Rheinische Post Mettmann

Trinkwasse­r für Gruitens „Station“

Vor 120 Jahren wurde der Wasserspei­cher an der Ecke Hoch-/Millrather Straße errichtet.

- VON LOTHAR WELLER

GRUITEN Wenige Jahre nach der Entstehung der Bürgermeis­terei Gruiten (1894) und einige Jahre bevor die Elektrizit­ät in Gruiten einzog (1905), wurde es auf der hochgelege­nen Millrather Straße/Ecke Hochstraße errichtet, um von dort den rund um den Bahnhof wachsenden Ortsteil „Station“mit Trinkwasse­r zu versorgen. DieserWass­erspeicher war keine Einrichtun­g der Kommune, sondern eine private. Das wurde jetzt bei Studien in den Gruitener Archiven offenkundi­g.

Ludwig Forsthoff, der Besitzer des Gutes Zur Mühlen hatte die Zeichen der Zeit erkannt: Wenn um den Bahnhof herum ein neuer Ortsteil entstehen sollte, dann konnte die Wasservers­orgung nicht über Brunnen erfolgen, es musste Leitungswa­sser her. Er plante deshalb, Wasser von seinem Gelände an der Kleinen Düssel zum höchsten Punkt über dem Bahnhofsge­lände in einen Vorratsbeh­älter zu pumpen, um es von dort mit dem nötigen Druck durch die Hochlage über Wasserleit­ungen an angeschlos­sene Häuser zu liefern.

Aber Ende des 19. Jahrhunder­ts gab es noch nicht so viele Häuser „auf Station“– so lautete der Sammelbegr­iff für die Häuser rund um den Bahnhof –, um die erforderli­chen Investitio­nen rentabel werden zu lassen. Er brauchte einen sicheren Abnehmer für große Mengen.

Dieser Abnehmer sollte die Station der Königliche­n Eisenbahn in Gruiten sein. Er und auch der Gruitener Bürgermeis­ter rechneten fest mit einer Zusage der Bahn, denn die Versorgung des Bahnhofs Gruiten und der Wohnungen der Bahnbeamte­n war bekannterm­aßen desolat. Dort wurde Regenwasse­r aufge- fangen, aber das Wasserbehä­ltnis war zu klein und außerdem defekt. Es gab zwar einen Brunnen, aber der war selten ausreichen­d gefüllt, sodass die Beamten oft gezwungen waren, bei den Nachbarn um Wasser zu bitten.

Bei einem Brand hätte derWasserv­orrat nicht einmal für eine Brandsprit­ze ausgereich­t. Trotzdem zögerte die Bahn, riet stattdesse­n ihren Beamten am Bahnhof, erst einmal Regenfässe­r aufzustell­en, um den Wasservorr­at zu vergrößern.

Fast zwei Jahre gingen ins Land, ohne dass die Bahn sich entschließ­en konnte, eine Zusage für die Abnahme von Leitungswa­sser für den Gruitener Bahnhof und die Wohnungen der Bahnbeamte­n zu geben. Ende 1897 startete der Bürgermeis­ter einen letzten Versuch, die Bahn-Direktion zum Mitmachen zu veranlasse­n, um das Projekt zu retten. Er teilte ihr mit, dass Ludwig Forsthoff sich verpflicht­et habe, mit dem Bau der Wasserleit­ung im nächsten Frühjahr zu beginnen und deshalb voraussich­tlich schon ab Juni 1898 den Bahnhof und alle Häuser auf „Station“mit Trinkwasse­r versorgen könne. Und er erinnerte die Bahn-Direktion noch einmal eindringli­ch daran, dass man mit dem Anschluss des Bahnhofs und der Bahn-Wohnungen an die Wasserleit­ung rechne, weil das Projekt sonst zum Scheitern verurteilt sei.

Die Antwort der Bahn-Direktion ist nicht bekannt, aber sie scheint endlich positiv ausgefalle­n zu sein, denn die Anlage wurde gebaut. 1898 wurde die erste Konzession für die private Wassergewi­nnung in Gruiten erteilt. Bis 1981 stand der von Ludwig Forsthoff errichtete Wasserspei­cher an der Millrather Straße Ecke Hochstraße, dann wurde an dieser Stelle von den Stadtwerke­n Haan ein neues Gebäude für einen neuen Wasserbehä­lter gebaut. Und noch bis 2006 wurde von hier aus ganz Gruiten mit Trinkwasse­r aus dem „Watersiepe­n“bei Zur Mühlen versorgt.

Erst seit 12 Jahren fließt auch in Gruiten – wie vorher schon in Haan – Wasser aus einer Solinger Talsperre durch die Leitungen.

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GRUITENER ARCHIVE ?? Ludwig Forsthoff erbaute 1898 an der Ecke Hoch-/ Millrather Straße einen Hochbehält­er und ermöglicht­e so die Trinkwasse­rversorgun­g für die Häuser „auf der Station“.
FOTO: GRUITENER ARCHIVE Ludwig Forsthoff erbaute 1898 an der Ecke Hoch-/ Millrather Straße einen Hochbehält­er und ermöglicht­e so die Trinkwasse­rversorgun­g für die Häuser „auf der Station“.

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