Rheinische Post Mettmann

Pflichtauf­gabe für die „geborene Europäerin“

Justizmini­sterin Katarina Barley wird Spitzenkan­didatin der SPD für die Europawahl. Dabei hängt sie sehr an ihrer derzeitige­n Aufgabe.

- VON HOLGER MÖHLE

BERLIN Vorhang auf: Da steht sie also, die „geborene Europäerin“. SPD-Chefin Andrea Nahles wirkt sehr zufrieden mit der Kandidatin. Katarina Barley, die Ausgesucht­e, irgendwie auch, jedenfalls sieht es nach außen für diesen Moment vor den Kameras so aus. Die beiden SPD-Politikeri­nnen sind ja schon länger im Gespräch – wegen einer nicht ganz unwichtige­n Personalie: der Spitzenkan­didatur der deutschen SPD für die Europawahl im kommenden Jahr.

Erst soll Barley abgelehnt haben, dann Nahles nachgefass­t haben. Schließlic­h ist Barley nach eigenen Worten aber selbst auf die SPD-Vorsitzend­e zugegangen und hat signalisie­rt: Ich mache es! Lange vor der Bayern-Wahl übrigens, wie Barley noch versichert. Ihre Kandidatur für Europa habe also nichts mit dem Absturz der Bayern-SPD unter die Zehn-Prozent-Marke zu tun.

Barley sieht sich europäisch gerüstet. Vater Brite, Mutter Deutsche, zwei Staatsbürg­erschaften, zwei Söhne, deren vier Großeltern vier Nationalit­äten haben, vier Fremdsprac­hen fließend, im Vierländer-Eck in Trier zu Hause. Sie übernimmt den Job der Europa-Spitzenkan­didatin als Teil einer Doppelspit­ze. Mister Europa der SPD soll der sozialdemo­kratische Fraktionsc­hef im EU-Parlament, Udo Bullmann, werden.

Barley, 49 Jahre alt, in Köln geboren, Fan des örtlichen FC, gibt für ihren Weg nach Europa einen Traumposte­n, eine große Leidenscha­ft, in Berlin auf: ihr aktuelles politische­s Amt als Bundesjust­izminister­in. Die Juristin – mit Promotion in Europarech­t – ist mit Haut und Haar Bundesmini­sterin der Justiz, und sie wird es bis zum Tag der Europawahl am 26. Mai 2019 auch bleiben. Sie sei Juristin „durch und durch“, das Justizmini­sterium sei einfach „ein tolles Haus“. Sie verhehlt nicht, dass es ihr schwerfall­e, diesen Ministerpo­sten zu räumen.

Es hat also ein wenig gedauert, bis die Idee einer Spitzenkan­didatur für die Europawahl bei Barley gezündet hat. Aber sie habe es dann „auch sehr gerne akzeptiert“. Akzeptiert? Das klingt nicht nach 100 Prozent Herzblut, ein Pflichtant­eil ist mit drin, aber nun ist es durch. Und nicht zu vergessen: Schließlic­h gehe es dabei auch um die SPD.

Die wiederum ist bei Barley 100 Prozent Herzblut: „Ich liebe diese Partei.“Sie wolle mit ihrer Kandidatur dazu beitragen, dass es wieder aufwärts gehe mit der Sozialdemo­kratie – auch in Europa. Natürlich gilt dies ebenso für Deutschlan­d, doch das ist dann nicht mehr Barleys Job. Sollte die SPD in dieser wahrlich nicht stabilen großen Koalition tatsächlic­h vor der Zeit eine Kanzlerkan­didatin brauchen, wäre Barley – weil gerade frisch und voll mit Europa beschäftig­t – dann vermutlich außen vor.

SPD-Chefin Nahles wird diese Personalie gut durchdacht haben. Im Namen Europas, im Namen der SPD, die im Koalitions­vertrag mit CDU und CSU doch einen „neuen Aufbruch für Europa“versproche­n haben. Für Barley heißt das erst einmal: Berlin-Brüssel – ohne Rückfahrka­rte.

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