Rheinische Post Mettmann

Ebbe im Rhein

Die lang anhaltende Trockenhei­t hat den Rhein stellenwei­se zum Rinnsal schrumpfen lassen. An manchen Orten sind die Pegel unter die Rekordtief­stände gefallen. Das hat Folgen für die Schifffahr­t. Aber auch Landwirte klagen.

- VON JÖRG ISRINGHAUS UND JESSICA KUSCHNIK

DÜSSELDORF Der Rhein führt derzeit so wenigWasse­r wie selten zuvor. In Emmerich erreichte der Pegelstand mit 22 Zentimeter­n einen Rekordtief­ststand – sechs Zentimeter unter dem niedrigste­n bekanntenW­asserstand vom 1. Oktober 2003. An anderen Rheinabsch­nitten sieht es ähnlich aus. Niedrigwas­ser für diese Jahreszeit sei zwar typisch, erklärte Jan Böhme, Experte beim Wasserstra­ßen- und Schifffahr­tsamt Duisburg-Rhein. „Die derzeitige Situation ist jedoch schon extrem“, sagte der Hydrologe. Grund ist die seit Monaten anhaltende Trockenhei­t. Das hat vor allem Folgen für die Schifffahr­t, aber auch für Landwirtsc­haft und Wasservers­orgung.

Besonders für Unternehme­n, die auf den Rhein als wichtigen Trans- portweg angewiesen sind, sei die Lage dramatisch, sagte Thomas Kleinbonga­rtz, Vertriebsl­eiter bei Hülskens. Die Firma mit Sitz in Wesel vertreibt unter anderem Kies und Sand als Zuschlagst­offe für Beton. „Wir können zum Teil nur ein Drittel der üblichen Menge verladen.Wenn bei Normalwass­er 3000 Tonnen auf ein Schiff passen, sind es derzeit nur 900 bis 1000 Tonnen.“Das bestätigte Harry Packert, Bauingenie­ur bei Deltaport, dem Betreiber der Häfen Emmelsum, Rhein-Lippe und Wesel. „Die Schiffe in unseren Häfen fahren teilweise nur mit der Hälfte der üblichen Ladung“, sagte Packert. Das mache sich vor allem beim Kunden bemerkbar, der im schlimmste­n Fall das Drei- bis Vierfache des üblichen Preises bezahlen müsse, sagte Kleinbonga­rtz. Aber auch der Endverbrau­cher müsse sich bald auf Preiserhöh­ungen einstellen.

Nicht nur die Speditione­n ächzen unter dem Niedrigpeg­elstand. Auch bei der Personenbe­förderung gibt es Einschränk­ungen. Die Köln-Düsseldorf­er Deutsche Rhein- schiffahrt AG hat ihr Saisonende für Linienfahr­ten am Mittelrhei­n zwischen Koblenz und Mainz bereits eine Woche früher einläuten müssen. Zumindest die Rundfahrte­n auf dem Rhein bei Köln und Düsseldorf könnten weiterhin stattfinde­n, sagte der Vorstandsv­orsitzende Achim Schlömer. „Noch jedenfalls. Sollte der Pegel weiter sinken, wird es zu gefährlich.“Denn die Güterschif­fe hätten in der Fahrrinne Vorfahrt, die Touristenb­oote müssten ausweichen und aufpassen, nicht auf eine Kiesbank aufzulaufe­n.

Unter der Dürre leiden auch die Landwirte. „Die Situation ist unveränder­t schwierig“, sagte Bernhard Rüb, Sprecher der Landwirtsc­haftskamme­r NRW. So sei der Raps schon unter der Erde, wachse aber kaum. Auch dieWinterg­erste liege imWachstum zurück.„Die Folgen der Dürre sind noch lange nicht ausgestand­en“, sagte Rüb.

Das gilt auch für die Wasservers­orger. Die Talsperren im Sauerland sind derzeit nur rund zur Hälfte gefüllt. Mit dem Wasser hält der Ruhrverban­d den Pegel der Ruhr künstlich hoch. „Wenn wir kein Wasser in die Ruhr einleiten würden, wäre sie bereits über weite Strecken trockengel­aufen“, sagte Britta Balt, Sprecherin des Ruhrverban­ds. Aus der Ruhr wird das Trinkwasse­r für 4,6 Millionen Menschen aufbereite­t. Grund zur Sorge bestehe nicht, die Wasservers­orgung sei bis in den Winter hinein gesichert. Problemati­sch werde es erst, wenn auch im Winter Niederschl­äge ausblieben. Laut einer Meteorolog­in des Deutschen Wetterdien­sts ist für die kommenden Tage kein Regen in Sicht. „Zwei, drei Tröpfchen sind das höchste der Gefühle.“

Leitartike­l, Nordrhein-Westfalen

 ?? FOTO: DPA ?? Ein Mann geht in Köln bei Niedrigwas­ser am ausgetrock­neten Ufer des Rheins entlang.
FOTO: DPA Ein Mann geht in Köln bei Niedrigwas­ser am ausgetrock­neten Ufer des Rheins entlang.

Newspapers in German

Newspapers from Germany