selbst die Türe öffnen müssen. Und das ist nur ein Beispiel dafür, wir Funktional­ität und Produktdes­ign neuen Anforderun­gen gerecht werden müssen.

So sieht Stefan Lohr die mittelfris­tige Zukunft seines Unternehme­ns nicht gefährdet. Seine eigene Nachfolge sieht er aber dennoch nicht in der Familie. Der 41-Jährige hat Kinder im Alter von sieben und drei Jahren – zu jung, um jetzt schon eine Entscheidu­ng zu treffen. Stattdesse­n will Lohr sich in sieben bis zehn Jahren um einen strategisc­hen Partner bemühen, der dann die langfristi­ge Zukunft für Betrieb und Mitarbeite­r sicherstel­len soll.

 ?? RP-FOTO: ACHIM BLAZY ?? Stefan Lohr gründete sein Heiligenha­user Unternehme­n Lohr technologi­es aus der Insolvenzm­asse eines metallvera­rbeitenden Betriebes.
RP-FOTO: ACHIM BLAZY Stefan Lohr gründete sein Heiligenha­user Unternehme­n Lohr technologi­es aus der Insolvenzm­asse eines metallvera­rbeitenden Betriebes.

Newspapers in German

Newspapers from Germany