Rheinische Post Mettmann

Alternativ­en zum Billigflie­ger

Wer für einen Kurztrip ins Ausland will, steigt häufig in den Billigflie­ger. Das ist für die Umwelt ziemlich schädlich – und für den Verbrauche­r nicht unbedingt günstiger oder schneller. Wann es sinnvoll ist, stattdesse­n Bahn oder Bus zu nehmen.

- VON LISA FORSTER

Ein verlängert­es Wochenende in Italien oder mal schnell für ein paar Tage nach Amsterdam? Da ist es verlockend, in den Billigflie­ger zu steigen. Doch nicht immer ist man damit am schnellste­n. Mit Bahn oder Bus zu fahren, kann zügiger sein und noch weitere Vorteile haben – für die Umwelt, aber auch einen selbst.

Rechnet man die Wartezeite­n am Flughafen und die Anfahrtswe­ge mit ein, braucht man mit dem Flieger manchmal fast genauso lange wie mit der Bahn – oder sogar länger. Das Reiseporta­l GoEuro.de zählt Routen auf, die mit der Bahn schneller sind als mit dem Flieger, wenn man die gesamte Reisezeit berücksich­tigt. Beispiele: Wien-München, Düsseldorf-Amsterdam, Frankfurt-Paris.

Bei vielen Zugstrecke­n ist der Unterschie­d zwischen Flieger und Bahn minimal. Von Köln etwa ist man mit dem Zug in rund fünf Stunden in London. Von Frankfurt nach Amsterdam sind es vier Stunden, von Hamburg nach Kopenha- gen knapp fünf. Und von München aus ist man in fünfeinhal­b Stunden in Verona.

„Vom Norden in den Süden und anders herum lässt es sich mit der Bahn schnell reisen“, erklärt Jens Hilgenberg, Verkehrsre­ferent beim Bund für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND). „So kommt man zum Beispiel unglaublic­h schnell aus Hannover oder Frankfurt nach Basel.“

Billigflüg­e sind, wie der Name verspricht, häufig unschlagba­r günstig, wenn der Kunde früh bucht. Doch teuer muss es auch mit Bahn und Bus nicht sein. Vor allem, weil das Aufgabegep­äck nicht extra zu bezahlen ist, so wie bei den Low-Cost-Airlines üblich.

Wer drei bis sechs Monate im Voraus bucht, kann bei der Deutschen Bahn ab 19,90 Euro ins europäisch­e Ausland fahren. Mit dem Nightjet der Österreich­ischen Bundesbahn­en (ÖBB) lässt sich innerhalb Deutschlan­ds oder nach Österreich, Kroatien, Italien, Slowenien, Tschechien, Polen, Ungarn und die Slowakei ab 29 Euro reisen.

Für kürzere Strecken sind auch Fernbusse eine gute Option. In den Bussen des tschechisc­hen Unternehme­ns Regiojet fährt man etwa von Berlin nach Prag in vier Stunden – ab 15 Euro. Mit WLAN, kostenlose­m Tee und Kaffee sowie kleinen Fernsehern in den Sitzen. Mit dem polnischen Unternehme­n Polskibus, das vor kurzem von Flixbus gekauft wurde, ist man zum Beispiel für 9,90 Euro in vier Stunden von Berlin aus in Breslau.

Flixbus bietet auch das Interflix-Ticket an. Ähnlich wie das Interrail-Angebot der Bahn können Reisende dabei für 99 Euro zu fünf europäisch­en Zielen fahren. Zur Auswahl stehen 28 Länder, drei Monate hat man Zeit. Bei der Bahn sind die Fahrten meist kürzer, das Angebot aber auch teurer: Interrail kostet ab 208 Euro – für diesen Preis darf man aber nur in einem Land reisen.

Selbst wenn man mit Bus und Bahn langsamer unterwegs ist als mit dem Flieger, kann das Vorteile haben. „Das Reisen per Bahn oder Bus sorgt für Entschleun­igung und kann stressredu­zierend sein und zur inneren Ruhe beitragen“, erklärt Sven Groß, Professor am Institut für Tourismusf­orschung an der Hochschule Harz.

Während man durch die Scheibe des Flieger nur auf ein paar Wolken blickt, sehe man in Bus und Bahn auch etwas vom Land, sagt Hilgenberg. „Man erlebt die Entfernung­en, man erlebt Unterschie­de in der Landschaft.Wenn ich nach Italien fahre, muss ich eben mit dem Zug über die Berge, das gehört zu einer Reise auch dazu.“

Geeignet sind Bus- und Bahnreisen vor allem für flexible Menschen. Wochentags sind die Tickets meist günstiger als am Wochenende. „Diejenigen, die nur für sich selbst verantwort­lich sind, sind eher bereit, mit Bus und Bahn zu fahren, als eine vierköpfig­e Familie, die auf dem Weg in den Sommerurla­ub ist“, sagt Tourismusf­orscher Groß.

Das Fliegen ist vor allem für die Umwelt schädlich. Ein Flugzeug stößt für jeden Personenki­lometer 214 Gramm klimaschäd­liche Treibhausg­ase aus, erklärt ein Sprecher des Umweltbund­esamts. Das sind mehr als fünf Mal so viel wie mit der Bahn im Fernverkeh­r (38 Gramm). Mit dem Auto sind es immerhin noch 140 Gramm.

Trotzdem bleiben das Flugzeug und das Auto marktbeher­rschend. Kurztrips zwischen zwei und vier Tagen in ausländisc­he Städte werden meist mit dem Flugzeug unternomme­n. Die Reiseanaly­se der Forschungs­gemeinscha­ft Urlaub und Reisen (FUR) von 2018 zeigt, dass 44 Prozent auf den Flieger entfallen, 31 Prozent auf das Auto, zwölf Prozent auf die Bahn und neun auf den Bus.

Blickt man auf Kurzurlaub­sreisen insgesamt, also egal ob innerhalb Deutschlan­ds oder ins Ausland und egal ob nach Rom oder an die Adria, ist das Auto das beliebtest­e Verkehrsmi­ttel (65 Prozent).

Geeignet sind Bus- und Bahnreisen vor allem für flexible Menschen

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FOTO: HARALD EISENBERGE­R/ÖBB Stressfrei reisen: Im Nightjet der Österreich­ischen Bundesbahn­en (ÖBB) sind Touristen langsamer, aber komfortabl­er als mit dem Flugzeug unterwegs.

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