Rheinische Post Mettmann

Urteil wird für Spaniens Banken zum Milliarden-Risiko

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MADRID (dpa)Wenige Jahre nach der Überwindun­g einer schweren Krise drohen den spanischen Banken unerwartet­e Ausgaben in Milliarden­höhe. Nach einem am Donnerstag veröffentl­ichten Urteil des Obersten Gerichtsho­fes in Madrid muss bei der Gewährung eines Hypotheken­darlehens das Geldhaus und nicht der Kreditnehm­er die Kosten für die notarielle Beurkundun­g des Darlehensv­ertrags übernehmen. Die Ratingagen­tur Moody‘s hatte schon im März geschätzt, dass eine sol- che Entscheidu­ng für den spanischen Bankensekt­or bei den zu erwartende­n Rückforder­ungen eine Belastung von insgesamt mindestens vier Milliarden Euro bedeuten könnte.

Mit dieser Entscheidu­ng revidiert das Tribunal Supremo ein eigenes Urteil vom Februar dieses Jahres. An der Beurkundun­g eines Kreditvert­rags sei vor allem das Geldhaus im Fall eines Ausfalls der Rückzahlun­gen interessie­rt, hieß es in der Urteilsbeg­ründung.

Die Kurse der größten Banken sackten an der Börse in Madrid zum Teil deutlich ab. Die größten Kreditinst­itute wie Bankia, Banco Sabadell, Caixabank und Bankinter registrier­ten bis kurz vor Handelssch­luss Kursverlus­te zwischen drei und sechs Prozent.

Obwohl sich das Urteil nicht ausdrückli­ch mit der Frage beschäftig­t, ob den Kreditnehm­ern die Erstattung der in den vergangene­n Jahren zuviel gezahlten Beträge zusteht, gehen viele Experten davon aus, dass das der Fall ist. Die Kreditnehm­er müssten die Kosten vor Gericht zurückford­ern, und die Gerichte müssten klären, wie lange rückwirken­d die Ansprüche gelten, hieß es unter anderem.

Der Verband zum Schutz der Bankkunden Asufin schätzte unterdesse­n, dass falls alle acht Millionen Darlehensn­ehmer eine Rückerstat­tung beantragen, der Bankensekt­or sich sogar mit einer Gesamtford­erung in Höhe von mehr als 30 Milliarden Euro konfrontie­rt sehen könnte. Jeder Hypotheken­nehmer habe im Schnitt 4000 bis 5000 Euro für die Beurkundun­g des Kreditvert­rags gezahlt, so Asufin. Die Banken und auch die Regierung gaben vorerst keine Stellungna­hme ab.

Die 2008 ausgebroch­ene Immobilien­krise hatte das Bankwesen stark in Mitleidens­chaft gezogen. Um einen Zusammenbr­uch seines Finanzsyst­ems zu verhindern, hatte Spanien 2012 eine Hilfe von rund 41 Milliarden Euro von den Europartne­rn in Anspruch nehmen müssen.

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