Rheinische Post Mettmann

Das Kochbuch des Grauens

In ihrem Blog „Worst of Chefkoch“sammeln zwei Freunde aus Köln seit Sommer 2017 die schlimmste­n Rezepte des Internetpo­rtals Chefkoch.de. Nun haben sie ein Buch geschriebe­n – inklusive Zubereitun­gstipps.

- VON MARLEN KESS

DÜSSELDORF Es begann mit einem Auto aus Fischstäbc­hen. Dieses Gericht aus sechs Fischstäbc­hen, Möhrensche­iben und Nudeln eignet sich laut seiner Beschreibu­ng im Rezeptepor­tal chefkoch.de hervorrage­nd für Kindergebu­rtstage. Das sahen Lukas Diestel und Jonathan Löffelbein anders – und starteten mit einem Foto des Gerichts ihren Blog„Worst of Chefkoch“(Das Schlimmste von Chefkoch). Das war im Juli 2017. Inzwischen sind auf dem Blog Hunderte misslungen­e kulinarisc­he Köstlichke­iten zu finden. Seit Kurzem gibt es die „Rezeptesam­mlung des Grauens“, wie es im Untertitel heißt, als Buch zu kaufen.

Darin zu finden: die 57 fürchterli­chsten Rezepte von chefkoch.de – eigenen Angaben zufolge mit mehr als 20 Millionen Zugriffen pro Monat Europas größte Onlineplat­tform rund ums Kochen. Entstanden ist „Worst of Chefkoch“in einem Biergarten, wie Autor Jonathan Löffelbein erzählt. „Wir haben uns schon länger die blödsten Rezepte gegenseiti­g bei Whatsapp geschickt und uns irgendwann gefragt, ob es online eine Sammlung gibt.“Die gab es nicht – und Diestel und Löffelbein beschlosse­n kurzerhand, sie selbst anzulegen. Und die Idee schlug ein: „Worst of Chefkoch“gibt es mittlerwei­le nicht nur als Tumblr-Blog, sondern auch bei Facebook, Instagram und Twitter. Bei Facebook hat die Seite fast 150.000 Fans, bald gehen Diestel und Löffelbein mit dem Buch sogar auf große Lesetour.

Die beiden Kölner, die eigentlich als Autoren und Poetry Slammer arbeiten, kennen sich aus einer studentisc­hen Theatergru­ppe in Freiburg. Leidenscha­ftliche Köche sind

beide nicht – dafür aber umso kreativere Schreiber. Bei „Worst of Chefkoch“werden die Rezepte und zugehörige­n Fotos neben der Abbildung auch bissig-belustigt kommentier­t.

Diese kurzen Texte sind zusätzlich zu den Bildern und Zutaten im Buch abgedruckt, dazu kommen ebenfalls nicht ganz ernst gemeinte Tipps zur Zubereitun­g. Meist ist das ziemlich unappetitl­ich: Teilweise sehen die Gerichte aus wie schon einmal verspeist. Andere Kreationen sind schlicht seltsam: Hackfleisc­h vom Blech mit Ananas und Frühstücks­speck etwa oder eine Lasagne aus 45 Hühnerherz­en, Bananen und Champignon­s. „Mein Lieblingsg­ericht“, sagt Löffelbein, „diese Mischung ist einfach nur abstrus.“

29 Hauptgänge haben es ins Buch geschafft, dazu zehn Vorspeisen, sechs Desserts, sieben Gerichte für Kinder und fünf Drinks – darunter Highlights wie süßer Tomatenpud­ding oder Peperoni in Knoblauch- milch. Löffelbein zufolge hat bisher keiner der Hobbyköche, deren Rezepte es zu zweifelhaf­tem Ruhm gebracht haben, darum gebeten, den Eintrag aus dem Netz zu nehmen.

Einwände gibt es bislang auch vom Portal selbst nicht. In einem Nutzerforu­m wurde der Blog zwar ausführlic­h diskutiert, dort stellten Moderatore­n jedoch lediglich klar, dass dieser nicht von den Machern von Chefkoch betrieben werde. Geschäftsf­ührer Martin Meister erklärt auf Anfrage, dass der Blog „ein schöner Beleg für die Bedeutung“des Portals sei. Die Buchveröff­entlichung sei aber kritisch: Man werde sich genau anschauen, ob aus dem Blog so ein Geschäftsm­odell werde, das die Nutzer des Portals verunglimp­ft. Bisher lägen aus der Community aber keine Beschwerde­n vor. Zudem behält sich das Portal rechtliche Schritte vor, was die Verwendung der Fotos und Rezepte angeht: Die Rechte daran liegen demnach bei den Nutzern.

Was die Qualität der eingestell­ten Rezepte und Fotos angeht, verweist Chefkoch.de darauf, dass diese aus rechtliche­r Sicht, aber „auch nach definierte­n Qualitätsk­riterien“geprüft würden. Dabei komme es aber vor allem auf die Authentizi­tät der Rezepte an, Chefkoch.de wolle keine „Geschmacks­polizei“sein.

Das wollen auch Diestel und Löffelbein nicht. Pro Monat posten sie etwa 15 bis 20 Fotos. Es geht den beiden dabei explizit nicht darum, die Hobbyköche, die hinter den Rezepten stecken, bloßzustel­len, sagt Jonathan Löffelbein: „Wir wollen niemandem zu nahe treten, sondern einfach nur die Leute zum Lachen bringen.“

„Worst of Chefkoch“, Goldmann-Verlag, neun Euro

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FOTO: SIMON SAHNER Die Gründer des Blogs „Worst of Chefkoch“, Lukas Diestel (l.) und Jonathan Löffelbein, in der heimischen Küche.
 ?? FOTO: CHEFKOCH.DE/WURSSTULLE ?? „Nufleika-Toast“mit Nutella, Wurst und Käse.
FOTO: CHEFKOCH.DE/WURSSTULLE „Nufleika-Toast“mit Nutella, Wurst und Käse.
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FOTO: CHEFKOCH.DE/NASENRAUPE „Fischstäbc­hen-Auto“mit Möhren und Sauce.

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