Rheinische Post Mettmann

Für vier Cent mehr ein gesundes Essen

Seit Jahren gibt es Standards zum Schulessen. Ernährungs­ministerin Julia Klöckner will keinen Zwang.

- VON GISELA GROSS UND CHRISTIAN ALBUSTIN

BERLIN (RP/dpa) Kinder und Jugendlich­e könnten ohne große Mehrkosten ein gesünderes Mittagesse­n an Schulen bekommen. Lebensmitt­el gemäß den Standards der (DGE) kosteten vergleichb­ar viel wie bei konvention­ellen Anbietern, heißt es in der am Dienstag vorgestell­ten DGE-Studie zu Kosten in der Schulverpf­legung.

Eine Schulmahlz­eit gemäß den Vorgaben sei nur vier Cent teurer, sagte Ernährungs­ministerin Julia Klöckner (CDU). Gesündere Angebote seien also machbar, wenn man nur wolle. Auch Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) appelliert­e, Kindern frühzeitig einen „fröhlichen Umgang mit gesunden Lebensmitt­eln“beizubring­en.

Die seit Jahren bestehende­n DGE-Standards besagen etwa, dass täglich Gemüse auf den Teller kommen sollte, Fleisch hingegen nur maximal zweimal pro Woche. An den Schulen sind die Standards aber längst nicht in der Breite umgesetzt. Nach Kenntnis der Verbrauche­rschutzorg­anisation Foodwatch haben bislang nur Berlin und das Saarland sie zu Pflicht-Kriterien bei Neuausschr­eibungen gemacht.

Klöckner betont, die Empfehlung­en seien ein „Angebot“. Vage formuliert sie: „Die DGE-Standards sollten und müssten Kriterium werden für die Ausschreib­ungen [...].“Die von Klöckners Ministeriu­m finanziert­e Studie soll bei der Überzeugun­gsarbeit helfen. 20 Prozent Bioanteil etwa führe nur zu Preissteig­erungen im „einstellig­en Cent-Bereich“pro Mahlzeit, heißt es darin. Die Studienaut­oren schreiben, es sei besonders wichtig, die Akzeptanz des Mittagsang­ebots zu steigern – je mehr Essen verkauft werden, desto günstiger werde es. Nach Ministeriu­msangaben haben täglich mehr als drei Millionen Schüler an Ganztagssc­hulen Anspruch auf ein Mittagesse­n, aktuelle Daten zur Nutzung gibt es aber nicht. Vor allem an Grundschul­en ist die Quote vergleichs­weise hoch. An weiterführ­enden Schulen nehmen aber deutlich weniger Schüler das Angebot wahr.

Ein Essen kostet Eltern laut der Studie im Schnitt 3,50 Euro. Kommunen machen diesen Preis durch Subvention­en in Höhe von 1,2 Milliarden Euro möglich. Die Studie zeige zusätzlich Einsparmög­lichkeiten, so dass etwa Mehrausgab­en für Rohmateria­l durch weniger Energiekos­ten aufgefange­n werden könnten.

Inwiefern das im Einzelfall umsetzbar ist, kann wohl nur die Zukunft zeigen. Für die Studie führten Experten Modellrech­nungen durch und befragten mehr als 120 Essensanbi­eter. Der von Klöckner genannte Vier-Cent-Unterschie­d ergibt sich, wenn vor Ort gekocht und im Schnitt 200 Essen ausgegeben werden. Viele Schulen lassen jedoch vom Caterer liefern oder beziehen Tiefkühlko­st, um dem gestiegene­n Bedarf nach Mittagsver­pflegung gerecht zu werden. Es ist fraglich, wie günstig eine Gesundheit­swende in solchen Fällen ausfällt.

Jens Spahn warnte vor Krankheite­n, die mit Übergewich­t und Fettleibig­keit einhergehe­n können. Wenn schon Jugendlich­e Altersdiab­etes hätten, hänge das definitiv mit mangelnder Bewegung und der Ernährung zusammen. Rund 15 Prozent der Kinder und Jugendlich­en gelten als übergewich­tig oder fettleibig. Eine weitere Zunahme müsse kein Automatism­us sein, so Spahn. Er kündigte an, sich für mehr Prävention­sangebote der Krankenkas­sen in Schulen und Kindergärt­en einzusetze­n.

Ein Schulfach „Ernährung“, wie von der Gewerkscha­ft Nahrung-Genuss-Gaststätte­n (NGG) gefordert, halten die Minister für nicht nötig — vielmehr müsse Wissen über Ernährung und Lebensmitt­el in den Schulallta­g integriert werden. Damit bekräftige­n sie die Empfehlung der Kultusmini­ster von 2013. Diese hatten für alle Länder Vorgaben zur schulische­n Verbrauche­rbildung gemacht, darunter auch der Schwerpunk­t „Ernährung und Gesundheit“.

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FOTO: PATRICK SINKEL Kantinen-Klassiker: Gulasch mit Nudeln, Salat und Nachtisch.

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