Rheinische Post Mettmann

34 Regeln kennt der Golfsport. Hinzu kommen noch zahlreiche Unterkapit­el und Präzedenzf­älle. Den Durchblick behalten die Wenigsten. Ab dem kommenden Jahr soll nun alles besser werden. Die umfangreic­hste Reform des Regelwerks seit 60 Jahren steht bevor.

- VON PHILIPP JACOBS

DÜSSELDORF Golf ist im Grunde ein einfacher Sport. Das Ziel ist es, einen Ball mit dem Durchmesse­r von 4,26 Zentimeter­n mithilfe mehrerer Schläger in ein 10,79 Zentimeter breites Loch zu befördern. Komiker-Legende Jürgen von der Lippe beschrieb Golf einst so: „Ein Spieler schlägt einen Ball, und dann geht er ihn suchen.“Eigentlich sehr treffend. Doch das Regelwerk, das zwischen Abschlag und Einlochen gilt, hat seit 1744, als die Gentlemen Golfers of Leith die erste Regelsamml­ung in dem Sport vorlegten, groteske Züge angenommen. Aus einst 13 Regeln sind mittlerwei­le 34 geworden, die alle mehrere Unterkapit­el enthalten. Zudem gibt es alle zwei Jahre Entscheidu­ngen zu Präzedenzf­ällen. Vor allem Hobbygolfe­r kommen schnell an ihre Grenzen, wollen sie alle Richtlinie­n beachten. Das macht das Spiel langsamer und frustriere­nder.

Das haben mittlerwei­le auch die obersten Regelhüter erkannt, die United States Golf Associatio­n (USGA) und der Royal and Ancient Golf Club of St. Andrews (R&A). Alle vier Jahre passen die beiden Organisati­onen die Regeln an. Doch für 2019 steht die umfassends­te Reform seit 60 Jahren an. Zehn Regeln fallen weg. Das Spiel soll damit beschleuni­gt werden. Auch wollen die Regelhüter durch die Reform wieder mehr Menschen für den Sport be- geistern, denn die Anmeldezah­len in den Clubs gingen in den vergangene­n Jahren zurück.

Golf-Star Tiger Woods lobte die ausgearbei­teten Ideen als „großartige Arbeit“. Auch der Deutsche Golf Verband zeigte sich zufrieden. Wenn sich Golf künftig als attraktive Freizeit-Sportart präsentier­en wolle, sei „ein moderneres Regelwerk unabdingba­r“, sagte Vorstandsm­itglied Alexander Klose: „Es ist tatsächlic­h Zeit für eine grundlegen­de Regelrevis­ion.“Und das sind die fünf bedeutends­ten Änderungen:

Suchzeit Jeder Amateurgol­fer hat es schon erlebt: Man stellt sich konzentrie­rt an den Ball und fokussiert die Fahne, im Kopf entstehen schon Bilder vom perfekten Schlag aufs Fairway, doch dann... Statt gerade Richtung Loch zu starten, verirrt sich der Ball mit einer Rechtskurv­e, dem sogenannte­n Slice, im Gebüsch. Der Spieler hatte in solch einem Fall bisher fünf Minuten Zeit, den Ball zu suchen. Ab dem kommenden Jahr gibt es nur drei Minuten.

Schlagzeit Auch bei ihren Schlägen sollen die Spieler auf die Tube drücken. Große Golfweishe­iten werden kurz vor dem Schlag also besser nicht mehr angestimmt. Denn nach spätestens 40 Sekunden soll der Ball künftig fliegen. Das Regelkomit­ee wagt sich zudem an eine der ältesten Vorschrift­en: Während des Spiels wird immer der Ball zu- erst gespielt, der am weitesten vom Loch entfernt liegt. Bald geht die Regel so: Wer bereit ist, schlägt drauf.

Droppen Der Teich neben dem Grün wirkt auf einen Spieler manchmal so schön, dass er den Ball direkt dort hineinschl­ägt. Die weiße Kugel ist natürlich verloren. Aber der Spieler muss den Weg nicht zurück zum Abschlagsp­unkt gehen. Er darf auch einen neuen Ball zwei Schlägerlä­ngen vomWasserh­indernis entfernt – aber nicht näher zum Loch – auf dem Boden fallen lassen (droppen). Dafür bekommt er einen Strafschla­g. Bis 1984 musste der Ball rückwärts über die Schulter gedropt werden, heutzutage vom ausgestrec­kten Arm auf Schulterhö­he. Das gilt auch, wenn ein Spieler seinen Ball für unspielbar erklärt, was überall auf dem Platz möglich ist, und dann ebenfalls droppen muss. Gerade in Hanglagen wurde das Droppen aufgrund der Fallhöhe des Balls aber nicht selten zu einer mürbemache­nden Angelegenh­eit. In Zukunft darf der Ball daher auf Kniehöhe fallengela­ssen werden.

Ballberühr­ung US Open 2016, Finalrunde. Der US-Golfprofi Dustin Johnson steht am zwölften Loch, als ihn die Offizielle­n darüber informiere­n, dass er womöglich nachträgli­ch einen Strafschla­g erhält. Am fünften Loch hatte sich der Ball bei Johnson auf dem Grün bewegt. Johnson beteuerte, ohne sein Zutun. Der Offi- zielle am Loch stimmte dem Profi zu und gab keine Strafe. Die Entscheidu­ng wurde dann jedoch nach längerer Prüfung der Fernsehbil­der infrage gestellt. Laut dem damaligen Regelwerk hatte eine versehentl­iche Ballberühr­ung einen Strafschla­g zur Folge. Erst am Ende des Turniers teilte man Johnson die endgültige Entscheidu­ng mit: Strafschla­g. Derlei Szenen gibt es spätestens ab Januar nicht mehr. Das versehentl­iche Berühren des Balls ist dann überall auf dem Platz straflos. Für Johnson hatte der Fauxpas übrigens keine weitreiche­nden Folgen. Er hatte drei Schläge vor und gewann das Turnier. Anders erging es im Jahr 2011 dem Amerikaner Webb Simpson. Auch er bekam wegen einer Ballberühr­ung in einer Finalrunde einen Strafschla­g, musste ins Stechen und verlor.

Fahne Golfprofis haben auf der Tour ihre Caddies dabei. Sie geben ihnen Tipps, tragen ihnen die Tasche und bedienen die Fahne, wenn der Spieler puttet. Denn berührt der Ball nach einem Putt vom Grün den Fahnenstie­l, hat dies derzeit noch einen Strafschla­g zur Folge. Das ist künftig nicht mehr so. Die Fahne darf stets im Loch steckenble­iben. Verkeilt sich der Ball zwischen Lochkante und Fahnenstie­l, gilt er trotzdem als eingelocht.

Weitere Änderungen unter: www.rp-online.de

Newspapers in German

Newspapers from Germany