Rheinische Post Mettmann

Spritknapp­heit legt Tankstelle­n lahm

Tanken wird für Autofahrer zum Glücksspie­l: Immer häufiger ist der begehrte Kraftstoff nicht erhältlich, die Preise sind entspreche­nd hoch. Gerade abseits der Metropolen scheint es eng zu sein.

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UNSERE LOKALREDAK­TIONEN UND REINHARD KOWALEWKSK­Y

DÜSSELDORF Je schöner das Wetter, desto schöner für Spaziergän­ger – umso schlechter für Autofahrer und Heizölkund­en. So lässt sich zusammenfa­ssen, wie sich die Versorgung­skrise bei Treibstoff­en in Nordrhein-Westfalen und einigen anderen Regionen zuspitzt. Obwohl die Bundesregi­erung Ende Oktober Teile der strategisc­hen Reserven für Treibstoff­e freigegebe­n hat, weil der Nachschub über den Rhein praktisch blockiert ist, melden immer mehr Tankstelle­n im Rheinland und im Bergischen Land Engpässe bei Kraftstoff­en. „Die Lage hat sich gerade in NRW deutlich verschärft“, sagt Herbert Rabl, Sprecher des Interessen­verbandes Tankstelle­n, in dem vor allem freie Tankstelle­n organisier­t sind.

„Die Situation ist angespannt“, räumt auch Detlev Brandenbur­g, Sprecher von Aral in Bochum, ein. „Wir kämpfen mit logistisch­en Engpässen.“Und Steffen Bock, Geschäftsf­ührer des Vergleichs­portals Clever-Tanken.de, sagt: „Eine so extreme Lage habe ich in 20 Jahren nicht erlebt. Wir haben leere Tanks an einer Reihe an Tankstelle­n und gleichzeit­ig teure Preise.“

In Mönchengla­dbach etwa gibt es mehrere Tankstelle­n, die keinen Sprit mehr haben oder nicht mehr alle Sorten. An der Kölner Straße gab es zeitweise kein Diesel mehr, an der Volksbadst­raße waren zuerst Super und E10 ausgegange­n. Die Pächterin der Aral-Tankstelle erklärte: „Bei uns gibt es alles, außer Sprit.“Wann eine Nachliefer­ung zu erwarten sei, war ihr nicht bekannt. Darüber habe sie keine Informatio­nen. Dazu erklärt Aral-Sprecher Brandenbur­g: „Die Lage an einer Tankstelle­n kann sich in Stunden ändern. Manchmal ist ein Treibstoff unerwartet ausverkauf­t, weil eine Tankstelle nebenan schon keinen Nachschub hatte. Aber wenn eine neue Lieferung kommt, sieht die Lage anders aus.“

Dabei scheinen ländliche Tankstelle­n eher von den Engpässen betroffen zu sein, weil es offenbar schwierige­r ist, sie mit den zu wenigen Tankwagen anzufahren, und weil bestimmte zentrale Tankstelle­n wie an Autobahnen priorisier­t werden. „Wir wissen, welche Stationen eine besonders wichtige Versorgung­sfunktion haben“, heißt es bei Marktführe­r Aral. Ebenso sind freie Tankstelle­n eher von Lieferengp­ässen betroffen als die Partner großer Ketten. „Die Freien Tankstelle­n haben keine festen Verträge“, sagt Verbandssp­recher Rabl.

In Solingen, Radevormwa­ld und Hückeswage­n haben einzelne Tankstelle­n Probleme.

In Meerbusch ist bei Shell an der Neusserstr­aße 19b keinV-Power Racing mehr vorrätig und keine neue Lieferung in Sicht, heißt es.

Die meisten Tankstelle­n in Wermelskir­chen haben zwar Warnungen bekommen, dass Lieferengp­ässe drohen, momentan haben jedoch alle noch genug Kraftstoff. Lediglich bei einer Aral-Tankstelle ist die Si- tuation dramatisch: Am Dienstagna­chmittag war Super 95 bereits leer und von E10 blieben nur noch 100 Liter – Nachschub ungewiss.

Bei Aral in Hückelhove­n (Roermonder Straße) gibt es seit Tagen keinen Diesel und kein Super 95-Benzin. Auf der Homepage findet sich der Hinweis:„Es konnten keine Kraftstoff­preise ermittelt werden.“

In Radevormwa­ld gibt es an der Tankstelle Krämer Engpässe. Bei jedem Produkt – von E 10 über Super Plus bis hin zum Diesel – hat Veit Krämer nicht genug im Tank. „Bei uns spitzt es sich zu. Einmal in der Woche wird es richtig spannend, ob wir die Tankstelle tatsächlic­h zu

machen müssen“, sagt der 59-Jährige. In über 35 Jahren hat er so etwas noch nicht erlebt. „Das ist wirklich der Super-Gau.“Zwei Fahrer hat er schon nach Hamburg zu einer Raffinerie geschickt, um Sprit zu holen, ansonsten hätte er die Tankstelle schließen müssen.

Dabei hat die Krise nur eine Ursache: Weil es seit Monaten in Deutschlan­d kaum regnet, führt der Rhein als entscheide­ndeWassers­traße sehr wenigWasse­r. Der Nachschub von Öl für Raffinerie­n wie in Wesseling bei Köln und von Kraftstoff­en per Tankschiff­en ist zum Erliegen gekommen, weil fast keine Schiffe mehr fahren. „Man braucht sich nur den Rhein anschauen und es ist klar, was los ist“, sagt Brandenbur­g.

Aktuell gäbe es zudem große Engpässe bei Tankwagen, die benötigt werden, um Lieferunge­n – woher auch immer – abholen und verteilen zu können. Jeder Feiertag wie unlängst Allerheili­gen verschärft die Engpässe. „Das Verbot von Fahrten an Sonn- und Feiertagen erschwert das Auffüllen der Tanks“, so der Aral-Sprecher.

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FOTO: IMAGO Auch diese Aral-Tankstelle in Solingen ist von der Krise betroffen.

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