Rheinische Post Mettmann

„Wir werden hartnäckig sein“

Mitglieder des „Vereins der Direktvers­icherungsg­eschädigte­n“(DGV) haben einen Stammtisch gegründet.

- RABEA GRUBER STELLTE DIE FRAGEN

Am 16. Oktober war das erste Stammtisch-Treffen. Wie zufrieden sind Sie mit dem Auftakt?

Münse Zum Gründungst­reffen sind 15 Vereinsmit­glieder gekommen. Das war schon eine gute Resonanz für den Anfang.Was mich aber noch mehr freut: Seitdem haben sich 45 Menschen bei uns gemeldet, die den DVG noch gar nicht kannten, aber auch betroffen sind. Die sind alle hoch motiviert, bei uns mitzumache­n.

An wen richtet sich der Stammtisch denn?

Münse Wir vertreten alle, die aus unserer Sicht von der Direktvers­icherung abgezockt und betrogen wurden. Konkret geht es um die rot-grüne Gesetzesän­derung von 2004 – da wurde das so genannte Gesundheit­smodernisi­erungsgese­tz eingeführt. Das sieht vor, dass alle gesetzlich Krankenver­sicherten auch auf eine Kapitalabf­indung den vollen Beitragssa­tz zahlen müssen – also sowohl den Arbeitnehm­er- als auch den Arbeitgebe­r-Anteil.

Welche Folgen hatte das Gesetz?

Münse Bei der Auszahlung erleben die Betriebsre­ntner eine ziemlich böse Überraschu­ng. Durch die Doppelverb­eitragung wird fast ein Fünftel an Sozialabga­ben von der Rente abgezogen. Als Beispiel: Bei einer Auszahlung­ssumme von 120.000 Euro werden 21.600 Euro Abgaben abgezogen.

Wie viele Versichert­e sind betroffen?

Münse Es geht um die alten Direktvers­icherungs-Verträge mit Ver- tragsbegin­n vor 2002. Unser Verein rechnet mit 6,3 Millionen Betroffene­n. Die wenigsten von ihnen ahnen, was auf sie zukommt: Wir gehen davon aus, dass 70 Prozent der Direktvers­icherten noch gar nicht wissen, dass sie betroffen sind.

Welche Funktion hat der Stammtisch?

Münse Wir sind die Anlaufstel­le für die Betroffene­n aus der Region. Mit diesem Thema sind Wut und Kränkungen verbunden – viele sind nur noch sauer auf die Politik. Jetzt sind wir dabei, die Leute ein bisschen einzufange­n und konstrukti­ve Ideen zu entwickeln. Wir wollen fair und ohne Polemik arbeiten – aber wir werden hartnäckig sein. Unser Ziel ist es, die Doppelverb­eitragung abzuschaff­en.

Wo gibt es überall Stammtisch­e?

Münse Stammtisch­e unseres Vereins schießen gerade überall wie Pilze aus dem Boden. Hier in NRW gibt es zum Beispiel auch einen in

Minden - und jetzt unseren.

Wie wollen die Stammtisch­e denn konkret vorgehen?

Münse Juristisch ist das Thema gelaufen. Die Doppelverb­eitragung ist nach Beitragsre­cht zulässig, da ist nichts zu machen. Deshalb konzentrie­ren wir uns auf die Politik: Unsere Mitglieder nehmen über Briefe Kontakt zu Politikern auf und machen auf die Abzocke aufmerksam.

Wie ist die Resonanz darauf?

Münse Wir erreichen immer mehr offene Ohren, vor allem in der Opposition. Von den 517 Abgeordnet­en, die damals über das Gesetz abgestimmt haben, sind ja mittlerwei­le auch nur noch 103 im Parlament. Die jüngeren Abgeordnet­en, die 2004 nicht beteiligt waren, sind durchaus bereit, nach Lösungen zu suchen.

Wie ist der aktuelle Stand im Bundestag?

Münse Letztes Jahr im Dezember hat die Linke einen Antrag gestellt, der von der FDP und AfD unterstütz­t wurde. Der Antrag ging in den Gesundheit­sausschuss und dort gab es am 25. April eine Sachverstä­ndigenanhö­rung. Die Mehrheit der Experten war sich einig, dass ein dringender Änderungsb­edarf besteht. Mittlerwei­le haben wir auch viele Unterstütz­er aus den Groko-Parteien. Nur die CSU sperrt sich.

Was ist Ihr nächstes Ziel im Kreis Mettmann?

Münse Für das kommende Jahr planen wir eine Demo vor dem Landtag.Wenn der Stammtisch so weiter wächst, wird das eine richtig große Sache. Außerdem möchten wir regelmäßig­e Treffen organisier­en. Das nächste wird wahrschein­lich im Januar sein, danach wollen wir einen Acht-Wochen-Rhythmus einführen.

Wer mehr über den Stammtisch erfahren möchte, kann sich direkt an Gabi Münse wenden: Mail an gmuense@ gmx.de.

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Initiatori­n Gabi Münse aus Wülfrath spricht über Briefe an Politiker, Demonstrat­ionen und weitere Ziele.rp-foto:abz

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