Geldanlagen sind wie Medikamente
Beim Unterscheiden von seriösen und unseriösen Anlageangeboten hilft auch der gesunde Menschenverstand.
ber Arzneimittelhersteller hört und liest man oft wenig Schmeichelhaftes. Was ziemlich ungerecht erscheint angesichts des enormen Zugewinns an Lebensqualität, den uns die Pharmabranche beschert hat. Schließlich hat sie wesentlichen Anteil daran, dass wir alle länger leben und unser Leben dabei in aller Regel viel gesünder verläuft als noch vor ein oder zwei Generationen. Zugegeben, gute Medikamente kosten eine Menge Geld. Und selbst die besten von ihnen sind mit Nebenwirkungen verbunden. Trotzdem kenne ich niemanden, der bewusst zu illegalen Kopien oder Fälschungen solcher Arzneien greift, weil sie billiger sind. Denn jeder weiß: Die wirken auch nicht – und erweisen sich im schlechtesten Fall sogar als tödlich.
Umso überraschender, dass es beim Geldanlegen geradezu an der Tagesordnung ist, billige Fälschungen zu kaufen. Das glauben Sie nicht? Die jüngste Pleite eines Ver- triebs von Schiffscontainern (siehe gegenüberliegende Seite) ist nur ein Fall in einer langen Reihe. Nun sagen Sie: Klar, ordentliche Renditen sind mit Risiken verbunden. Da haben Sie vollkommen Recht, doch kommt es auf den Unterschied an. Das Risiko, das die Anleger hier eingingen, war kein unternehmerisches Risiko, sondern ein Betrugsrisiko. Und das ging voll zu ihren Lasten. Im Hinblick auf unternehmerisches Risiko können wir uns auf den Kapitalmarkt auf Dauer verlassen – er belohnt mich dafür, dieses Risiko einzugehen. Ausreichende Streuung der Investments vorausgesetzt, bekomme ich deshalb für meine Aktienanlage eine höhere Rendite als für Staatsanleihen. Das Betrugsrisiko hingegen wird niemals vergütet. Der Profi meidet es um jeden Preis. Aber wie?
Medikamente und Geldanlagen haben eines gemeinsam: Niemand klebt auf die unwirksamen ein Warnschild „Fälschung“. Wäh- rend aber Profis exklusive Informationen und umfangreiche Erfahrung zu einem sicheren Urteil kombinieren, tappen alle anderen leicht in die Falle. Dabei hilft oft schon ein einfacher Test: Wenn es zu gut klingt, um wahr zu sein – dann ist es das meist auch. Drei oder vier Prozent Rendite für eine sichere Euro-Anlage sind so ein Fall. Was eine sichere Anlage hierzulande abwerfen kann, verrät ein Blick auf die Renditen von Bundesanleihen: Derzeit reicht das Band von minus 0,7 Prozent für Laufzeiten von einigen Monaten bis plus 0,6 Prozent für 15 Jahre. Seit Jahren gibt es im Euro für sichere Anlagen keine Zinsen mehr – wer sollte also freiwillig viel mehr zahlen?Wer trotzdem zugreift, ist nicht schlauer als derjenige, der im Internet zum Schnäppchenpreis ein hoch wirksames Rheumamittel kauft und sich wundert, dass der Schmerz bleibt.
Sicher, ein solches Medikament wäre in der Apotheke deutlich teurer. Dafür aber echt und mit garantierter Wirkung. Genauso verhält es sich mit Geldanlagen. Eine Bank und andere solide Finanz- häuser treiben viel Aufwand, um die Wirksamkeit ihres Angebots zu prüfen. Und eines mit einem unternehmerischen Risiko kann sehr wohl auch Verluste bringen. Aber bei einem Betrug wie den Containern hatten Anleger letztlich gar keine Chance, Geld zu verdienen. Noch eines kommt hinzu: So, wie Ihr Apotheker Sie kennt und Ihnen wichtige Hinweise zur Dosierung gibt, so wird Ihnen Ihr Berater eine Obergrenze nennen. In die meisten Investments sollten Sie nicht mehr als zehn Prozent Ihres Geldes stecken, in die riskanten nicht mehr als zwei. Wenn Sie wieder einmal von interessanten Anlagen hören, die so viel mehr bringen, als der Vorschlag Ihres Bankberaters verspricht: Fragen Sie sich am besten, ob Sie auf das Geld im Zweifel auch verzichten könnten.