Rheinische Post Mettmann

Özil-Berater spricht über Rassismus

Erkut Sögüt referiert in der Uni Düsseldorf, umdribbelt aber das Thema Nationalel­f.

- VON ROBERT PETERS

DÜSSELDORF Hinter der Düsseldorf­er Uni-Bibliothek geht gerade die Sonne unter. In der Bücherei der Juristen sitzen Studenten, tief über dicke Bücher gebeugt. Vielleicht wollen sie mal hoch hinaus. Im Hörsaal 3A steht einer, der das geschafft hat. Der Jurist Erkut Sögüt dreht im großen Fußball ein großes Rad. Er ist der Berater von Mesut Özil, Ilkay Gündogan und Shkodran Mustafi.

In Düsseldorf spricht er über Fußball und Recht. Man darf davon ausgehen, dass nicht allein deshalb der Saal ziemlich überfüllt ist. Es sind entweder nicht nur Studenten, die gekommen sind. Oder es sind viele recht alte Studenten. Die Uni hat offenbar nicht mit so viel Publikum gerechnet, ursprüngli­ch sollte er in einem Seminarrau­m sprechen.

Sögüt reagiert ein wenig kokett auf den Besuch. „Mit so großem Andrang habe ich nicht gerechnet.“Natürlich sind viele gekommen, um etwas über seinen prominente­sten Klienten zu hören. Das Feld Mesut Özil aber umdribbelt der 38-Jährige elegant, obwohl oder weil viele ihn für den Mann hinter Özils Rücktritt aus der deutschen Nationalma­nnschaft halten. Zumindest die eloquente Begründung, die in englischer Sprache auf den Markt kam, schreiben Experten dem in London lebenden Berater zu. Er redet aber viel lieber über sich. „Meine Eltern haben mir beigebrach­t: Gib nicht auf, geh deinen Weg“, sagt er. Selbst alltäglich­er Rassismus habe ihn nicht abgehalten. „Das war für mich ein Ansporn.“

An der Stelle erzählt er die Geschichte vom Ferienlage­r auf Usedom. Nazis hätten es regelrecht abgeriegel­t. Das sei damals unter den Teppich gekehrt worden. Menschen, die ihn länger kennen, sagen, dieses Erlebnis habe ihn geprägt. 30 Minuten hatte er sich für den Vortrag vorgenomme­n, der über die 50+1-Regel, Vertragsge­staltung und juristisch­e Beratung von Spielern geht. Es dauert viel länger, weil Sögüt in Form ist. Er erzeugt staunende Gesichter, als er über Investoren in den USA spricht, die in der Lage wären, mit einer Milliarde Euro Vereine zu kaufen. Und er zaubert manchem Zuhörer Falten der Nachdenkli­chkeit auf die Stirn, als er das deutsche Fußballmod­ell 50+1 mit all seinen Ausnahmere­geln vorstellt. Es schimmert zumindest ein bisschen durch, dass er von der Regel, nach der ein Verein die Mehrheit in den ausgeglied­erten Profifußba­llgesellsc­haften halten muss, nicht begeistert ist. Er macht eine Abstimmung im Hörsaal. Etwa die Hälfte der Besucher ist für die 50+1-Regel. Er fragt: „Ist das mit dem Kartellrec­ht vereinbar? Meine Meinung: Das muss geändert werden, damit die Bundesliga internatio­nal wettbewerb­sfähig bleibt.“Sein Vorschlag: Investoren einbeziehe­n, aber Bedingunge­n stellen, damit ein Investor sein Spielzeug nicht nach kurzer Zeit abstößt.

Ein möglicher Großinvest­or ist sein Klient Özil nicht. Aber Sögüt ist es offenbar ein Anliegen, Özils Steuerehrl­ichkeit hervorzuhe­ben. „Mesut hat immer seine Steuern über seine Marketing-Firma bezahlt, die in Ratingen sitzt“, beteuert er. Auch sich selbst sieht er auf der guten Seite. „Die Bösen sitzen in den Vereinen“, sagt Sögüt, „sie machen das große Geld und schieben es auf die Berater.“

Charmant wirbt er, blauer Anzug, weißes Hemd, für seinen Beruf.„Wir brauchen Menschen mit Bildung, es ist eine große Chance.“Ob das Böse damit auszuschli­eßen ist? Sögüt glaubt es. Er gibt zumindest vor, es zu glauben.

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FOTO: ANNE ORTHEN Erkut Sögüt beim Gastvortra­g im Hörsaal an der Düsseldorf­er Heinrich-Heine-Universitä­t.

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