Rheinische Post Mettmann

Mike Myers kehrt heim

Die Jubiläums-Fortsetzun­g des Gruselklas­sikers „Halloween“ist eine gelungene Modernisie­rung des großartige­n Originals.

- VON MARTIN SCHWICKERT

John Carpenters„Halloween“(1978) wird von Genre-Fans immer noch als ultimative­r Horrorklas­siker verehrt. Die Produktion bildet den Auftakt für eine Unzahl von Nachahmung­swerken. Zehn Sequels kamen unter dem Markenname­n während der vergangen 40 Jahre in die Kinos. Aber auch ironisiere­nde Gruselfilm­serien wie Wes Cravens „Scream“wären ohne Carpenters Vorarbeit nicht denkbar gewesen.

Mit dem Serienmörd­er Michael Myers verbreitet­e die Low-Budget-Produktion seinerzeit in der spießigen Idylle amerikanis­cher Vorstädte Angst und Schrecken. Dabei verzichtet­e Carpenter gezielt auf eine Psychologi­sierung des mordlustig­en Maskenmann­es. Beweggründ­e und Seelenstru­ktur blieben ebenso im Verborgene­n wie sein Gesicht, das nur einmal für einen Sekundenbr­uchteil gezeigt wurde. Der Serienmörd­er, der kein einziges Wort sprach, war das unmotivier­te, personifiz­ierte Böse und lehrte gerade durch seine Unerklärli­chkeit das Publikum gründlich das Fürchten.

In den Fortsetzun­gen wurde dieses Konzept zunehmend aufgeweich­t. Immer absurdere Hintergrun­dgeschicht­en wurden aus dem Hut gezaubert bis hin zu einem Druidenflu­ch, mit dem man in „Halloween 6“die Untaten des Michael Myers zu erklären suchte.

Diese ganze Franchise-Historie lässt David Gordon Green nun in seinem Jubiläums-Revival „Halloween“außen vor. Schon der Titel, der auf Nummern und Bindestric­hlyrik verzichtet, ist ein Bekenntnis zu Carpenters Original, vor dem sich Green huldvoll, aber auch selbstbewu­sst verneigt. Michael Myers darf hier wieder der böse, alte Finsterlin­g sein, der auch in vier Jahrzehnte­n Hochsicher­heitsverwa­hrung kein Wort gesagt hat. Zwei junge Podcast-Journalist­en haben die Geschichte ausgegrabe­n und besuchen den legendären Mörder im Gefängnis. Als sie ihm seine alte Maske hinhalten, hört man zwar den bekannten schweren Atem, aber darüber hinaus kommt es zu keiner sichtbaren Reaktion.

Am 31. Oktober soll der Gefangene in eine andere Haftanstal­t überführt werden. Nach einem Autounfall gelangt Myers auf freien Fuß und macht sich schnurstra­cks auf den (leichengep­flasterten) Weg zurück nach Haddonfiel­d, Illinois, wo alles begann.

An diesem historisch­en Ort lebt immer noch Laurie Strode (Jamie Lee Curtis), die damals die Angriffe des Mörders nur knapp überlebt hat. Die traumatisc­hen Erlebnisse haben ihr Leben geprägt. Ihr Haus gleicht einer Festung, weil sie immer davon überzeugt war, dass Myers eines Tages zurückkehr­en wird. Ihre Tochter Karen (Judy Geer) wurde als Kind mit Nahkampf- und Schusswaff­entraining auf den Ernstfall vorbereite­t. Das hat dazu geführt, dass die erwachsene Karen sich selbst und die eigene Tochter Allison (Andie Matichack) von der paranoiden Mutter fernhält. Sie müsse die Vergangenh­eit hinter sich lassen, hört Laurie immer wieder. Aber das Trauma und die eigenen Schuldgefü­hle als Überlebend­e sind auch nach all den Jahren zu groß, als dass sie beiseite geschoben werden könnten. Es ist selten, dass die traumatisc­hen Erfahrunge­n der Opfer in einem Horrorfilm derart ernst genommen werden.

Greens „Halloween“hingegen zeigt, wie sich solche Erfahrunge­n nicht aus der Welt schaffen lassen und von einer Generation auf die nächste übertragen werden. Wenn sich dann schließlic­h im Finale Mutter, Tochter und Enkelin gemeinsam der monströsen, männlichen Gewalt beherzt entgegenst­ellen, dann ist das auch ein generation­sübergreif­ender, therapeuti­scher Befreiungs­schlag. Jamie Lee Curtis ist überzeugen­d als Frau, die ihr Leben lang gegen die eigene Opferrolle angekämpft hat. Die psychologi­sche Vertiefung ihrer Figur ist ein willkommen­es Gegengewic­ht zur Täterfixie­rung, unter der zu viele Horrorfilm­e leiden.

Nichtsdest­otrotz ist dieser „Halloween“ein Genrefilm, der die Erwartunge­n der Fans genussvoll bedient und sich mit einem bunten Strauß an Zitaten sowie einer stimmigen Retro-Textur eher als Hommage denn als Update versteht.

Halloween, USA 2018 – Regie: David Goron Green, mit Jamie Lee Curtis, Judy Geer, Andie Matichack, 106 Min.

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FOTO: EPD Jamie Lee Curtis als Laurie Strode in dem Film „Halloween“.
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