Für vier Cent mehr ein gesundes Essen
Seit Jahren gibt es Standards zum Schulessen. Ernährungsministerin Julia Klöckner will keinen Zwang.
BERLIN (RP/dpa) Kinder und Jugendliche könnten ohne große Mehrkosten ein gesünderes Mittagessen an Schulen bekommen. Lebensmittel gemäß den Standards der (DGE) kosteten vergleichbar viel wie bei konventionellen Anbietern, heißt es in der am Dienstag vorgestellten DGE-Studie zu Kosten in der Schulverpflegung.
Eine Schulmahlzeit gemäß den Vorgaben sei nur vier Cent teurer, sagte Ernährungsministerin Julia Klöckner (CDU). Gesündere Angebote seien also machbar, wenn man nur wolle. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) appellierte, Kindern frühzeitig einen „fröhlichen Umgang mit gesunden Lebensmitteln“beizubringen.
Die seit Jahren bestehenden DGE-Standards besagen etwa, dass täglich Gemüse auf den Teller kommen sollte, Fleisch hingegen nur maximal zweimal pro Woche. An den Schulen sind die Standards aber längst nicht in der Breite umgesetzt. Nach Kenntnis der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch haben bislang nur Berlin und das Saarland sie zu Pflicht-Kriterien bei Neuausschreibungen gemacht.
Klöckner betont, die Empfehlungen seien ein „Angebot“. Vage formuliert sie: „Die DGE-Standards sollten und müssten Kriterium werden für die Ausschreibungen [...].“Die von Klöckners Ministerium finanzierte Studie soll bei der Überzeugungsarbeit helfen. 20 Prozent Bioanteil etwa führe nur zu Preissteigerungen im „einstelligen Cent-Bereich“pro Mahlzeit, heißt es darin. Die Studienautoren schreiben, es sei besonders wichtig, die Akzeptanz des Mittagsangebots zu steigern – je mehr Essen verkauft werden, desto günstiger werde es. Nach Ministeriumsangaben haben täglich mehr als drei Millionen Schüler an Ganztagsschulen Anspruch auf ein Mittagessen, aktuelle Daten zur Nutzung gibt es aber nicht. Vor allem an Grundschulen ist die Quote vergleichsweise hoch. An weiterführenden Schulen nehmen aber deutlich weniger Schüler das Angebot wahr.
Ein Essen kostet Eltern laut der Studie im Schnitt 3,50 Euro. Kommunen machen diesen Preis durch Subventionen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro möglich. Die Studie zeige zusätzlich Einsparmöglichkeiten, so dass etwa Mehrausgaben für Rohmaterial durch weniger Energiekosten aufgefangen werden könnten.
Inwiefern das im Einzelfall umsetzbar ist, kann wohl nur die Zukunft zeigen. Für die Studie führten Experten Modellrechnungen durch und befragten mehr als 120 Essensanbieter. Der von Klöckner genannte Vier-Cent-Unterschied ergibt sich, wenn vor Ort gekocht und im Schnitt 200 Essen ausgegeben werden. Viele Schulen lassen jedoch vom Caterer liefern oder beziehen Tiefkühlkost, um dem gestiegenen Bedarf nach Mittagsverpflegung gerecht zu werden. Es ist fraglich, wie günstig eine Gesundheitswende in solchen Fällen ausfällt.
Jens Spahn warnte vor Krankheiten, die mit Übergewicht und Fettleibigkeit einhergehen können. Wenn schon Jugendliche Altersdiabetes hätten, hänge das definitiv mit mangelnder Bewegung und der Ernährung zusammen. Rund 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen gelten als übergewichtig oder fettleibig. Eine weitere Zunahme müsse kein Automatismus sein, so Spahn. Er kündigte an, sich für mehr Präventionsangebote der Krankenkassen in Schulen und Kindergärten einzusetzen.
Ein Schulfach „Ernährung“, wie von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) gefordert, halten die Minister für nicht nötig — vielmehr müsse Wissen über Ernährung und Lebensmittel in den Schulalltag integriert werden. Damit bekräftigen sie die Empfehlung der Kultusminister von 2013. Diese hatten für alle Länder Vorgaben zur schulischen Verbraucherbildung gemacht, darunter auch der Schwerpunkt „Ernährung und Gesundheit“.