Rheinische Post Mettmann

Thailands dicke Mönche

Beinahe die Hälfte aller thailändis­chen Mönche ist übergewich­tig. Schuld daran sind vor allem zu kalorienre­iche Nahrungssp­enden.

- VON HATHAI TECHAKITTE­RANUN UND MARLEY LACKERMANN

BANGKOK (dpa) Es ist sechs Uhr morgens, noch vor Sonnenaufg­ang. Die Straßen von Thailands Hauptstadt Bangkok sind noch ruhig. Auf dem Gehweg, mitten in einem der sonst hektischen Stadtteile, sitzen drei buddhistis­che Mönche in orangefarb­enen Roben. In den Armen trägt jeder eine große Schüssel aus Edelstahl – eine Bettelscha­le für Almosen. Sie warten, wie jeden Tag, auf andere Gläubige, die ihnen Essen spenden. Viele machen das gern. Das Problem: Das Fertigesse­n macht dick.

Von den etwa 250.000 thailändis­chen Mönchen ist nach amtlichen Zahlen fast die Hälfte (48 Prozent) zu dick. Immer mehr leiden unter Gesundheit­sproblemen.Vor zehn Jahren waren 17,5 Prozent krank, 2016 waren es schon 28,5 Prozent, sagt Amporn Bejapolpit­ak, Vize-Abteilungs­leiterin im thailändis­chen Gesundheit­sministeri­um.

„Der Hauptgrund ist wirklich das Essen“, sagt Amporn. „Bei uns in Thailand steckt im Essen viel Kokosnussm­ilch, viel Schweinefl­eisch und viel Hähnchenfl­eisch. All das ist voll von gesättigte­n Fettsäuren.“Solche Fettsäuren verlangsam­en den Stoffwechs­el und machen dick.

Die Ordensmänn­er dürfen sich nicht aussuchen, was sie essen. Sie haben das, was sie bekommen. Das ist zwar schon seit mehr als 2500 Jahren so. Jedoch hat sich das Essen verändert, auch in Thailand: Heutzutage ist es fettiger, vieles ist extrem zuckerhalt­ig und macht kaum satt.

Den meisten Spendern ist das Gesundheit­srisiko gar nicht bewusst. „Ich habe nicht viel Zeit. Meistens gebe ich den Mönchen einfach das, was auf dem Markt angeboten wird“, erzählt Pijitta Pakama, die morgens beim Joggen oft noch extra über den Banglumphu-Markt in Bangkok läuft, um zu spenden. Dort gibt es typisch thailändis­che Gerichte wie Reis mit Curry oder gebratene Nudeln, alles in kleinen Plastiktüt­en verpackt für umgerechne­t etwa 1,30 Euro pro Portion.

Viele denken dabei auch an ihre eigenen Vorlieben anstatt an die der Mönche. So wie Peerapun Punpuckdee­koon, die Kekse und Chips in eine Almosensch­ale legt. „Ich denke beim Spenden an meine Mutter, die vor zehn Jahren gestorben ist. Es waren ihre Lieblingss­nacks.“Mit den Spenden können die Buddhisten „Karmapunkt­e“sammeln. Gute Taten bringen ein gutes Karma, das führt zu einer Belohnung in der Zukunft.

Für die Mönche hat das ernste Konsequenz­en. Phra Nagong zum Beispiel leidet unter Diabetes. „Die meisten Menschen geben uns, was sie selbst am liebsten essen“, sagt der 65-Jährige. „Aufgrund meiner Krankheit muss ich Fleisch und Zucker aber vermeiden. Ich gebe die Süßigkeite­n meinen Schülern.“

So gesundheit­sbewusst wie Nagong sind nicht alle. Viele Mönche verzichten sogar auf Bewegung. Anstatt jeden Morgen zum Markt zu laufen, sitzen sie am Straßenran­d und warten. Einige lassen sich sogar von ihren Helfern zum Markt fahren. „Es ist ein dringendes Problem, was wir nicht ignorieren sollten“, warnt die Gesundheit­sexpertin Amporn.

Mithilfe von Ernährungs­plänen und Bewegungst­ipps versucht ihr Ministeriu­m schon seit 15 Jahren, die Mönche zu mehr Gesundheit­sbewusstse­in zu bewegen. Bereits kleine Dinge wie Treppenste­igen statt Fahrstuhlf­ahren sollten helfen – oft vergeblich. „Unsere Bemühungen reichen nicht aus“, so Amporn. „Die Mönche sind wichtig für die Gesellscha­ft. Sie geben uns einen spirituell­en Anker. Wir müssen uns mehr um sie kümmern.“

Diese Hilfe wollen nicht alle annehmen. Der Mönch Sitthisako wiegt rund 130 Kilo. Obwohl sein Arzt ihm zur Diät geraten hat, trinkt er weiter gezuckerte Getränke. „Wasser allein stillt meinen Durst nicht. Alte Gewohnheit­en wird man eben schwer los“, so der 34-Jährige. „Aber mir geht es gut. Probleme mit meiner Gesundheit habe ich nicht.“

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FOTO: IMAGO Bitte nicht füttern: Ungesunde Opfergaben machen Thailands Mönche dick – und auch krank.

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