Über den Parteivorsitz wird in NRW entschieden
Der Landesverband Nordrhein-Westfalen ist schon heute so mächtig wie nie in Berlin. Das macht die Kandidaturen von Rhein und Ruhr komplizierter.
BERLIN/DÜSSELDORF Die Kandidatur von Friedrich Merz für den CDU-Vorsitz hat die Positionierung des Landesverbands NRW noch einmal komplizierter gemacht. Nordrhein-Westfalen stellt bei einem Parteitag etwa ein Drittel der Delegierten. Damit ist NRW der entscheidende Faktor für eine Kampfabstimmung um den Parteivorsitz.
Dass Ministerpräsident Armin Laschet nun die Moderatorenrolle übernehmen will, halten viele in der Partei für klug. Damit sei es ihm möglich, in Ruhe zu sondieren, welche Chancen er selbst hat, wenn er sich doch noch zu einer Kandidatur entschließen sollte. Zugleich könne er damit einer Spaltung der Partei entgegenwirken. Denn die drei Kandidaten Annegret Kramp-Karrenbauer, Jens Spahn und Friedrich Merz stehen für zum Teil entgegengesetzte Positionen innerhalb der CDU. Auch kann Laschet in den nächsten Tagen in dieser Rolle dafür sorgen, dass hinter den Personen die Inhalte nicht vollends ins Hintertreffen geraten. Bisher lässt er sich eine Kandidatur offen. Erst nach der Vorstandsklausur, am 6. November, will er Farbe bekennen.
Dabei steckt Laschet allerdings in einer Zwickmühle. Falls er sich noch zu einer Kandidatur durchrin
gen sollte, steht er in direkter Konkurrenz zu Kramp-Karrenbauer. Beide gelten als merkeltreu und vertreten ähnliche Positionen in der Flüchtlings- und Europapolitik. Sollten sie beide antreten, würde das Mitte-links-Lager der CDU gespalten und damit geschwächt – so wie die Kandidatur von Merz und Spahn bereits die Konservativen und denWirtschaftsflügel auseinandertreibt.
Laschet hat noch ein weiteres Problem. Der NRW-Landesverband ist bereits stark wie nie in Berlin vertreten: Zwei Bundesminister und der Fraktionschef kommen von Rhein und Ruhr. Zudem sind gleich mehrere Vorsitzenden der mächtigen Parteivereinigungen Nordrhein-Westfalen: der Chef der Jungen Union, Paul Ziemiak, der Chef der Senioren-Union, OttoWulff, und der Vorsitzende des Arbeitnehmerflügels, CDA-Chef Karl-Josef Laumann. Eine Partei, die den Anspruch hat, Volkspartei zu sein, muss aber auf Regionalproporz achten.
Mit den mächtigen Chefs der Parteivereinigungen hat Laschet eine Vielfalt in seinem Landesverband versammelt, die schwer auf eine Linie zu bringen ist. Wenn der Minis- terpräsident selbst antreten sollte, würde sich wohl die Mehrheit der Delegierten aus Nordrhein-Westfalen hinter ihm versammeln. Es gäbe aber in jedem Fall auch ein Spahnund ein Merz-Lager.
Für Laschet, der durch sein Amt sozusagen automatisch möglicher CDU-Chef ist, kommt die Entscheidung zu früh. Er ist erst seit einem guten Jahr Regierungschef in Düsseldorf und hat noch keine großen Erfolge wie beispielsweise einen Kohlekompromiss vorzuweisen. Dafür hat die Regierung aber schon einige Krisen hinnehmen müssen.