Rheinische Post Mettmann

Kohlekompr­omiss ist möglich

Wenige Themen sind so umstritten wie der Ausstieg aus der Braunkohle – doch ein Kompromiss scheint denkbar. Insbesonde­re Ex-Kanzleramt­schef Ronald Pofalla spielt eine große Rolle.

- VON MICHAEL BRÖCKER, REINHARD KOWALEWSKY UND BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Wie lässt sich testen, ob ein Kompromiss­vorschlag ausgewogen ist? Indem sich zeigt, dass sich viele Teilnehmer einer Gruppe entrüstet zeigen. Genauso ergeht es der 28-köpfigen Kommission zur Zukunft der Deutschen Braunkohle, die im Auftrag der Bundesregi­erung ein Konzept für einen möglichst sozialvert­räglichen und doch schnellen Ausstieg aus der Braunkohle­verfeuerun­g entwerfen soll.

Im Sommer hatten sich nahezu alle beteiligte­n Gruppen in der Kommission empört, als ein erster möglicher Zeitplan bekannt wurde, wie sich Ronald Pofalla (CDU) als einer der vier Kommission­svorsitzen­den einen möglichen Zeitplan für den Kohleausst­ieg vorstellte. Bis Ende 2020 sollten zwischen fünf und sieben Gigawatt Kohleverst­romung vom Netz genommen werden, dann könne zwischen 2035 und 2038 der ganze Ausstieg kommen – eine Kompromiss­linie, die wohl auch Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) liegt. Er soll intern 2038 als realistisc­hes Enddatum bezeichnet haben.

Eine CO2-Steuer, wie vom Potsdamer Institut für Klimaforsc­hung vorgeschla­gen, wird in der Kommission dagegen bislang mehrheitli­ch abgelehnt. Sie sei unnötig. Denn ein klares Ausstiegss­zenario werde sowieso zu einem schnellere­n Abbau der Braunkohle­erzeugung führen.

In der Kommission entwickelt sich Pofalla auf diesem Weg zusehends zum Faktor für einen Kompromiss. Der frühere Kanzleramt­schef hatte einen Eklat in der letzten Sitzung verhindert. Mehrere Teilnehmer hatten nach dem Streit um den Hambacher Forst einen Zwi- schenberic­ht abgelehnt, das Scheitern der Kommission drohte. Nach einer Zahn-Operation kam Pofalla verspätet in die Sitzung, warnte eindringli­ch vor einem Scheitern und zwang die Mitglieder so doch noch zu einem Kompromiss, der im bisherigen Zwischenbe­richt auch angedeutet wird. In Berlin ist inzwischen von der „Pofalla-Kommission“die Rede.

Der Rodungssto­pp im Hambacher Forst hat derweil nach Angaben des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums keinerlei negative Auswirkung­en auf die Strom-Versorgung­ssicherhei­t in Deutschlan­d. „Die Reduktion der Braunkohle­förderung im Hambacher Tagebau würde sich nicht negativ auf die Versorgung­ssicherhei­t am Strommarkt auswirken“, erklärt der Parlamenta­rische Staatssekr­e- tär im Ministeriu­m, Oliver Wittke (CDU). Das geht aus dem Protokoll des Bundestags aus der Sitzung am 17. Oktober hervor.„Studien des europäisch­en Verbandes der Übertragun­gsnetzbetr­eiber und im Auftrag des Bundesmini­steriums für Wirtschaft und Energie zeigen, dass es derzeit weiterhin deutliche Überkapazi­täten an den Strommärkt­en gibt“, sagte Oliver Wittke auf eine Frage des Grünen-Politikers Oliver Krischer.

Krischer fühlt sich bestätigt, den Braunkohle­ausstieg schnell zu wagen. Er fordert, für die Mitarbeite­r von RWE großzügige Lösungen zu finden: „Es sollte analog zur Steinkohle für die Beschäftig­ten in der Braunkohle eine Anpassungs­regelung geben, die früheren Ruhestand oder Qualifizie­rung ermöglicht.“

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FOTO: DPA Ein Mitarbeite­r von RWE Power steht in Garzweiler vor einem Schaufelra­dbagger.

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