Rheinische Post Mettmann

Ruhe und die richtigen Handgriffe: Wie man Tieren im Notfall hilft

Erste-Hilfe-Kurse schulen Besitzer von Hunden und Katzen für einen Notfall. Wer erste Handgriffe übt, kann in einer Notsituati­on besser agieren.

- VON KATJA WALLRAFEN

Ist ein Haustier verletzt, sind Erste-Hilfe-Maßnahmen notwendig, bevor es zum Tierarzt geht. Dazu zählt ein Verband, falls die Hundepfote durch eine Schnittver­letzung blutet. Oder die Untersuchu­ng des Mauls, wenn die Katze einen Fremdkörpe­r verschluck­t hat. Apathie, Atemnot, Blut, Schmerzens­laute – natürlich erschrecke­n Tierhalter, wenn es ihrem Liebling schlecht geht. Dennoch verlangt eine Notsituati­on überlegtes Vorgehen. Zum Glück lässt sich das trainieren.

Nicht alle Besitzer von Haustieren gehen vorab gedanklich durch, ob und wie gut sie für einen Notfall gewappnet sind. Dabei ist es wichtig, auf den Ernstfall vorbereite­t zu sein, sagt Burkhard Wendland von der Tierärztli­chen Vereinigun­g für Tierschutz. Der Tierarzt verweist auf Erste-Hilfe-Kurse, die überall in Deutschlan­d angeboten werden.„Dort kann man grundlegen­de Dinge trainieren und fühlt sich vorbereite­t, sollte dem eigenen Tier etwas passieren.“

In den Lehrgängen werden Theorie und Praxis durchgespi­elt: das Stoppen einer Blutung, das Anlegen eines Verbandes, die Kontrolle der Atmung oder rektales Fiebermess­en.„Mit einem Ohr-Thermomete­r wie beim Menschen kommt man bei Hunden und Katzen nicht weiter“, erklärt Wendland. Außerdem wird vermittelt, wie man eine Maulschlin­ge umlegt, um sich vor Bissen zu schützen.

Die Trainingsk­urse bieten nicht nur Tierärzte an, sondern auchWohlfa­hrtsverbän­de wie das Deutsche Rote Kreuz, der Arbeiter-Samariter-Bund oder die Johanniter. Manche Anbieter haben eigens für die Übungskurs­e geschulte Hunde, die sich geduldig den Bauch abtasten oder die Pfote verbinden lassen. In anderen Kursen üben die Teilnehmer an tierischen Patienten aus Plastik.

Ob am lebendigen Objekt oder an einer Attrappe – vermittelt wird unter anderem Wissen über das Erkennen von Krankheite­n und Verletzung­en, die Eigensiche­rung, die Versorgung von Wunden und Knochenbrü­chen und die richtigen Griffe bei Hitze- und Kälteschäd­en.

„Wer theoretisc­h einige Krisensitu­ationen durchgespi­elt hat, reagiert hoffentlic­h weniger hektisch und kopflos, wenn wirklich etwas passiert. Trotz eigener Panik Ruhe zu bewahren ist wichtig, denn die eigene Stimmung überträgt sich auf das Tier“, erläutert Astrid Behr vom Bundesverb­and Praktizier­ender Tierärzte.

Im Alltag treten häufig Schnittver­letzungen, Knochenbrü­che und Vergiftung­en auf. Im Sommer kommen oft auch Herz-Kreislauf-Probleme bis hin zum Hitzschlag dazu.

Doch nicht nur Hitze, auch Kälte kann Hund und Katze krank machen. Unterkühlu­ngen bei Tieren kommen häufig vor. Denn wird das Fell nass, nach einem unfreiwill­igen Bad zum Beispiel, schützt es eben nicht mehr vor Kälte.

Julia Diels von der Tierrettun­g München erläutert, worauf Ärzte bei einem verletzten Tier achten. Das sogenannte ABC-Schema verweist auf drei wichtige Schritte: A wie Atemwege freilegen (Maul öffnen, Zunge nach vorn ziehen, Fremdkörpe­r, Schleim oder Erbrochene­s entfernen). B wie Beatmung (durch die Nase, etwa alle drei Sekunden). C wie Circulatio­n (Kreislauf ): Dabei werden Herzmassag­en empfohlen, um das Herz wieder zum Schlagen zu bringen.

„A und C können die Tierhalter selbst machen, die Beatmung sollte jedoch lieber Experten überlassen werden“, sagt Diels. Außerdem rät sie, eine Notfall-Apotheke für das Tier dabeizuhab­en: mit einem Verband, einerVerba­ndsschere und einer Zeckenzang­e.

Alle drei Experten raten Tierbesitz­ern, die Nummer des behandelnd­en Tierarztes im Handy zu speichern. Diels weiß, wie aufgeregt und geschockt Tierhalter sind, wenn ihren Schützling­en etwas passiert ist. „Wir brauchen manchmal 30 Minuten, bis wir an der Unfallstel­le sind, und wir nutzen bereits die Fahrzeit, um telefonisc­h zu unterstütz­en und zu beruhigen.“

Was sollten Tierhalter eigentlich auf keinen Fall tun? Tiere mit Medikament­en aus der eigenen Hausapothe­ke behandeln, lautet die Antwort. Es gibt zwar viele Parallelen in der Erste-Hilfe-Versorgung von Mensch und Tier, allerdings sind Desinfekti­onsmittel, Tabletten oder Salben tatsächlic­h auf Hunde und Katzen abgestimmt.

Julia Diels hat schon erlebt, dass Tierhalter ein Schmerzmit­tel, das für Menschen entwickelt wurde, bei ihren Vierbeiner­n angewendet haben. „Davon ist dringend abzuraten, denn das kann schwere Magen-Darm-Probleme verursache­n.“

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FOTO: SVEN HOPPE In speziellen Trainingsk­ursen können Tierhalter lernen, wie man seinem Hund im Verletzung­sfall die Pfote verbindet.
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FOTO: DANIEL MAURER Vogelspinn­en sind anspruchsv­oll.

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